Ahrensburg. Große Suchaktion am Bahnhof Gartenholz nach Tod einer 23-Jährigen in einem Flüchtlingsheim. Ihr Ehemann schweigt weiter.

Es ist kurz vor 9 Uhr am Donnerstagmorgen, als die drei Transporter und ein Streifenwagen der Polizei am Bahnhof Gartenholz in Ahrensburg vorfahren. Rund 20 Beamte des Technischen Zuges der Einsatzhundertschaft aus Eutin steigen aus den Fahrzeugen. Im Gepäck haben sie zwei Rasentrimmer und eine elektrische Heckenschere. Der Einsatzleiter gibt Anweisungen. Einige Polizisten sperren den nördlichen Bahnsteig, von dem die Regionalbahn in Richtung Hamburg abfährt, mit einem rot-weißen Flatterband ab. Andere legen in der Zwischenzeit Helm, Visier und Ohrenschützer an.

Die Beamten beginnen, das hohe Gras an der Böschung neben dem Bahnsteig mit den Trimmern abzumähen. Dort, wo Gras und Gestrüpp bereits beseitigt sind, folgen ihnen Kollegen mit Forken und Metalldetektoren.

Nach Leichenfund in Ahrensburg suchen Ermittler nach Handy des Opfers

Die Polizei hofft, hier das Handy der 23 Jahre alten Afghanin zu finden, deren Leiche Ermittler am Dienstag vor einer Woche in der Flüchtlingsunterkunft Kornkamp entdeckt hatten. Die Wohneinrichtung liegt nur wenige Hundert Meter von dem Bahnhof entfernt. Die Obduktion des Leichnams hat ergeben, dass die Frau mit 28 Messerstichen schwer verletzt worden war und anschließend verblutete.

Der 38 Jahre alte Ehemann der Afghanin steht unter dringendem Tatverdacht, seine Frau getötet zu haben. Er sitzt in Untersuchungshaft, schweigt zu den Tatvorwürfen. Auch deshalb erhoffen sich die Ermittler von dem Handy  wichtige Erkenntnisse zum Tathergang.

Polizei hofft, mehr über das Tatmotiv zu erfahren

„Handys sind mobile Datenträger, die vieles über den Hintergrund einer Tat verraten können“, sagt Stefan Muhtz, Sprecher der Polizeidirektion Lübeck. Insbesondere erhofften sich die Ermittler, durch die Auswertung des Geräts mehr über ein mögliches Motiv zu erfahren. Dabei gehe es auch um die Frage, ob es Hinweise auf eine vorsätzliche Tat gebe. Wäre das der Fall, müsste der 38-Jährige mit einer Mordanklage rechnen. Bislang ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Totschlags gegen den Ehemann.

Der 38 Jahre alte Afghane selbst hatte den Ermittlern den Hinweis auf seine tote Frau gegeben. Beamte der Bundespolizei hatten ihn auf einem Autohof an der Autobahn 9 bei Hof (Bayern) routinemäßig kontrolliert. Der Mann war als Passagier eines Reisebusses mit dem Ziel Mailand unterwegs. Bei der Kontrolle waren den Polizisten Unstimmigkeiten in den Papieren des 38-Jährigen aufgefallen. „Zunächst stand ein Aufenthaltsverstoß im Raum“, sagt Muhtz.

Mutmaßliche Tatwaffe wurde in der Wohnung des Ehepaars gefunden

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. © HA | Filip Schwen

Bei der Vernehmung gab er laut Staatsanwaltschaft an, dass seine Frau sich kurz zuvor in der gemeinsamen Wohnung in Ahrensburg selbst getötet habe und ihr Leichnam noch immer dort liege. Bei einer Überprüfung vor Ort entdeckten Beamte tatsächlich die tote 23-Jährige. Einen Selbstmord schließen die Ermittler inzwischen jedoch aus.

Die mutmaßliche Tatwaffe wurde laut Muhtz inzwischen in der Wohnung des Ehepaars sichergestellt. Auch seien die übrigen Bewohner des Flüchtlingsheims vernommen worden. Mit welchem Ergebnis möchte Muhtz aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen.

Es gibt Hinweise, dass der Ehemann zum Bahnsteig flüchtete

„Wir haben Erkenntnisse, die nahelegen, dass der Tatverdächtige am Haltepunkt Gartenholz in die Bahn in Richtung Hamburg eingestiegen ist“, so der Sprecher der Polizeidirektion Lübeck. Spürhunde hätten demnach angezeigt, dass der 38-Jährige über den Wanderweg Norderoogstieg und eine Brücke im Norden des Flüchtlingsheims aus zum Bahnsteig geflüchtet sei.

In Hamburg sei der Afghane dann mutmaßlich in den Reisebus nach Mailand gestiegen. Die Ermittler gehen davon aus, dass der 38-Jährige das Handy seiner Ehefrau zuvor entsorgte, um Beweise zu vernichten. „Unseren Erkenntnissen zufolge ist es sehr wahrscheinlich, dass sich das Handy in der Umgebung des Bahnhofs Gartenholz befindet“, sagt Muhtz. Warum die Ermittler so sicher sind, das Gerät hier zu finden, möchte der Sprecher nicht sagen.

Beide Gerätetypen passen zu dem gesuchten Mobiltelefon

Und tatsächlich: Nach etwa eineinhalb Stunden Suche werden zwei Beamtinnen mit einem Metalldetektor in dem Waldstück neben dem Bahnsteig fündig. Hektisch wird ein Ermittler der Mordkommission aus Lübeck hinzugezogen, der das Fundstück unter die Lupe nimmt. Es handelt sich um ein Handy. Die Fundstelle wird durch eine Mitarbeiterin der Spurensicherung mit einem roten Stab markiert. Wenig später finden die Beamten am Hang im Gras ein weiteres Mobiltelefon und eine Handyhülle.

Nachdem die Stellen vermessen und mit der Kamera dokumentiert sind, werden die Gegenstände von einer Mitarbeiterin der Spurensicherung mit Handschuhen vorsichtig aufgelesen und in durchsichtigen Plastikbeuteln verstaut. Ob es sich bei einem der Handys um das gesuchte Gerät der 23-Jährigen handelt, ist noch unklar. „Beide Gerätetypen passen zu dem gesuchten Mobiltelefon“, sagt Muhtz. Sie würden nun von der Kriminaltechnik ausgewertet.