Reinbek. Bücherei-Leiter Mark Yeesune-Hlong meldet Raumbedarf an. Bibliotheken entwickeln sich immer mehr zu einem Treffpunkt.
Am liebsten würde Reinbeks Bibliotheksleiter Mark Yeesune-Hlong Rollen unter die Bücherregale schrauben. „Wir haben einfach Platzmangel. Und es gibt wenig Spielraum“, stellt er fest. Die Zahl der Bücher reduzieren? „Wir haben uns schon von 80.000 auf 35.000 Medien verkleinert. Und es gibt Vorgaben des Büchereivereins Schleswig-Holstein“, sagt der Bibliotheksleiter.
Der Verein, der landesweit 130 Mitglieder fördert, setzt für seine Mitglieder nicht nur Standards für den Medienetat und Personal, sondern auch für Gestaltung und Größe der Räumlichkeiten. In Reinbek wären aufgrund der Einwohnerzahl 1200 Quadratmeter nötig, wie Yeesune-Hlong erklärt. „Jetzt haben wir 800 Quadratmeter“, so der Leiter. Dies wird aus Bestandsschutzgründen geduldet.
In Skandinavien sind Bibliotheken Orte der Begegnung
Die Stadt mietet die Fläche gegenüber des Rathauses seit 1995. Zuvor war die Bibliothek im Keller des Verwaltungssitzes beheimatet. Der Mietvertrag ist bis 2025 befristet. Wenn die Stadt kündigen wollen würde, müsste sie dies bereits 2023 tun. Entscheidet sich die Stadt, nach einer neuen Immobilie Ausschau zu halten oder gar neu zu bauen, müsste sie sich an Richtlinien des Büchereivereins orientieren.
„Tendenziell sitzen wir hier gut. Mitten in der Stadt, und mit den Räumlichkeiten kann man leben“, sagt Mark Yeesune-Hlong. „Aber 1200 Quadratmeter wären schon ein Wunsch.“ Nicht ganz ohne Neid blickt er auf die Bibliotheken skandinavischer Länder. „Dort gelten sie als „Dritter Ort“, also als ein Ort der Begegnung.“ Auch dem Büchereiverein gehe es schon lange nicht mehr bloß darum, wie viele Bücher über die Theke gehen.
Mehr Besucher, weniger Ausleihen
„Der Trend geht dazu, dass mehr Besucher da sind, aber weniger ausgeliehen wird“, so Yeesune-Hlong. Förderungen erhält die Bibliothek auch für das Anbieten von Veranstaltungen oder zahlreiche Besucher. Diese werden am Eingang per Sensor gezählt. Zu Spitzenzeiten kommen 300 bis 400 Menschen über den Tag verteilt. Die Bibliothek zählt insgesamt etwa 2700 Nutzer. Im vergangenen Jahr wurden 230.000 Medien ausgeliehen.
Vor Corona war die Bibliothek ein Treffpunkt. Senioren lesen Zeitung, Kinder kommen für das Theater, Teenies, um gemeinsam Hausaufgaben zu machen. Es treffen sich Gruppen und Mütter in Sitzecken. „Wir haben einen Kaffee-Automaten. Vor fünf Jahren wäre das undenkbar gewesen“, so Yeesune-Hlong. Er fände es schön, wenn noch mehr Raum da wäre, um Menschen zusammenzubringen. „Oder um neue Angebote zu bieten, etwa E-Gaming, Manga-Zeichnen oder eine Strickgruppe“, so Yeesune-Hlong. Ein informeller Ort, keiner muss sich anmelden, Räume reservieren oder gar Miete zahlen. Sowas gebe es in der Stadtmitte nicht.
Moderne Bibliotheken haben schallschluckende Wände
Toll wären abgetrennte Bereiche. „Wenn beispielsweise viele Kinder zum Erzähltheater zusammenkommen, ist es zwangsläufig laut“, sagt er. „Moderne Bibliotheksgebäude haben schallschluckende Wände und Decken. Ich habe mir eine in Köln angesehen. Sie war brechend voll, aber leise.“ Eine Renovierung samt Trennwänden wäre auch eine Idee. Bücherregale auf Rollen würden Platzprobleme lösen, aber nichts am Lautstärkepegel ändern.
Auch die Räume der Volkshochschule (VHS) an der Klosterbergenstraße seien nicht geeignet für den Bedarf, das hat der Leiter Simon Bauer bereits mehrfach erklärt. „In Norderstedt wurden VHS und Bibliothek zusammengelegt. Das macht großen Sinn und wäre auch für Reinbek ein Thema“, sagt Yeesune-Hlong. Schon heute arbeiten die städtischen Einrichtungen eng zusammen, bieten eine gemeinsame Vortragsreihe an. Räume der VHS könnte die Bibliothek mitnutzen und unter Lesern für Kurse werben.
Auch in der Sachsenwaldschule droht Raumnot
Bekannt ist auch, dass in der Sachsenwaldschule Raumnot droht. Das Gymnasium wünscht sich einen Anbau. Planungskosten sind im Haushalt eingestellt. Und auch im Rathaus wird es eng. Die Fraktion Forum 21 hat deshalb einen Antrag für den Hauptausschuss (18. Mai) vorbereitet.
Die Verwaltung soll prüfen, ob sich Synergien ergeben, wenn die Mängel verschiedener städtischer Einrichtungen in gemeinsamen Projekten angegangen werden. Der Vorsitzende des Ausschusses Bernd Uwe Rasch (FDP) erklärt, seine Fraktion werde voraussichtlich mit Ja stimmen. „Ich sehe es als laufende Aufgabe der Verwaltung an, Synergieeffekte und Kosten-Nutzen-Verhältnisse zu prüfen“, so Rasch.