Kreis Pinneberg. Wenn Kartuschen zu Sprengkörpern werden: Warum nicht nur der Konsum, sondern auch die Entsorgung der neuen Modedroge gefährlich ist.

Lachgas als zurzeit angesagte Partydroge vor allem bei jungen und sehr jungen Leuten lässt seit einiger Zeit die Alarmglocken bei Eltern, Lehrern und Politikern läuten. Wenn es nach Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht, könnte der Umgang mit Lachgas und auch die Abgabe über Automaten und Kioske zwar bald verboten werden, doch bis es soweit ist, bleibt es dabei: Lachgas ist nicht lustig, sondern ein ernstzunehmendes Problem, und zwar auch für die GAB, die im Kreis Pinneberg für die Abfallentsorgung verantwortlich ist.

Denn: Lachgas ist nicht nur für Konsumenten gefährlich – falsch entsorgte Lachgaskartuschen lösen auch Brände in Müllfahrzeugen und in den Anlagen der GAB aus. „Der steigende Konsum von Lachgas stellt eine zunehmende Gefahr für die Abfallwirtschaft, auch im Kreis Pinneberg dar“, betont Pressesprecher Julian Jenkel in einer Mitteilung.

Falsche Entsorgung von Lachgaskartuschen erhöht die Explosionsgefahr

Die falsche Entsorgung von Lachgaskartuschen erhöhe die Explosionsgefahr in Abfallsammelfahrzeugen durch Verpressen der Abfallfraktion sowie im Müllheizkraftwerk bei der thermischen Verwertung, so Jenkel.

Erst vor einigen Wochen sei es zu einem Brand im Müllbunker der GAB in Tornesch-Ahrenlohe gekommen. Und vor einigen Tagen habe ein Müllfahrzeug des Abfallentsorgers gebrannt. Verletzt worden sei glücklicherweise niemand.

Lachgas in der Müllverbrennunsanlage: „An manchen Tagen haben wir vier bis fünf Verpuffungen“

„Die Brandursachen sind noch nicht abschließend geklärt, könnten aber durch falsch entsorgte Akkus oder auch Lachgaskartuschen entstanden sein“, sagt der Pressesprecher, der darauf hinweist, dass die tatsächliche Menge an Lachgaskartuschen, die über die Anlage in Ahrenlohe entsorgt werden, sich nur schwer ermitteln lasse. Jenkel: „An manchen Tagen haben wir vier bis fünf Verpuffungen pro Linie, an anderen Tagen wiederum nur eine oder auch gar keine, je nach Abfuhrbezirk.“

Young man showing a nitrogen cartridge Young man showing a nitrogen cartridge, a whipping siphon: the misuse of nitrous
Lachgas wird in Sahnekapseln verkauft. Die Entsorgung kann zu Problemen in Müllverbrennungsanlagen und Müllfahrzeugen führen. © imago images/Andia | Tesson/Andia.fr via www.imago-images.de

Auch in Hamburg kennt man das Problem: Nach Angaben von Kay Goetze, Sprecher der Stadtreinigung Hamburg, gab es sowohl bei der Müllverwertungsanlage Borsigstraße als auch bei der Müllverwertungsanlage Rugenberger Damm Anlagenausfälle. Die damit verbundenen Kosten könnten auch schon mal mehr als 100.000 Euro betragen, so Goetze.

Kartuschen können sich zu „regelrechten Sprengkörpern“ entwickeln

Das große Problem, so Jenkel: „Durch in der Kartusche verbliebene Gasreste können sich die Metallbehälter im Verbrennungsprozess zu regelrechten Sprengkörpern entwickeln und sind somit eine Gefahrenquelle für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GAB und können zudem zu schweren Schäden an der Anlage führen.“

Der wachsende Konsum führe dazu, dass immer mehr Lachgaskartuschen unsachgemäß über den Haus- oder Biomüll entsorgt werden. Neben dem erhöhten Sicherheitsrisiko für das Personal und den enormen Kosten, die diese Schäden verursachen, habe der Ausfall einer Anlage auch direkte Auswirkungen auf die Entsorgungssicherheit. Zudem stellte die fachgerechte Entsorgung der Kartuschen einen hohen Aufwand für öffentlich-rechtliche und private Entsorgungsträger dar.

Lachgas: Vollständig entleerte Behälter gehören in die Gelbe Tonne

Die Entsorgungsverbände fordern nun eine zeitnahe und bundesweit einheitliche, bestenfalls sogar europaweite Lösung. Dabei soll eine Pfandpflicht für Druckgasflaschen ab 200 ml eingeführt werden, sodass Verbraucherinnen und Verbraucher die Behälter beim Händler zurückgeben können, anstatt sie im Hausmüll oder in Straßenpapierkörben zu entsorgen. Ein weiterer Ansatz ist die Vorgabe von Entleerungs- und Überdruckventilen an den Flaschen.

Bis möglicherweise eine Lösung gefunden wird, gilt: Vollständig entleerte Behälter können über die Gelbe Tonne entsorgt werden. Nicht vollständig entleerte Kartuschen müssen dagegen im Handel oder bei der Sonderabfallannahme auf dem Recyclinghof in Tornesch-Ahrenlohe oder beim Schadstoffmobil abgegeben werden, um eine umweltgerechte und sichere Entsorgung zu gewährleisten.