Elmshorn. Das 122 Jahre alte Baudenkmal geht an einen neuen Eigentümer. Wie der junge Mann den Deal einfädelte, was er jetzt mit dem Turm vorhat.
Jetzt, da der Verkauf unter Dach und Fach ist, blickt Ludwig Klein mit einem Schmunzeln auf die zurückliegenden 20 Jahre. „So einen Turm zu haben und zu unterhalten; einfach nur ein bisschen bekloppt zu sein, das reicht da nicht“, sagt der 69 Jahre alte Elmshorner. Gemeint ist das gemeinsame „Baby“ von ihm und seiner Ehefrau Ilse (68), der Wasserturm von Elmshorn. Ein großes Baby. Und die steilen Treppen von dem 45 Meter hohen Bauwerk am Schleusengraben, in dem Ilse Klein bis zum 15. Dezember eine Kerzenzieherei betrieben hat, wurden für das Paar von Jahr zu Jahr anstrengender.
Und da jedes Kind irgendwann einmal von seinen Eltern „in die Freiheit entlassen“ werden muss, hatten die Kleins schon zu Jahresbeginn ihren Entschluss gefasst: „Wir schenken den Turm der Stadt oder verkaufen ihn.“ Nun, nachdem die Stadt von einer Übernahme des sanierungsbedürftigen Baus Abstand genommen hat, in den Klein über 20 Jahre rund 300.000 Euro investierte, ist die Entscheidung gefallen: Der Wasserturm-Elmshorn hat einen neuen Eigentümer – und der hat große Pläne für das betagte Bauwerk.
Wasserturm Elmshorn: Der neue Eigentümer ist Elmshorner und arbeitet in einer Kita-Leitung
Der neue Mann im Turm ist Beniamin Manukyan. Für ihn ist der Kauf des Wasserturms, über dessen Preis sich beide Parteien ausschweigen, eine Herzensangelegenheit. „Ich bin seit rund fünf Jahren Elmshorner“, sagt der gebürtige Armenier. „Ich bin immer wieder mit meinem Vater auf Spaziergängen an diesem Turm vorbeigekommen. Und wir waren von Beginn an von ihm fasziniert; und haben jedesmal gedacht, dass es doch eine große Ehre wäre, irgendwann einmal so einen Wasserturm zu haben.“
Da schien es schon Fügung zu sein, dass der 25-Jährige, der in Hamburg als stellvertretender Leiter einer Kindertagesstätte arbeitet, im NDR-Fernsehen einen Bericht im Schleswig-Holstein Magazin über den Wasserturm sah, dass dieser zu verkaufen sei. „Da dachte ich mir, das ist jetzt der richtige Zeitpunkt, mit den Eigentümern in Kontakt zu treten“, sagt Manukyan. „Hinter diesem Turm steckt viel Geschichte; und ich bin eine Person, die so etwas sehr zu schätzen weiß.“
Alter Wasserturm: Nach einem Fernsehbericht melden sich viele Interessenten, einer fällt auf
Und die Form der Kontaktaufnahme stieß bei Ludwig Klein auf viel Wohlwollen. „Nach dem Fernsehbericht hatten sich schon einige Leute bei uns gemeldet, aber als ernsthafte Bewerber waren eigentlich nur zwei oder drei anzusehen“, erinnert sich der 69-Jährige, der im kommenden Spätsommer nullt. „Und dann war da dieser Zettel in unserem Briefkasten, ohne Marke oder Stempel. Der war also von einem Elmshorner eingeworfen worden, und das klang alles sehr vernünftig, was er schrieb. Den wollten wir dann auch kennenlernen.“
Aus dem Kennenlernen wurden sehr schnell konkrete Verkaufsverhandlungen, nachdem die Stadt auch offiziell von ihrem Vorkaufsrecht zurückgetreten war und den Weg für einen Privatverkauf frei gemacht hatte. Dabei hat das Ehepaar Klein den neuen Türmer keinen Moment darüber im Unklaren gelassen, welche Pflichten mit dem Kauf auf ihn zukommen. Ludwig Klein: „Wir haben genau erklärt, welche Macken der Turm hat, was bereits saniert wurde und welche Hinweise es von Architektenseite aus gibt, was am Turm unbedingt gemacht werden muss.“
In den alten Wasserturm von Elmshorn muss viel Arbeit gesteckt werden
Alles Dinge, die in Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz über Bauförderung und Kredite ohne große Probleme zu bewältigen wären. „Aber dafür braucht man eben auch eine langfristige Bindung von mehreren Jahren, die wir halt nicht mehr hätten eingehen können“, sagt Ludwig Klein, der „ein sehr gutes Gefühl“ mit dem neuen Eigentümer hat.
- Besondere Immobilie: Elmshorner Wasserturm ist zu verschenken
- Heiraten rund um Hamburg: 8 romantische Hochzeitslocations
- Zeugnisse Elmshorns, wie es früher einmal war
Und mit diesem Gefühl will Beniamin Manukyan die Kleins auch nicht enttäuschen. Was er und seine Familie mit dem Turm vorhaben, ist ganz im Sinne der bisherigen Eigentümer und auch der Stadtverwaltung. „Wir möchten eine Plattform für Kunst und Kultur schaffen, um die Gemeinschaft zu fördern“, sagt der Elmshorner. „Es soll auf jeden Fall mit einem Café auch ein gemütlicher Treffpunkt werden, wo auch Kindergeburtstage stattfinden können.“
Wasserturm von Elmshorn soll ein Café, Begegnungs- und Bildungsstätte werden
Und in Turm und Café soll auch der Geist der Gäste Nahrung bekommen. „Eine der wichtigsten Sachen ist für mich mit meinem Hintergrund als Pädagoge, dass wir auch Bildungsprogramme anbieten, zum Beispiel in Kooperationen mit Kitas oder Seniorenheimen.“ Es gibt noch viel zu planen, zumal Manukyan auch wieder die oberste Ebene des Turms nutzen will. Die war aus Sicherheitsgründen (fehlender zweiter Fluchtweg) nicht mehr öffentlich zugänglich.
Alles Baustellen, die nun nach und nach angegangen werden. Und das Ehepaar Klein freut sich über die sich abzeichnende Zukunft des Wasserturms. „Es ist zwar schwer, sein ,Kind‘ wegzugeben“, sagt Ludwig Klein. „Aber die neue Freiheit, einfach mal bei Regen zu Hause bleiben zu können und nicht den Turm aufmachen zu müssen, die ist uns sehr willkommen. Und wir haben viele Hobbys und werden uns sicher nicht langweilen.“