Elmshorn. In der Nordakademie hat der Nachrichtenmann sein Rezept für mehr Frohsinn verraten. Spoiler: Humor und Hilfsbereitschaft sind dabei.
Er verliest jeden Abend als einer von fünf Tagesschau-Sprechern die aktuellen Nachrichten des Tages. Wie gelingt es da Constantin Schreiber (45) bei der Flut an negativen Schlagzeilen über Klimakrise, Ukrainekrieg oder Gaza-Konflikt seinen Optimismus zu bewahren? Diese Frage sollte Schreiber, der auch Bücher schreibt und True-Crime-Abende veranstaltet, in der Elmshorner Nordakademie beantworten.
Die Elmshorner Initiative, die 1991 von einheimischen Unternehmen gegründet wurde, um Werbung für die Krückaustadt zu machen, hatte den sendungsbewussten Journalisten dazu eingeladen. „Wer sollte es besser erklären können als jemand, der jeden Tag so viele schlechte Nachrichten verkünden muss“, brachte es Initiativ-Vize-Vorstandschef Stefan Witt auf den Punkt.
Constantin Schreiber: 230 Gäste lauschten seinen Worten im ausverkauften Audimax
Und der Tagesschau-Mann enttäuschte die 230 Gäste im ausverkauften Audimax der Elmshorner Hochschule nicht. In seinem etwa einstündigen Vortrag nahm er sie mit auf eine kleine Reise ins glücklich sein, die er auch in seinem jüngsten Buch „Glück im Unglück“ beschrieben hat. Tenor: Jeder ist seines Glückes Schmied und kann es selbst beeinflussen, wie er sich fühlt. Es sei sogar möglich, den Gemütszustand zu trainieren, verriet Schreiber das Geheimrezept und belegte es mit wissenschaftliche Studien und Selbsterfahrungen.
Die wichtigsten Mixturen einer solchen Melange für das Glücklichsein seien Humor, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit, so die Kernaussagen des Anchormans der ARD. Musik, eine sinnstiftende Betätigung und ein gewisses Maß an Gelassenheit wären weitere Zutaten des Zufriedenseins.
Das Inschallah-Prinzip hat sich Schreiber in Ägypten abgeschaut
Die Prise, alles etwas gelassener und weniger beeinflussbar zu betrachten, habe er sich in seinen fünf Jahren Arbeiten und Leben im Nahen Osten, insbesondere in Ägypten abgeschaut, sagte der studierte Jurist und Journalist. Dieses „Inschallah-Prinzip“ der Araber, das so viel wie „so Gott will“ bedeute, bringe uns jenes „Urvertrauen“ zurück, das die meisten Kinder aus behüteten Familien kennen dürften, sagte Schreiber. „Man kann nicht alles beeinflussen. Es geht trotzdem irgendwie weiter“, beschrieb er diese Haltung zu mehr Gelassenheit. „Ein permanent schlechtes Gewissen, weil man sich für alles Mögliche verantwortlich fühlt, macht uns nur unglücklicher.“
Sein eigenes Aha-Erlebnis habe er zu Hause gemacht. Seine Tochter bekam ein Elektro-Klavier und plötzlich erfasste ihn auch wieder die Leidenschaft zu spielen, erzählte Schreiber. Mehr als 20 Jahre hätte er zuvor nicht mehr Klavier gespielt, dieses Talent in seiner Jugendzeit aufgegeben. Jetzt packte es ihn wieder und es half ihm gut, die anstrengenden Corona-Lockdown-Jahre fröhlicher zu überstehen. Und tatsächlich habe die Musik von Mozart eine „heilende Kraft“, zitierte Schreiber eine Studie, die feststellte, dass sie den Blutdruck ihrer Hörer senke. „Nur Abba zeigte keinen Effekt.“
Lachen hilft, selbst wenn es unecht oder grundlos erscheint
Dass einfaches Lachen, selbst wenn es aufgesetzt und scheinbar grundlos erfolge, die Menschen glücklicher mache, beweise das Lach-Yoga, das aus Indien stammt und inzwischen eine internationale Bewegung geworden sei. Es gebe sogar Online-Kurse zum Mitmachen, führte Schreiber aus. „Es ist erwiesen, dass es funktioniert.“ Die Atmung und die Zuckungen des Zwerchfells beim Lachen würden jeden Gemütszustand aufhellen und die Leute fröhlicher machen. Man müsste nur 90 Sekunden beim Lach-Yoga durchhalten, bis es einem nicht mehr komisch vorkomme.
Sein Selbstversuch, ob anderen zu helfen, freundlich zu sein, einen glücklicher werden ließe, ging zunächst schief, berichtete Schreiber. Die Frau, der er seinen Sitzplatz in der Hamburger S-Bahn anbieten wollte, verwechselte ihn mit einem Kontrolleur, währenddessen jemand anderes seinen Platz einnahm und diesen auch mit „verpiss dich“ verteidigte, als ihm Schreiber sein altruistisches Angebot erklären wollte.
Der Tagesschau-Sprecher hat Blut gespendet und war froh darüber
Und so ging er zum Blutspenden. Nach dem halben Liter sei er zwar völlig erschöpft gewesen, erinnert sich Schreiber. „Aber ich habe mich danach gut gefühlt und war froh und stolz, dass ich es gemacht habe.
An sinnstiftender Arbeit fehlt es dem offenbar überwiegend glücklichen Tagesschau-Sprecher nicht. Sein nächstes Buch sei fast fertig, erzählte Schreiber dem Abendblatt im Vorgespräch. Dabei ginge es um den noch immer ungeklärten Tod des altägyptischen Pharaos Echnaton, verriet er.
Mit True-Crime-Stories tourt er mit einem Staranwalt durch die Lande
Das Thema passt zu seiner neuen Reihe „Angeklagt - Schuldig oder nicht?“, in der er tatsächliche Mordfälle einem größeren Publikum präsentiert. Aktuell toure er da mit dem Staranwalt Alexander Stevens, der jüngst den Sänger Gil Ofarim verteidigt hat, durch die Lande und in Flensburg (8.), Lübeck (9.) und Oldenburg (10. Oktober) Halt.
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Da ginge er um den Dreifach-Mord vom Starnberger See, als 2020 ein Jugendfreund seinen Kumpel und dessen Eltern ermordet hat. „Ich habe schon immer ein Faible für Krimis gehabt“, erklärt Schreiber. „Ich habe ja auch Jura studiert.“ Und die Zuschauer seien begeistert von spektakulären Mordfällen, hat er festgestellt.
Auch ein paar Gehemimnisse zur Tagesschau hat er verraten
Wie das nun wiederum zum Glücklich sein beitrage, verriet er nicht. Dafür gab er zwei Geheimnisse der Tagesschau preis. Den Tagesschau-Gong gebe es tatsächlich. Der stehe beim NDR im Keller und müsste jeden Abend um Punkt 8 händisch per Knopfdruck bedient werden. Und ja, auch die Tagesschau berichte inzwischen am Ende gerne über positive, gelungene Nachrichten, erklärte Schreiber auf eine Frage aus dem Publikum in der Nordakademie. „Das ist der größte Wunsch unserer Zuschauer, die uns schreiben.“