Reinbek. 24 Millionen Euro Gewerbesteuern erwartet die Stadt und steht gut da. Doch nicht nur die steigenden Energiepreise breiten Sorgen.
Täglich wartet Kämmerin Isabella Randau auf Post aus dem Kieler Finanzministerium. Darin stehen die Reinbeker Zahlen der Steuerschätzung aus dem Mai. Dann wisse sie genau, wie es aktuell um Reinbeks Finanzen und die Wirtschaftslage bestellt ist. Schlimmes erwartet sie aber nicht: „Die Tendenz sieht für dieses Jahr noch gut aus“, sagt Randau.
Das Bundesfinanzministerium hat bereits vor einer Woche eine erste Prognose veröffentlicht. Danach entwickeln sich die Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen viel besser als noch in der November-Schätzung erwartet. Mit Mehreinnahmen von 44 Milliarden Euro rechnet der Bundesfinanzminister.
Reinbeks Steuereinnahmen gegenüber Vorjahr stark gestiegen
Reinbeks Wirtschaft leistet dazu ihren Beitrag. Um 31 Prozent konnten die ortsansässigen Unternehmen ihre Erträge im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum steigern. Ganz überraschend ist das sehr positive Ergebnis nicht, im Frühjahr 2021 befand sich Deutschland gerade im zweiten harten Lockdown.
Dennoch zeigt sich Reinbeks Wirtschaft robust, soll sie laut Schätzung 24 Millionen Euro – 2,5 Millionen mehr als 2021 – an Gewerbesteuern in die Stadtkasse spülen. „Der große Branchenmix – von produzierendem Gewerbe über Pharmaunternehmen bis zu Logistikern und Handel und Gewerbe – ist ein großer Vorteil“, weiß Randau.
Großteil der Gewerbesteuern von wenigen Unternehmen aufgebracht
584 Unternehmen, Tendenz steigend, sind aktuell in Reinbek ansässig. Der Großteil der Gewerbesteuern – 83 Prozent – wird nur von einem sehr geringen Teil der Reinbeker Unternehmen erwirtschaftet. Gerade mal 27 Firmen bringen allein rund 20 Millionen auf. Darunter sind drei mit mehr als einer Million Euro auf dem Steuerbescheid.
Wie lange und ob der positive Trend anhält, das vermag Reinbeks oberste Finanzchefin nicht zu sagen: „Die Inflation, die Materialknappheit in den Unternehmen, die hohen Energiepreise – es gibt viele Unbekannte. Ich blicke schon etwas mit Sorge auf die nächsten Jahre“, gibt sie ehrlich zu.
Explodierende Energiekosten werden auch Reinbeks Haushalt belasten
Gerade ist sie dabei, die Haushaltsplanungen für das kommende Jahr aufzustellen. Allein die Energiekosten in den städtischen Einrichtungen wie Schulen, Turnhallen und Kitas dürften die Bilanz drücken. Nach derzeitigem Preisgefüge müsste die Stadt dreimal so viel für Gas bezahlen. Im kommenden Jahr laufen die Verträge für Strom und Gas beim E-Werk aus, muss die Stadt die Belieferung neu ausschreiben.
Und auch die Personalkosten von derzeit 16,44 Millionen Euro werden um einiges höher ausfallen. Im Dezember starten neue Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst. „Die neuen Abschlüsse werden in 2023 den Haushalt zusätzlich belasten“, sagt Randau.
Um den größten Teil der Ausgaben kommt Reinbek nicht drumherum
Dass sich finanzschwächere Kommunen fern der Metropolregion noch mehr sorgen müssen, das weiß sie auch. „Reinbek ist finanziell solide aufgestellt, leistet sich aber auch viel.“ Um einen Großteil der Ausgaben kommt die Stadt nicht herum wie Sozialleistungen oder Schaffung von Kitaplätzen. 44 Prozent der Ausgaben fließen in diesen Bereich. Und jedes Jahr steigt der Bedarf im Sozialbereich, 2021 nahm er den Löwenanteil am Mehrbedarf (48 Prozent) ein.
Planung hin oder her. In 30 Jahren in der Kämmerei hat Isabella Randau gelernt, dass immer Ungeplantes dazwischen kommt, mit dem niemand gerechnet hat – wie aktuell der Ukrainekrieg und die damit verbundene Flüchtlingskrise.
Größte Investition: Reinbeks neue Feuerwache am Mühlenredder
1,23 Millionen Euro haben die Politiker auf der Stadtvertretersitzung am Donnerstagabend außerplanmäßig freigegeben. Das Geld wird für die Herrichtung einer Unterkunft in den Containern gebraucht. In eine finanzielle Schieflage gerate die Stadt durch diese Sonderausgabe aber nicht, beruhigt Randau. „Die Summe war schon seit zwei Jahren für den Neubau einer Flüchtlingsunterkunft für Familien im Haushalt eingeplant.“ Dass das Geld nicht abgerufen wurde, lag daran, dass sich die Politiker bislang nicht auf einen Standort einigen konnten.
Die größte Investition in 2022 entsteht gerade am Mühlenredder: die neue innovative Feuerwache. Sieben Millionen Euro sind für den nachhaltigen Bau eingeplant. Bis zum März kommenden Jahres soll er fertig sein. Ob der Zeitplan gehalten werden kann, ist ungewiss. Die Frage der Fassadengestaltung muss neu geklärt werden. Eingeplant war dafür sibirisches Lärchenholz. Das aber ist aufgrund der Sanktionen gegen Russland nun auf dem europäischen Markt nicht zu bekommen.