Wedel. Wie die Freundschaft zum griechischen Volkshelden und Komponisten das Leben des Wedeler Pianisten Gerhard Folkerts prägte.

  • Stiftung Landdrostei organisiert Konzert mit prominenten Freunden am 26. Oktober
  • Trümmer der Nachkriegszeit prägen das politische Bewusstsein des gebürtigen Ostfriesen
  • Vater lenkt den Weg für den Berufsweg in die Kunst der Musik

Illustre Gäste haben sich zu einer leicht verspäteten Geburtstagsfeier in Wedel angesagt: Der Schauspieler Rolf Becker (Tatort, Der Alte, Nord Nord Mord) wird sprechen, der Schriftsteller Volker Braun lesen, die internationalen Künstlerinnen Corinna Meyer-Esche, Frances Pappas und Julia Schilinski wollen singen, und Aroa Sorin soll die Bratsche zum Klingen bringen. Wer wird denn so gefeiert, bitteschön?

Gerhard Folkerts heißt der Mann, dessen Wirken und 80-jähriges Leben eng verknüpft ist mit Weltstars wie Mikis Theodorakis (1925-2021), und der immer verbunden bleibt mit seiner Wahlheimat Wedel. Schon als Fünfjähriger durfte er in der musikalisch geprägten Familie Klavierunterricht nehmen. Mit zehn Jahren musste er seinem Vater versprechen, ihn niemals als Chef des Familienunternehmens zu folgen. „Mein Vater hatte ein absolutes Gehör und eine wunderbare Stimme“, erzählt Gerhard Folkerts. Doch als Erstgeborener musste sein Vater den Kolonial- und Teewarenladen übernehmen.

Gerhard Folkerts: Als Zehnjähriger muss er versprechen, nicht die Firma des Vaters zu übernehmen

Statt einer eigenen musikalischen Karriere förderte der Papa den Sohn. Und der legte schon als Kind hervorragend los, begeisterte beim Übergang von der Grundschule aufs Gymnasium mit einem 45-minütigen Vortrag mit Werken von Beethoven und Mozart. 100 Kilometer Bahnfahrt nahm er damals jede Woche auf sich, um beim Generalmusikdirektor der Oper in Oldenburg Unterricht zu nehmen. Außer am Klavier überzeugte der junge Gerhard Folkerts stets auch mit Worten. So sorgte er bereits als 13-Jähriger dafür, dass ihn nach einem Konzert der kanadische Jazzmusiker Oscar Peterson (1925-2007, „Maharaja der Tasten“, Duke Ellington) nicht nur ein Autogramm gab, sondern zum Essen einlud.

Freunde und über Jahrzehnte Weggefährten für eine weltoffene, friedensliebende Musik: Gerhard Folkerts aus Wedel und der griechische Komponist Mikis Theodorakis (1925-2021), der den Sirtaki weltberühmt machte.
Freunde und über Jahrzehnte Weggefährten für eine weltoffene, friedensliebende Musik: Gerhard Folkerts aus Wedel und der griechische Komponist Mikis Theodorakis (1925-2021), der den Sirtaki weltberühmt machte. © PZ | ASulanke@wmg.loc

Peterson gehörte zu den vier international bekannten Künstlern, zu denen Folkerts nicht nur musikalische, sondern auch freundschaftliche Bande pflegte. Eberhard Rebling, der im Widerstand gegen die Nazis nach Holland fliehen musste und später die Hochschule der Musik in Ost-Berlin leitete, war der zweite große Name. Über seine Kontakte nach Osteuropa lernte Gerhard Folkerts während seines Musikstudiums in Hamburg zudem den armenischen Komponisten Aram Khatchurian kennen.

Theodorakis: „Wenn ich Pianist wäre, würde ich meine Stücke so spielen wie Sie“

Erst spät knüpfte der Pianist den Kontakt zu einer absoluten Persönlichkeit des Jahrhunderts: zu Mikis Theodorakis. Der Grieche gilt in seiner Heimat als Volksheld. Er war Komponist, Schriftsteller und Politiker. Folkerts hatte sich in den 90er-Jahren bei einem Besuch in Athen mehrere klassische Kompositionen von Theodorakis gekauft.

Pinnebergs bekanntester Pianist wird 80
Gerhard Folkerts an seinem Lieblingsplatz: am Flügel, hier in seinem Arbeitszimmer im heimischen Wedel. © Michael Rahn | Michael Rahn

„Diese klassische Seite des Griechen kannte ich noch nicht“, berichtet Gerhard Folkerts. Die Kompositionen begeisterten den Wedeler so, dass er diese Werke 2001 allesamt in Wedel als neues Programm aufführte. Eine Aufnahme davon schickte er als CD an den weltweit bekannten Künstler. Der reagierte umgehend, lud ihn ein und schrieb zurück: „Wenn ich Pianist wäre, würde ich meine Stücke so spielen, wie Sie es getan haben.“

Große Ehre: Folkerts wird 2010 Mitglied der Europäischen Akademie der Künste

Und so wuchs mit jedem Besuch des Komponisten, der durch seine Musik zum Film „Alexis Sorbas“ den griechischen Tanz Sirtaki weltbekannt machte, eine immer engere Freundschaft. Gleichzeitig schrieb Folkerts erfolgreich eine Doktorarbeit mit dem Titel „Die musikalische Poetik von Mikis Theodorakis“. 2010 durfte der Wedeler das Konzert zum 85. Geburtstag des griechischen Volkshelden vor 5000 Gästen in Athen eröffnen.

Ein feierlicher Moment im Jahr 2010: Gerhard Folkerts (v. l.) wird in die Europäische Akademie für Wissenschaft und Künste aufgenommen. Hier erhält er die Ernennungsurkunde aus den Händen von Felix Unger, Präsident der Europäischen Akademie, sowie Milo Dukanovic, dem Premierminister von Montenegro.
Ein feierlicher Moment im Jahr 2010: Gerhard Folkerts (v. l.) wird in die Europäische Akademie für Wissenschaft und Künste aufgenommen. Hier erhält er die Ernennungsurkunde aus den Händen von Felix Unger, Präsident der Europäischen Akademie, sowie Milo Dukanovic, dem Premierminister von Montenegro. © Doris Wild

Im selben Jahr wird dem Wedeler eine weitere große Ehre zuteil: Die Europäische Akadamie für Wissenschaft und Künste beruft Gerhard Folkerts in ihre Organisation für die Abteilung Künste. Es ist eine Mitgliedschaft, die das Leben lang gilt.

International aktiv und doch immer heimatverbunden geblieben

Trotz aller internationaler Auftritte, Begegnungen und Kontakte ist Gerhard Folkerts stets mit der Region verbunden geblieben. In Wedel unterrichtete er ein paar Jahre auf dem Johann-Rist-Gymnasium und blieb dann 36 Jahre der Musikschule der Stadt treu. Für den Rotary Club Wedel kreierte er den Jugendmusik-Preis und lenkte 20 Jahre lang den Blick auf junge Talente. Zehn Jahre war Folkerts als Juror für den Kreiskulturpreis im Einsatz.

Gern organisierte und beteiligt sich der Künstler an Benefizkonzerten. Zum 30. Mal wird er im Dezember für die Multiple Sklerose Gruppe Wedel spielen. Zum zweiten Mal trat er vor Kurzem im Hanna Reemtsma-Haus in Rissen auf.

Kriege prägen Folkerts großes Bewusstsein für den Frieden

Wie alle seine internationalen Freunde ist Gerhard Folkerts von den Folgen des Zweiten Weltkriegs geprägt, auch wenn er selbst nur die Trümmer erlebte, die bis weit in die 50er-Jahre hinein seine Wege in Emden und anderen Städten prägten. Die Bilder und Berichte über die Kriege in Indochina, Korea und Vietnam schürten die Sorge: „Es geht schon wieder los.“

Mehr zum Thema

Damit das nicht geschieht, baut Folkerts die Brücken der Musik in die ganze Welt mit. Er selbst ist mit seinen literarisch-musikalischen Programmen zu Mikis Theodorakis, Bertolt Brecht, Paul Dessau, Hanns Eisler und vielen anderen aufgetreten in Athen und Berlin, Budapest und Hamburg, Paris und Uetersen, im Vatikan und immer wieder in seiner Wahlheimat, dem weltoffenen Wedel.

Dort ist er auch demnächst wieder zu erleben, drei Tage nach seinem 80. Geburtstag, also am Sonnabend, 26. Oktober, ab 19 Uhr im Forum des Johann-Rist-Gymnasiums. Eintrittskarten gibt es zum Preis für 22 Euro bei eventim, in der Drostei und an der Abendkasse. Der Titel des Programms ist auch die Überschrift für Gerhard Folkerts: Frieden, Freiheit – Leben.