Pinneberg. Planer stellen ihre Ideen vor. Initiative bezweifelt Zählungen. Das Verkehrsaufkommen sinke. Ignorieren Befürworter die Trends?
Die Pläne für den Umbau der Autobahn A23 in Höhe von Pinneberg haben es in sich. Das Umfeld vor allem der drei Auf- und Abfahrten der Kreisstadt wird sich erheblich verändern. Im Ausschuss für Stadtentwicklung stellten die Planer ihre Entwürfe vor.
Das Ziel ist im Bundesverkehrswegeplan festgelegt und als „vordringlich“ eingestuft worden: Der Verkehr soll künftig über sechs statt vier Fahrspuren gelenkt werden. Also muss die Trasse verbreitert werden. Hinzu kommen große Bauwerke an den Anschlussstellen. Eine erste Version der Pläne hatten Anwohner bereits vor einem Jahr bei einer Informationsveranstaltung in Rellingen zu sehen bekommen.
A23: Riesen-Kreisel soll den Verkehr vor Pinneberg-Nord fließender machen
Jetzt sind die Pläne eine Stufe weiter ausgearbeitet worden. Auffällig ist ein großer Kreisel an der Zu- und Abfahrt Pinneberg-Nord. Dadurch sollen die Verkehrsströme aus und in Richtung Quickborn ungebremst verlaufen können. Die Radfahrer bekommen eine separate Trasse mit Tunnelbauwerken unter dem Kreisel und Brücke über die Autobahn.
Die Zubringer werden an allen drei Anschlussstellen direkt neben der Fahrbahn platziert. In Pinneberg-Mitte werden so die weitläufigen Zufahrten eingespart.
Für Pinneberg-Süd muss die Mühlenau umgeleitet werden
Aufwändig gestaltet sich der Umbau für Pinneberg-Süd. Dort werden die Rampen neu geordnet, sodass es in beide Richtungen Auf- und Abfahrten entstehen. Dafür müssen allerdings Flächen der Grundstücke im Ehmschen bereitgestellt werden. Außerdem muss die Mühlenau Richtung Norden verlegt werden.
Und wie geht es weiter? Diese Entwürfe werden in 2025/26 verfeinert werden. Wenn dann auch der Kostenrahmen feststeht, geht es in das Planfeststellungsverfahren. Sollte das wider Erwarten ohne Klage ablaufen, könnte 2027 Baurecht geschaffen und in 2028/29 mit dem Bau begonnen werden.
Bürgerinitiative argumentiert für Ausbau von Bahn und Bussen
Doch so einfach wird das nicht funktionieren. Denn gegen den Ausbau hat sich die „Bürgerinitiative A 23 für umweltfreundliche Mobilität“ formiert. Die Ausbaugegner versuchten auch, vor der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses ihre Argumente an Politiker und Bürger zu bringen.
Sprecher der Gruppe ist Wolfgang Melzer (70) aus Rellingen. Der Diplom-Ingenieur für Technische Informatik und seine Mitstreiter bezweifeln den Bedarf des Autobahn-Ausbaus an. „Bereits die Aufnahme einer Erweiterung der A23 auf sechs Fahrspuren im Jahre 2014 in den Bundesverkehrswegeplan, der bis 2030 gilt, geschah unter der Annahme höchst zweifelhafter Zahlen“, sagt Melzer.
Bürgerinitiative: Baukosten werden sich mehr als verdoppeln
Die Baukosten wurden damals mit gut 200 Millionen Euro kalkuliert, „ohne die Kosten für Klima- und Umweltschutz sowie zu erwartender Preissteigerungen angemessen zu berücksichtigen“. Heute rechnen die Planer laut Initiative mit Baukosten von mindestens 500 Euro.
Bis zum geplanten Baubeginn in einigen Jahren seien weitere erhebliche Kostensteigerungen zu befürchten, meinen die Vertreter der Bürgerinitiative. Die zentrale Begründung für die Planung im vordringlichen Bedarf sei, den Engpass zu beseitigen „für tägliche Staus von bis zu 15 Kilometer Länge bis nach Tornesch“. Diese Staus würden in dieser Länge kaum aufgetreten waren und seien primär verursacht durch den Rückstau vor der Einmündung in die A7 durch die dortigen Bauarbeiten.
Letzte verlässliche Verkehrszahl stammt von 2019
Während die Planer davon ausgehen, dass die für 2020 vorausberechnete Verkehrsbelastung bereits heute fast erreicht sei, argumentieren die Vertreter der Bürgerinitiative ganz anders. BI-Sprecher Melzer: „Die Zählstelle 1119 Krupunder liefert als einzige automatische Zählstelle an der A23 in dem beplanten Bauabschnitt seit 2019 keine Daten.“ Die Bundesanstalt für Straßenwesen habe das der Initiative auf Nachfrage bestätigt. „Auch nach Corona sinkt das Fahrzeugaufkommen weiter“, sagt Wolfgang Melzer. Das hänge damit zusammen, dass eine Vielzahl Beschäftigter im Homeoffice arbeite.
Die Unterstützer der Bürgerinitiative wollen nicht die Autobahn komplett verteufeln. Die A23 habe „zweifellos eine große Bedeutung für die heimische Wirtschaft, die es mit den heutigen Kapazitäten zu erhalten gilt“. Aber in Zeiten knapper öffentlicher Gelder sowie „angesichts immer verheerenderer Auswirkungen des Klimawandels müssen Politik und Wirtschaft ihrer Verantwortung gerecht werden, indem sie nachhaltigere Alternativen“ unterstützen.
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Die A23-Gegner plädieren dafür, das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs in der Metropolregion auszuweiten. Investitionen in Bahn, Bus und Fahrrad seien das bessere Mittel, um den Verkehr auf den Straßen flüssiger zu gestalten. BI-Sprecher Melzer: „So könnten wir die drohenden Staus und Belästigungen während der geplanten acht bis zehn Jahre Bauzeit rund um die A23 vermeiden.“