Kreis Pinneberg. Trotz vieler Schicksalsschläge hat sich Heike Beukelmann nicht unterkriegen lassen. Nun bekam sie die Freiherr-vom-Stein-Medaille.

Ehrenamtliche Kommunalpolitiker, die sich in Schleswig-Holstein beispielhaft für die Gesellschaft engagieren, werden mit der Freiherr-vom-Stein-Medaille ausgezeichnet. Jetzt hat diese höchste Ehrung, die nach dem früheren preußischen Reformer benannt ist, Heike Beukelmann (65) aus Pinneberg bekommen. Die langjährige Vorsitzende der CDU-Fraktion im Kreistag „hat das total verdient“, ist Pinnebergs Bürgervorsteherin Natalina Boenigk di Racca überzeugt. Auch ihr wurde die Verdienstnadel schon verliehen. „Heike Beukelmann ist politisch engagiert bis in die Fußspitzen.“

Die Jugendarbeit war es, die die gebürtige Dortmunderin nach der Jahrtausendwende in die Kreispolitik brachte. Der studierten Kunsthistorikerin, die 2004 erstmals in den Kreistag gewählt wurde, war es ein dringendes Anliegen, dass schon kleine Kinder in überforderten Familien von der Gesellschaft geschützt werden. So setzte sie sich für die finanzielle Förderung des Programms der frühen Hilfen ein, die junge Mütter von Kleinstkindern unterstützend betreute.

CDU-Politikerin Beukelmann: Sorge um das Wohl kleiner Kinder hat sie in die Politik gebracht

Sie und ihr damaliger Mann hatten damals gerade ihren Sohn Christian adoptiert, der bei seinen vorherigen Pflegeltern schon als Kleinkind Gewalt erfahren hatte, erinnert sich Heike Beukelmann. „Das hat mich in die Politik gebracht“, sagt sie. Diese Art der Präventionsarbeit in den Familien war damals Neuland und sehr erfolgreich.

Die Verdienstnadel, die das Land seit 1957 an verdiente Kommunalpolitiker verleiht, trägt den Namen und das Konterfei des preußischen Reformers Freiherr vom Stein, der Anfang des 19. Jahrhunderts Minister war.
Die Verdienstnadel, die das Land seit 1957 an verdiente Kommunalpolitiker verleiht, trägt den Namen und das Konterfei des preußischen Reformers Freiherr vom Stein, der Anfang des 19. Jahrhunderts Minister war. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Viel Zeit, sich in die Kreispolitik einzugewöhnen, hatte die Preisträgerin nicht. Als 2008 der damalige CDU-Fraktionschef Michael Hirsekorn das Direktmandat verpasste und nicht wieder in den Kreistag einzog, wurde sie vom Kreisvorsitzenden Ole Schröder gefragt, ob sie dieses Amt übernehmen würde. „Das kam für mich völlig überraschend. Ich musste erst einmal schlucken.“ Als ihr versichert wurde, sie müsste es nur solange machen, bis Hirsekorn in den Kreistag nachrückte, war sie einverstanden.

Sie sollte nur kurz Fraktionschefin sein und blieb es bis heute

Doch als der dann ein halbes Jahr später in den Kreistag zurückkehrte, sollte sie die Fraktionschefin bleiben. Was nicht einfach für sie gewesen sei, erinnert sich Beukelmann. „Das war hammerhart. Ich hatte null Unterstützung.“ Hirsekorn habe ihr nur einen kleinen Zettel übergeben, auf was sie zu achten hätte. Mehr nicht. Sie musste sich in die Aufgabe als Fraktionschefin selbst einarbeiten. 16 Jahre ist das her.

Heike Beukelmann ist damit die zurzeit am längsten amtierende Fraktionschefin im Pinneberger Kreistag. Während Hirsekorn sich nach einem großen Zoff mit dem damaligen Landrat Wolfgang Grimme 2012 von der politischen Bühne zurückzog.

Kreispräsident Ahrens lobt das politische Geschick von Heike Beukelmann

Und sie mache diese Aufgabe hervorragend, wie Fraktionskollege und Kreispräsident Helmuth Ahrens lobt. „Heike Beukelmann führt die Fraktion mit viel Geschick und sehr pfiffig.“ Ihr gelänge es gut, Aufgaben zu delegieren und die Kollegen davon zu überzeugen, dass es ihre Ideen seien, die sie gerne durchsetzen möchte, erklärt Ahrens. Und sie könne auch gut Kompromisse mit den anderen großen Fraktionen ausarbeiten.

Das war zwar anfangs mit den alten Haudegen Hannes Birke (SPD) und Klaus G. Bremer (FDP), die schon drei Jahrzehnte länger dem Kreistag angehörten, schwierig. Die ließen die noch unerfahrene CDU-Kollegin oft ins Leere laufen. Aber im persönlichen Umgang hätten sie sich sehr gut verstanden, sagt Beukelmann. „Birke und Bremer hatten eine sehr wertschätzende Art, die mir geholfen hat.“    

Gleich zu Beginn galt es , die Regio Kliniken zu privatisieren

Eine Herkulesaufgabe musste Beukelmann gleich zu Beginn ihrer Amtszeit meistern. Die stark verschuldeten Krankenhäuser, die der Kreis als einziger Gesellschafter unter den Regio Kliniken führte, brauchten einen starken Partner. Den fanden sie 2009 im Münchener Klinikkonzern Sana AG, der heute bundesweit 56 Krankenhäuser betreibt. Für 2,5 Millionen Euro übernahm Sana 74,9 Prozent der Gesellschaftsanteile und leitet nun den mit 2500 Beschäftigten größten Arbeitgeber im Kreis Pinneberg.  

Für Beukelmann war das damals wie heute „die richtige Entscheidung“. Auch wenn es mit SPD und Grünen kritische Stimmen dagegen gab, wurde der Verkauf innerhalb weniger Wochen besiegelt. „Ein Krankenhaus zu betreiben und zu finanzieren, ist heute ein so komplexes Gefüge, da ist das politische Ehrenamt heillos überfordert“, sagt sie. Das galt dann auch für den damaligen Landrat  Grimme, der wegen Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit den Regio Kliniken 2010 abdanken musste.

Heike Beukelmann: Ehrenamtliche Politiker sind damit überfordert

Und die aktuellen Planungen, bis 2033 eine neue Zentralklinik in Pinneberg zu errichten, die dann die bisherigen Krankenhausstandorte in Pinneberg und Elmshorn ersetzt, wären ohne den starken Partner aus der Privatwirtschaft für die CDU-Fraktionschefin nicht umsetzbar.

Die Preisträgerin, die 2016 nach ihrer Scheidung nach Pinneberg umgezogen ist, musste auch mit Schicksalsschlägen umgehen lernen. Das betrifft vor allem ihre eigene Gesundheit. Seit Kindheit an ist sie schwerbehindert, leidet an einer irreversiblen Verkrümmung der Wirbelsäule, sodass sie Probleme beim Laufen hat und nicht lange stehen kann. Mehrere Operationen hätten das nicht besser gemacht. Bis heute leide Beukelmann oft unter starken Schmerzen.

In den Wellen der Atlantikküste ist sie ihr eigenes Surfbrett

Im Wasser dagegen fühle sie sich pudelwohl, mache Freischwimmen und gehe gerne mit ihrer Tochter Louise Sophie, die ganz in ihrer Nähe wohnt und in Pinneberg Stadtpolitik macht, an der Atlantikküste in Südfrankreich surfen. „Meine Tochter auf dem Surfbrett“, erklärt Beukelmann. „Ich bin mein eigenes Surfbrett, weil mein Körper durch die vielen OPs steif wie ein Brett ist“, sagt sie.

Für Kreispräsident Ahrens, der selbst eine schwere Krankheit überwinden musste, ist diese Haltung seiner Fraktionskollegin „bewundernswert“. Heike Beukelmann „schafft den Spagat zwischen Politik, Familie und Gesundheit.“ Trotz ihrer Schwerbehinderung sei sie immer präsent und ansprechbar, lobt Ahrens. „Sie opfert sich geradezu für den Kreis auf. Dafür gebührt ihr höchste Anerkennung und Respekt und sollte Vorbild für andere sein, es ihr gleich zu tun.“

Einsturz des Kölner Stadtarchivs machte ihre Doktorarbeit zunichte

Und noch ein persönlicher Schicksalsschlag traf die beliebte Politikerin. Die studierte Kunsthistorikerin, die in einem katholischen Museum in Nordrhein-Westfalen einige Jahre wissenschaftlich gearbeitet hatte, wollte noch ihre Doktorarbeit über die Geschichte des Kölner Rathauses verfassen. Mehr als 100 Seiten hatte sie schon geschrieben, da stürzte 2009 plötzlich das Kölner Stadtarchiv ein.

Ihre Habilitation war damit auf einen Schlag erledigt. „Alle Quellen und Dokumente, auf die sich meine Arbeit bezog, waren weg und unbrauchbar geworden“, sagt sie heute. „Das war zwar traurig, aber keine Katastrophe. Das Leben geht weiter.“ Das gilt wohl auch für die politische Karriere von Heike Beukelmann. 2028 werde sie erneut, zum sechsten Mal, bei der Kommunalwahl antreten.