Reinbek. Kann es passieren, dass wir bei Stromausfall keine Hilfe mehr bekommen? Wie ist die Feuerwehr auf den Ernstfall vorbereitet?

Wenn plötzlich großflächig der Strom ausfallen würde, ginge – nicht nur in Reinbek – nichts mehr: Bei einem Blackout würden die Menschen nicht nur im Dunkeln sitzen, sondern müssten – je nach Jahreszeit – auch frieren. Denn auch Heizungsanlagen brauchen Strom. Sie wären abgeschnitten von Informationen, denn Radio, Fernsehen und Internet wären tot. Ebenso die Telefone.

Dauert der Stromausfall länger an, fielen auch die Pumpen der Wasserwerke aus, Trinkwasser würde knapp, die Spülung in den Toiletten kann nicht mehr betätigt werden. Menschen würden in Fahrstühlen feststecken, Ampeln fielen aus, Supermärkte wären geschlossen und womöglich geplündert, da Kühlungen, Kassen und Türen versagten, im Krankenhaus würde übergangsweise das Notstromaggregat anspringen.

Stromausfall: Wehren in Reinbek wollen einsatzbereit sein

Nach drei Tagen würden gesellschaftliche Strukturen zusammenbrechen. Dieses Szenario „Blackout“ bringt auch den seit Jahrzehnten erfahrenen Feuerwehrmann Claus Brettner aus der Ruhe: „Ich möchte diesen kaum beherrschbaren Fall nicht erleben“, sagt der Chef der Schönningstedter Wehr. Sein Stellvertreter Lars Kaiser nickt zustimmend.

Und dennoch bereiten sich ihre Wehr und die in Ohe und Reinbek so gut wie möglich auf diesen Ernstfall vor. Seit zwei Jahren tagt regelmäßig eine Gruppe, die sich mit dem Thema intensiv beschäftigt, Notfallpläne aufstellt und erste Vorkehrungen trifft. „Oberstes Ziel für uns ist, im Falle eines Falles weiter einsatzbereit zu sein“, sagt Brettner. „Wenn die Heizungen ausfallen, werden die Leute Feuer machen, die Brandgefahr würde steigen.“

Blackout: Mobiltelefone funktionieren nicht mehr

Um Hilfe zu holen, müssten die Bürger zwar persönlich bei der Wehr vorbeikommen, da die Telefone nicht mehr funktionierten. Auch mit dem Handy ist ein Notruf nicht mehr möglich, sobald die Funktürme ohne Storm sind und damit ausgefallen. Nun soll ein externer Stromerzeuger dafür sorgen, dass die Feuerwehrleute weiter mitander kommunizieren können. Der sorgt für den Weiterbetrieb der Funkanlage, die Beleuchtung und Beheizung der Wache.

Die Vorrichtung dafür ist jetzt nachträglich in allen drei Wehren gebaut, die Stromerzeuger bestellt. Die werden mit Diesel betrieben und sollen eine Woche lang einen Notbetrieb überbrücken. Diesel in entsprechender Menge soll in Reinbek eingelagert werden. „Im Falle eines Falles helfen wir uns gegenseitig aus“, sagen Kaiser und Brettner. Für die Versorgung ihrer 50 Feuerwehrleute müssen sie selbst sorgen und Wasser und Essen vorhalten.

Hilfsbedürftige könnten im Rathaus und in der Gemeinschaftsschule unterkommen

Für viel mehr Menschen als die Helfer wäre in den Wachen im Notfall kein Platz, sagt Brettner. Hilfsbedürftige Reinbeker könnten dann noch im Rathaus und der neu gebauten Gemeinschaftsschule unterkommen. Beide sind mit Notstromaggregaten ausgestattet, sagt Sascha Borck, Sprecher der Stadt Reinbek. Kleinere dieser dieselbetriebenen Stromerzeuger haben die Wehren jetzt schon im Einsatz. „Sie sind fest verbaut auf den Löschfahrzeugen und kommen unter anderem zum Einsatz, wenn Einsatzorte ausgeleuchtet oder Pumpen angeschlossen werden müssen.

„Feuerwehren, die keine Dieselvorräte anlegen können, sollen eine von wenigen Tankstellen anfahren können, die im Notbetrieb weiterarbeiten“, sagt Holger Bauer, Sprecher des Landesfeuerwehrverbandes Schleswig-Holstein. Welche das sind, ist streng geheim. Am Thema Blackout komme aber keine Wehr mehr vorbei. „Bis alle auf den Ernstfall richtig vorbereitet sind, wird es noch dauern und es muss noch jede Menge Geld investiert werden – auch in den Aufbau eines Sirenennetzwerkes 2023“, sagt Bauer.

Thomas Kanitz: „Ich halte einen Blackout für nicht sehr wahrscheinlich“

Doch wie wahrscheinlich ist ein Blackout eigentlich? „Ich halte ihn für nicht sehr wahrscheinlich und vertraue auf die vielen Sicherheitsmaßnahmen im Stromnetzwerk in Nordeuropa“, sagt Thomas Kanitz, Geschäftsführer des E-Werks Sachsenwald. In mehr als 30 Jahren, in denen Kanitz jetzt im E-Werk tätig ist, hat er einen flächendeckenden Stromausfall noch nicht erlebt und tut auch dafür alles, dass es so bleibt.

Geschäftsführer Thomas Kanitz vertraut auf die Sicherheitsmaßnahmen im Stromnetz.
Geschäftsführer Thomas Kanitz vertraut auf die Sicherheitsmaßnahmen im Stromnetz. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Doch weniger die Zunahme von orkanartigen Stürmen können dem Energieversorger Angst einjagen, denn jeder Meter des 1600 Kilometer langen Netzes liegt unter der Erde. Die Zunahme von Hackerangriffen, die Windparks oder Kreisverwaltungen lahm legen, beunruhigt Kanitz und die Gesellschafter des lokalen Energieversorgers hingegen schon. Regelmäßige Sicherheitsupdates und das Beseitigen von Schwachstellen sollen verhindern, dass Hacker von außen in das Innerste vordringen und womöglich die Steuerung übernehmen.

Störungen könnte die Umstellung auf regenerative Energien ergeben

Ein Notstromaggregat, das mindestens zwei Wochen mit Diesel am Laufen gehalten werden kann, soll im Notfall den Betrieb sicherstellen. Außerdem gibt es jetzt ein Satellitentelefon, „mit dem wir den Kontakt nach außen sicherstellen können“, sagt Kanitz.

Statt mit dem großen Blackout aber rechnet Kanitz in naher Zukunft eher mit gehäuften Störungen im Stromnetz, die allein auf die Umstellung auf regenerative Energie zurückzuführen sind. „Sonne und Wind richten sich nicht danach, wie viele Verbraucher gerade ihre Waschmaschine anstellen. Wenn Nachfrage und Erzeugung aber auseinanderklappen, brechen die Netze zusammen.“ Bislang steht das E-Werk in Sachen Störanfälligkeit aber sehr gut da: Bundesweit waren die Bürger 2020 durchschnittlich 10,73 Minuten ohne Strom. Beim E-Werk waren es gerade mal 1,37 Minuten.

Vorsorgen für einen Blackout – die Notfallliste

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rät zu einem ausreichenden Essensvorrat. Damit sollte jeder zehn Tage ohne einzukaufen auskommen.

Das heißt etwa:

  • 20 Liter Wasser pro Person
  • 3,5 Kilo Nudeln oder Kartoffeln
  • 4 Kilo Hülsenfrüchte in Dosen
  • 2,5 Kilo Nüsse
  • 2,6 Kilo Milchprodukte
  • Fett

Kerzen, Taschenlampe sowie Batterien, Streichhölzer und Feuerzeug sollte jeder im Haus haben. Auf einem Campingkocher und/oder einem Gartengrill können kleinere Mahlzeiten zubereitet werden.

Akkus an Lampen, PC und Telefonen sollten geladen sein. Powerbanks sind ratsam. Ein batteriebetriebenes Radio hilft, um auf dem Laufenden zu sein. Da die Automaten nicht mehr funktionieren, wird eine Bargeldreserve empfohlen. Wer regelmäßig Medikamente einnehmen muss, sollte sich einen Vorrat für mindestens zwei Wochen zulegen.