Reinbek/Aumühle. Vogelexperte Dr. Volker Sokollek erklärt, welche Arten jetzt schon aktiv sind und warum es sich lohnt, spazieren zu gehen.
Wer morgens früh das Haus verlässt, hört die ersten Vögel zwitschern. Bei Spaziergängen im Billetal und im Sachsenwald grüßen Dr. Volker Sokollek (72) heimische Arten ebenso wie Wintergäste aus dem hohen Norden. "Sobald die Sonne scheint, muss man einfach rausgehen", findet er. Wo die Tiere ihre Flügel bei Wind und Wetter eher ungern aufschlagen, werden sie bei Sonnenschein umso aktiver. Der Vogelexperte, der naturnah im Krabbenkamp lebt, weiß, welchen Arten wir jetzt entlang der Bille, in den Wäldern und Gärten begegnen.
Obwohl so manch ein heimischer Vogel wie etwa die Amsel über den Winter verreist ist, lohnt sich gerade jetzt ein Waldspaziergang. Denn auf der Suche nach Früchten und Insekten sind auch einige Zugvögel aus Russland und Skandinavien unterwegs. In kahlen Baumkronen ist die Chance hoch, sie zu erspähen.
Welchen Zugvögeln wir nun an der Bille begegnen können
Bei seinem jüngsten Spaziergang war Volker Sokollek erstaunt, auf Erlenzeisige zu treffen. "Sie sind Wintergäste aus Skandinavien oder Sibirien. Man entdeckt meist recht wenige, aber ich habe eine Schar von acht Stück gesehen", berichtet er. Wie es ihr Name verrät, haben sie es auf Erlen abgesehen: "Sie picken die kleinen Zäpfchen, also die Fruchtstände der Bäume", so Sokollek. Der Erlenzeisig ist etwas kleiner als eine Blaumeise. Besonders hübsch anzusehen sind die Männchen mit ihrem gelb-grünlichen Gefieder.
Ein typischer Besucher ist auch der Bergfink aus Skandinavien mit seinem orangefarbenen Gefieder an Brust und Schulter. Dass es dieses Jahr doch recht wenig seien, hänge vermutlich mit der Nahrungssituation zusammen, so Sokollek. Bergfinke speisen gerne Bucheckern, wovon es in diesem Jahr recht wenige gebe.
Auch die ursprünglich skandinavische Wasseramsel sei gerade im Norden Deutschlands unterwegs. Das kleine Kerlchen mit seiner weißen Brust bevorzugt stark bewegte Gewässer, sagt Sokollek. Leibspeise der Wasseramsel: die Larven der Köcherfliege, die sich im Wasser entwickeln.
Ganzjährig anzutreffen sind auch Spechte, Rotkehlchen und Spatzen
Viele heimische Vögel sind das ganze Jahr über bei uns. In seinem Garten sieht und hört Volker Sokollek beispielsweise den Grünfink: "Er balzt mit einem Trällern, das klingt ganz nett." Ganzjährig anzutreffen sind auch Zaunkönige, Spechte, Rotkehlchen, Spatzen und Gimpel. Letztere seien ein beliebtes Motiv von Fotografen. "Sie bleiben lange an einer Stelle im Baum sitzen, sind weniger wuselig. Dafür ist ihr Gesang aber nicht so doll", meint Sokollek.
Interessant zu beobachten: der Baumläufer. "Er ist recht unauffällig, wie er an Baumstämmen hochläuft. Sein Weg auf der Suche nach Nahrung führt ihn stets von unten nach oben und dann zum nächsten Baum", erklärt der Experte. Ganz anders als der Kleiber, der rauf und runter und auch mal quer die Bäume nach Insekten filzt. "Zudem macht er viel Krach, der aber doch recht rhythmisch ist."
Wer will, kann gern zu Vogelfutter greifen
Ganz "harte Burschen" seien die Kolkraben mit ihren kreisförmig zulaufenden Schwänzen. Denn sie beginnen bereits im Februar damit, zu nisten und ihren Nachwuchs aufzuziehen, weiß Sokollek. Deshalb hört man sie nun schon balzen. "Sie haben eine tiefere Stimme, nicht so ein Krächzen. Und sie sind größer als Krähen", sagt Sokollek. Wer das Naturspektakel selbst beobachten möchte, dem rät der Reinbeker: warm einpacken, lieber einmal mehr stehen bleiben, innehalten, offene Augen und Ohren haben.
Wer den Tieren Gutes tun will, der könne beruhigt zu Vogelfutter greifen, so Sokollek. Gerade bei Kälte brauchen die Tiere mehr Energie, um ihre Körpertemperatur von 40 Grad Celsius zu halten. "Sie ruhen länger, morgens sind sie dann hungrig, müssen Energiereserven auffüllen. Manche verlieren zehn Prozent ihres Körpergewichts über Nacht", so Sokollek. "Reine Fruchtfresser müssen täglich mindestens Nahrung in der Menge ihres Körpergewichts aufnehmen, da Beeren wenig Nährstoffe enthalten."
Hoffnung auf vogelkundliche Exkursionen in Oststeinbek
Er appelliert, Gärten naturnah mit heimischen Gehölzen und fruchttragenden Sträuchern wie Eberesche oder Schneeball zu gestalten. Wer Platz hat, stellt ein Vogelhäuschen auf. Damit es gut angenommen wird, sollte es in Richtung Ost bis Süd aufgestellt werden und freistehen. Sokollek erklärt: "Viele Häuser sind wärmegedämmt, es gibt kaum Nischen, Fugen oder Löcher. Der Bestand der Hausspatzen ist so beispielsweise innerhalb von 30 Jahren um die Hälfte zurückgegangen."
Der pensionierte Geo- und Hydrologe, der jahrelang in der Umweltbehörde in Hamburg tätig war, hofft, bald wieder vogelkundliche Exkursionen in Oststeinbek anbieten zu können. "Ich bin schon von klein auf interessiert an der Natur- und Vogelwelt", sagt er. Sein Wissen beruht auf Erfahrung und Lektüre.