Helgoland/Kreis Pinneberg. Touristendampfer war auf der Rückreise von Helgoland, als die Maschinen ausfielen. Was in der Nacht auf See mit Schiff und Passagieren passierte.

Ein Traumtag auf See wird mit einem Schlag zum Abenteuer mit Notlage. Auf der Rückfahrt von Helgoland Richtung Heimathafen Büsum hat das Bäderschiff „Funny Girl“ am Sonntag nicht lange nach dem Ablegen einen Maschinenausfall erlitten. Das Schiff trieb führerlos in der Nordsee.

So viel ist bekannt: Gegen 16.30 Uhr, wegen des Wasserstandes eine halbe Stunde später als üblich, hatte das mit rund 250 Passagieren besetzte Schiff seine Rückfahrt angetreten. Dann mit einem Schlag nur noch Stille aus dem Schiffsbauch.

Fähre „Funny Girl“ vor Helgoland in Notlage: Die Elektrik streikt, Maschinen sind ausgefallen

„Mit einem Mal ging gar nichts mehr; kurz nach 17.30 Uhr lief der Motor nicht mehr“, berichtet Funke-Medien-Mitarbeiter Ulf Kowitz von Bord des Havaristen. „Es hieß, dass sie einen Elektrikschaden hätten und erst einmal mit Bordmitteln versuchen würden, die Maschine wieder zum Laufen zu bringen.“

Im Detail hatte eine Schalttafel der Elektrik für den Maschinenraum ihren Dienst eingestellt. Deswegen fielen beide Generatoren aus, die Kühlung der Maschinen und somit auch die Maschinen selbst – der Notgenerator konnte keinen Strom ins Netz einspeisen.

Seenot vor Helgoland
Die Adlerfähre Funny Girl hat am frühen Sonntagabend auf dem Weg von Helgoland nach Büsum eine Motorpanne erlitten, als nichts mehr geht. Rund 250 Leute sind an Bord. © Ulf Kowitz | Ulf Kowitz

Dieser Versuch war jedoch gescheitert. „Kurz nach 18 Uhr hat uns der Kapitän informiert, dass es nicht geklappt hat und dass sie nun zwei Schlepper angefordert hätten“, gab Kowitz, der bei Prachtwetter einige Tage auf der Hochseeinsel verbracht hatte, den Informationsstand von Bord aus weiter. „Diese Schlepper sollen uns angeblich gegen 21 Uhr erreichen.“

Havarierte Helgoland-Fähre: Die Stimmung an Bord ist noch entspannt

Da die See ruhig sei und die Strömung die „Funny Girl“ ganz leicht in Richtung Helgoland zurücktreibe, sei die Stimmung an Bord entspannt, berichtete Kowitz. Der norddeutsche Humor der Besatzung trüge seinen Teil dazu bei. Kowitz: „Die haben gleich zu Beginn durchgesagt, die gute Nachricht sei, dass wir genug Bier an Bord hätten.“

Der Gerstensaft und gute Laune wurden wohl auch noch benötigt, denn wenn die Schlepper eintreffen und ihre Arbeit aufnehmen, würden, war noch nicht klar, wohin die Reise gehen sollte.

Havarierte „Funny Girl“: Wohin wird das Schiff geschleppt?

„Es heißt, dass sie uns zwar in einen Hafen bringen wollen, aber eventuell könnte Büsum dafür zu klein und eng sein“, sagte der Funke-Mann an Bord der „Funny Girl“. „Es kann uns alle möglicherweise in einen ganz anderen Hafen verschlagen.“

Mehr zum Thema

Bis dahin galt es jedoch, die Sicherheit für die Menschen an Bord aufrechtzuerhalten. Nicht einfach, da auch die Außenbeleuchtung „zweimal Rot rundum“ als Zeichen für die Manövrierunfähigkeit der „Funny Girl“ bis 20.30 Uhr ausgefallen war. Mittlerweile brannte diese essenzielle Beleuchtung wieder.

Havarie der „Funny Girl“: Als die Dunkelheit anbricht, versagt das Signallicht für „Manövrierunfähigkeit“

Wegen der prekären Beleuchtungssituation hatte sich auch der Notfallschlepper „Nordic“ von seinem Liegeplatz vor Helgoland auf den Weg zum Havaristen gemacht, um diesen auszuleuchten.

Wulf4
Die 2011 gebaute und 26 Meter lange „Wulf 4“ hat aus Cuxhaven kommend gegen 21.20 Uhr beim Havaristen ihre Position eingenommen. © Ulf Kowitz | Ulf Kowitz

„Die eigentlichen Schlepper, die uns in den Hafen bringen sollen, werden angeblich gegen 21.15 Uhr bei uns eintreffen“, gibt Ulf Kowitz die Informationen durch die Schiffsführung weiter.

Notlage der Helgoland-Fähre: Das Schiff soll zur Insel zurückgeschleppt werden

Und die Passagiere hatten auch erfahren, wie es weitergehen sollte „Die Schlepper sollen uns nach Helgoland zurückbringen“, berichtete Kowitz.

Wulf4
Knochenarbeit für die Besatzung der Wulf4 beim Herstellen der Schleppverbindung. © Ulf Kowitz | Ulf Kowitz

„Dort sollen wir dann auf den Katamaran ,Nordlicht‘ umsteigen und nach Büsum gebracht werden.“ Zu welcher Uhrzeit diese unerwartete Odyssee für die Passagiere beendet sein soll, ist noch unklar.

Wulf4
Die Verbindung steht: „Wulf 4“ hat „Funny Girl“ in Schlepp genommen. © Ulf Kowitz | Ulf Kowitz

Klar war mittlerweile, welches Schiff die „Funny Girl“ in Schlepp nehmen sollte. Die 2011 gebaute und 26 Meter lange „Wulf 4“ hatte aus Cuxhaven kommend gegen 21.20 Uhr beim Havaristen ihre Position eingenommen und stellte nun die Verbindung her. Alles unter Scheinwerferausleuchtung auf ansonsten stockfinsterer See.

Havarie der „Funny Girl“: See frischt deutlich auf, Weg nach Helgoland doch zu riskant. Neues Ziel: Büsum

Doch nichts ist so beständig wie der Wandel: Um 22 Uhr hieß das Schleppziel doch nicht mehr Helgoland. Zwar war mittlerweile auch die 13 Jahre ältere, aber vier Meter längere „Wulf 7“ beim Havaristen eingetroffen und hat eine Position an dessen Heck eingenommen, aber das ist nicht mehr genug Power für eine sichere Fahrt zum roten Felsen.

„Wir haben gehört, dass der Schlepperkapitän, der die Verantwortung hat, bei dem mittlerweile viel stärkeren Seegang ein zu großes Risiko in der Fahrt nach Helgoland sieht“, fasste Ulf Kowitz die Informationslage an Bord der „Funny Girl“ zusammen. „Nun soll es doch nach Büsum gehen, die Revierfahrt dort soll unter diesen Bedingungen deutlich unkomplizierter sein.“

Nach stundenlanger Fahrt auf der Nordsee erreichte die „Funny Girl“ – gezogen von zwei Schleppern – schließlich das Festland. Gegen 2.15 Uhr konnten die Passagiere das Schiff im Hafen von Büsum verlassen. Es dauerte rund eine halbe Stunde, bis alle von Bord waren. Die meisten der 250 Passagiere wirkten entspannt – und wollten nur möglichst schnell nach Hause. Nach Angaben der Polizei-Leitstelle Elmshorn wurde niemand verletzt.