Pontevedra. Udo van Stevendaal sichert sich in Spanien noch zweimal Gold. Es war die erfolgreichste Saison für den Weltklasse-Sportler.

Als auch der letzte Triathlon einer außergewöhnlichen Saison beendet und gewonnen war, musste Udo van Stevendaal erstmal ein bisschen weinen. „Das war alles ganz schön viel“, erzählt Stormarns Sportler des Jahres, der sich einmal mehr selbst übertroffen hat. „Sieben Titel, was für ein Jahr!“

Tatsächlich war diese Saison sogar für den erfolgsverwöhnten Seriensieger aus Ahrensburg eine besondere. An zwei Deutschen Meisterschaften seiner Altersklasse und fünf Weltmeisterschaften nahm van Stevendaal teil, alle Rennen gewann er. Zum krönenden Abschluss hetzte der 55-Jährige im Wasser, auf dem Rad und auf der Laufstrecke zu Gold im Super-Sprint und zwei Tage später auch auf der Standard-Distanz. Kurzum: Aktuell gibt es weltweit keinen Triathleten der Altersklasse M55, der dem Sportler vom SV Großhansdorf das Wasser reichen kann.

Ahrensburger holt seine WM-Titel Nummer neun und zehn

Anders als im Vorjahr, als bei der WM im schwer erreichbaren Abu Dhabi einige Spitzensportler fehlten, musste sich van Stevendaal diesmal im spanischen Pontevedra der versammelten Triathlon-Elite stellen. Die Wettkämpfe begannen für ihn mit dem extrem kurzen Format, dem Super-Sprint, der nach lediglich 300 Meter Schwimmen, 6,4 Kilometer Radfahren und 1,6 Kilometer Laufen schon wieder beendet ist – oder in Stevendaals Fall nach 24 Minuten und 47 Sekunden.

Zeit zum Nachdenken oder Taktieren sei beim Super-Sprint keine, schildert van Stevendaal den Wettkampf. Weil Athleten aus unterschiedlichen Altersklassen gleichzeitig auf der Strecke unterwegs waren, wusste er im Ziel zunächst nicht, was seine Zeit wert war. Erst beim Blick auf das Handy eines anderen Athleten sah er sich auf Platz eins stehen, 32 Sekunden vor Lokalmatador Gonzalo Martin Santana und 52 Sekunden vor dem Polen Grzegorz Zgliczynski. Und so folgte direkt der nächste Sprint: Innerhalb einer Stunde mussten die Medaillengewinner die Räder auschecken, in der eigenen Unterkunft duschen und zur Siegerehrung am anderen Ende der Stadt eilen.

Fast 100 Sportler gingen in der Altersklasse M55 an den Start

Die Regenerationsphase dauerte exakt einen Tag, ehe am Morgen darauf der Höhepunkt anstand und van Stevendaals letzter Wettkampf der Saison: 1,5 Kilometer Schwimmen, 39,5 Kilometer Radfahren, zehn Kilometer Laufen. Fast 100 Sportler gingen allein in der Altersklasse M55 an den Start.

Das Schwimmen, grundsätzlich die Zitterdisziplin des Stormarners, verlief ordentlich. Mit rund zweieinhalb Minuten Rückstand auf die Spitze stieg van Stevendaal als Elfter aus dem Wasser. Noch besser lief es auf dem anspruchsvollen Radparcours, der einen neun Kilometer langen Anstieg mit Steigungswerten von bis zu zehn Prozent beinhaltete. Etwas Zeit ging nur bei den zahlreichen Überholvorgängen auf der vollen Strecke verloren. Van Stevendaal erreichte den ersten Wendepunkt als Sechster und holte mit Spitzengeschwindigkeiten von 80 km/h auf der Abfahrt weiter auf. Noch vor dem Wechsel auf die Laufstrecke übernahm er die Führung – und gab sie nie mehr her. In den engen Gassen der Innenstadt und am Fluss entlang baute van Stevendaal seinen Vorsprung auf die Verfolger beständig aus. Nach 2:07,11 Stunden lief er mal wieder als Weltmeister ins Ziel. Auf dem Siegertreppchen stand später mit Tobias Oelmaier aus Köln (Bronze, 2:12,33 Stunden) ein weiterer Deutscher. Silber ging an den Franzosen Christophe Jouffret (2:10,18).

Oldesloerin Anke Lakies holt Silbermedaille im Aquabike

Fast schon ist Siegen zur Gewohnheit geworden, die Art des Feierns gewissermaßen auch: Wie schon häufiger in der Vergangenheit reiste und wohnte van Stevendaal gemeinsam mit dem Ehepaar Lakies. Und auch Anke Lakies freute sich über Edelmetall: Im Aquabike (1,5 Kilometer Schwimmen, 39,5 Kilometer Radfahren) gewann die Sportlerin vom VfL Oldesloe mit einer Zeit von 1:45,30 Stunden Silber. Fast hätte es sogar zu Gold gereicht: Die Österreicherin Sabine Greipel konnte von ihrem mehr als fünfminütigen Vorsprung nach dem Schwimmen gerade mal 39 Sekunden vor Lakies ins Ziel retten. Dritte wurde Lynda Coggins aus Großbritannien.

„Die Gemeinschaft mit den beiden gibt mir sehr viel“, betonte van Stevendaal mit einem Extra-Dank an Lothar Lakies: „Dass er sich um so viele organisatorische Dinge kümmert, nimmt viel Stress weg.“

Exakt zehn Jahre nach seinem ersten WM-Titel in London ist Udo van Stevendaal zum zehnten Mal Weltmeister geworden. Jetzt ist Pause, die volle Konzentration des Professors liegt wieder auf der Arbeit an der Universität. Erst zwischen Weihnachten und Silvester beginnt die Planung für die neue Triathlon-Saison.

Was treibt einen noch an, der schon alles mehrfach gewonnen hat? „Ich genieße die Rennen. Mir macht es Spaß, an meine Grenzen zu gehen, mir im Wettkampf selbst wehzutun“, erzählt er. Die Tränen von Pontevedra kullerten aber nicht aus Schmerz sondern vielmehr aus Dankbarkeit: „Wenn man bedenkt, dass ich im vorigen Jahr meine Knie-OP hatte, ist es einfach nur ein Segen, in meinem Alter gesund und fit zu sein.“