Reinbek. 73,6 Prozent stimmen beim Bürgerentscheid gegen Bebauung freier Flächen. Aus für Seniorenwohnungen. Und nun?

Das Ergebnis ist ein Triumph für die Bürgerinitiative Holzvogtland sowie für die Bürgerinnen und Bürger, die sich beim Bürgerentscheid vergangenen Sonntag dafür ausgesprochen haben, dass in Reinbek die etwa 40 Hektar zwischen den Stadtteilen Schönningstedt und Prahlsdorf unbebaut bleiben. 73,6 der Wähler wollen das. Somit ist die Entscheidung klar – und das Bauprojekt von Kai Duschenschön und Janno Krieger Geschichte.

Robert Hartl, Sprecher Bürgerinitiative Holzvogtland.
Robert Hartl, Sprecher Bürgerinitiative Holzvogtland. © Robert Hartl | Privat

„Wir hatten natürlich darauf gehofft, dass sich eine Mehrheit für den Erhalt des Holzvogtlandes aussprechen würde. Dass der Bürgerentscheid so eindeutig ausfallen würde, hat uns doch überrascht“, sagt Robert Hartl, Sprecher der Bürgerinitiative Holzvogtland, nach Auszählung aller Stimmen. 8350 Reinbekerinnen und Reinbeker hätten der Kommunalpolitik und der Stadtverwaltung am Sonntag mit dem Bürgerentscheid eine klare Botschaft zukommen lassen. Sie seien für den Erhalt des Holzvogtlandes und lehnten dessen Bebauung ab.

Bürgerentscheid Holzvogtland: Nur 26,4 Prozent für Bebauung

Nur 26,4 Prozent der Wählerinnen und Wähler hätten eine Bebauung der landwirtschaftlichen Flächen unterstützt. Niklas Schwab (CDU), Vorsitzender des Bauausschusses, bestätigt, dass das Areal zwischen den Sonnenhöfen und dem Kampsredder, knapp fünf Hektar groß, die letzte Potenzialfläche dieser Größenordnung in Reinbek gewesen wäre. „In der politischen Diskussion ging es allein um diese Teilfläche. Dort hätten wir noch Spielraum gehabt, etwas zu entwickeln“, stellt er fest. Für eine größere Bebauung, somit für Sozialwohnungen, Mehrgenerationenprojekte und Seniorenwohngemeinschaften, gebe es jetzt im Stadtgebiet kaum noch Potenzial. „Jetzt bleibt eigentlich nur noch die Nachverdichtung“, sagt Niklas Schwab.

Auch Bürgermeister Björn Warmer sieht nicht mehr viele Möglichkeiten für neue Planungen. „Mir fallen noch das Gelände hinter der Kita in Schönningstedt und der Oher Sportplatz ein, wenn dieser verlagert wird“, sagt der Verwaltungschef. Eventuell gebe es noch ein, zwei kleinere Areale. Reinbek sei zwar eine Flächenstadt, doch für die Überplanung gebe es nur wenig Raum. Denn die Siedlungsmöglichkeiten und deren Grenzen gebe Kiel mit den Entwicklungsachsen vor.

Auch ungeordnete Nachverdichtung ruft Unmut hervor

„Die Aufgabenstellung bleibt allerdings dieselbe, damit Reinbek eine Stadt für alle bleibt“, hält Björn Warmer fest. Es dürfe nicht sein, dass Menschen aus Reinbek sich dort das Wohnen nicht mehr leisten können. „Dann läuft gewaltig etwas schief in Reinbek“, sagt der Bürgermeister.

Es sei Aufgabe der Politik, die weitere Richtung vorzugeben. Denn auch die Nachverdichtung werde gerade durch viele neue und neu aufgestellte Bebauungspläne in Reinbek vorgegeben. Hintergrund ist, dass sich auch gegen die – ungeordnete – Nachverdichtung bereits viele Proteste geregt hatten. Jetzt müsse sich die Politik Gedanken über die Form der Nachverdichtung oder auch über den Bestand zu machen. Die FDP hatte bereits vorgeschlagen, mit den Eigentümern von Sozialwohnungen darüber zu verhandeln, die Belegungsrechte gegen Bezahlung zu verlängern.

Vorsitzender des Seniorenbeirats ist enttäuscht

Enttäuscht und auch etwas ratlos ist Heinz-Dieter Weigert, Vorsitzender des Seniorenbeirats, ob des Ergebnisses. „Es ist sehr schade, dass die Bürgerinitiative die Bedarfe für altengerechtes Wohnen, für mehr Inklusion und Barrierefreiheit in Reinbek einfach beiseite gewischt hat“, bedauert er. „Dass dem so viele zugestimmt haben, ob nun wissentlich oder unwissentlich, finde ich sehr enttäuschend.“ Die Fragestellung der BI habe suggeriert, dass das gesamte Holzvogtland bebaut werden soll. Davon sei aber nie die Rede gewesen.

Am Arbeitskreis Leben und Wohnen im Alter will er dennoch weiter teilnehmen. „Wir müssen doch etwas machen“, sagt er. „Aber unter diesen Bedingungen finde ich das sehr schwierig.“ Chancen auf geeignete Flächen für dringend benötigte Pflegewohngemeinschaften, für mehr Inklusion und seniorengerechtes Wohnen sieht Weigert kaum noch.