Kreis Pinneberg. Andrea Kelting ist Sachverständige und vermittelt ihr Wissen bei Spaziergängen in Pinneberg und Hamburg. Darauf sollte man achten.

Wenn diese Frau durch den Wald schreitet, hat sie den besonderen Blick. Sobald etwas aus Moos, Blättern und Ästen heraus leuchtet, schaut sie genau hin, und entdeckt Pilze fast wie Sand am Meer. Sie weiß, was schmeckt, was giftig oder heilsam ist. Ein kleiner Spaziergang durch den Liether Wald.

Andrea Kelting ist hier in Klein Nordende am Stadtrand von Elmshorn von klein auf zu Hause. Viele Menschen kennen sie und immer im Herbst wird sie besonders aktiv. Und sie strahlt pure Lebensfreude aus, wenn sie über die Waldwege schreitet. „In der Natur kann ich sofort abschalten“, erzählt die 49-Jährige.

Pilze sammeln: Eine Wiese voll leuchtender Pfifferlinge weckt die Leidenschaft

Die Leidenschaft für die Pilze ist allerdings nicht in der Heimat, sondern im Schwarzwald geweckt worden. Andrea Kelting erinnert sich an den Waldspaziergang mit dem Vater, der auf einer Lichtung einen so großen und gelb leuchtenden Pfifferlingsbestand entdeckte, sodass die Klein Nordenderin noch heute die Szene vor Augen hat.

Pilze im Wald
Bitte nur für den Eigenverbrauch suchen: zwei erfolgreiche Pilzsammlungen im Korb. © Andrea Kelting | Andrea Kelting

Wie die meisten der Pilz-Sachverständigen im Land begann alles dank des kulinarischen Interesses. Seit vielen Jahren hat sich dieser Schwerpunkt bei Andrea Kelting allerdings verschoben. Jetzt sammelt sie Pilze vorwiegend aus medizinischem Interesse.

Andrea Kelting nutzt Pilze als Heilmittel

„Ich versuche, auf Medikamente zu verzichten“, erzählt Andrea Kelting. Sie bereitet sich Tees aus Heil- und Vitalpilzen zu. „Das scheint zu funktionieren. Ich bin kaum ernsthaft krank“, berichtet die 49-Jährige.

Mit Pinnebergs Pilzsachverständiger unterwegs
Die Schmetterlingstramete stärkt aufbereitet als Tee das Immunsystem. © Michael Rahn | Michael Rahn

Andrea Kelting hat viel zu erzählen. Gern gibt sie dieses Wissen weiter. Zig Frauen und Männer haben sich ihren Führungen angeschlossen. „Dabei geht es mir nicht darum, möglichst viele Pilze zu sammeln, sondern Wissen zu vermitteln.“

Mit Gemüsenetz und kleinem Klappmesser geht es schnell auf Tour

Viele Dankesbriefe und Fotos zeugen davon, dass das Erzählte ankommt. Das fängt schon mit der Ausrüstung an: Ein kleines Klappmesser mit einer schmalen Bürste gehört dazu. „Ich empfehle zum Sammeln, Gemüsenetze zu verwenden“, sagt Andrea Kelting. „Die sind leicht und einfach in die Tasche zu stecken.

Mit Pinnebergs Pilzsachverständiger unterwegs
Die Utensilien fürs Pilzesammeln: ein Klappmesser mit Bürste und ein Einkaufsnetz. Beides passt gut in die Hosentasche. © Michael Rahn | Michael Rahn

Zudem sollte jeder beachten, im Korb oder Netz nur eine Art zu verstauen. Wenn am Ende ein giftiger Pilz in der Mischung sei, müsse sicherheitshalber alles weggeworfen werden. Denn die Sporen aus den Pilzen oder kleine abgebrochene Stücke können Verheerendes anrichten.

Bitte nur schöne Pilze sammeln

Darüber hinaus empfiehlt die Expertin, keine alten oder bereits angefaulten Pilze mitzunehmen. „Es kommt auf die Qualität, nicht die Menge an“, lehrt sie bei den Führungen.

Pilze im Wald
Es kommt auf die Qualität an, nicht auf die Menge: zwei wunderschöne, essbare Espenrotkappen. © Andrea Kelting | Andrea Kelting

Noch ein positiver Tipp: Die Pilzsucher sollten sich die Plätze merken, an denen sie fündig geworden sind. „Viele Pilze sind standorttreu“, erzählt die Sachverständige. Tatsächlich bewegt sich der Pilz unterirdisch ja nur beim Wachsen fort. „Das, was wir Pilz nennen, sind nur die Sexualorgane, die ausgebildet werden, um die Sporen weiterzuverbreiten.“

Bitte, bitte nicht auf die Apps verlassen!

Die Sachverständige bittet darum, dass jeder Pilzsucher auch möglichst nur das sammeln soll, das er auch gemeinsam mit anderen sofort verzehren kann. Und jeder sollte genau das kennen, was er sammelt.

Pilze im Wald
Maronen gehören ebenfalls zu den bevorzugten Speisepilzen. © Andrea Kelting | Andrea Kelting

Extrem wichtig ist der Sachverständigen: „Bitte keine Apps nutzen und sich niemals darauf verlassen.“ Jeder Pilz sei in der Form anders. Die künstliche Intelligenz orientiere sich wiederum nur an Äußerlichkeiten. Die dramatische Folge: Mehrere schwere Pilzvergiftungen seien auf falsche Analysen einer App zurückzuführen.

Pfifferlinge sind für Anfänger gut zu erkennen

Pfifferlinge und Steinpilze gehören zu den Pilzen, die am leichtesten zu erkennen sind und in Norddeutschland kaum Gefahr laufen, verwechselt zu werden. Champignons dagegen erfordern schon gutes Wissen. Denn unter den 60 Arten finden sich einige sehr unangenehme.

Mit Pinnebergs Pilzsachverständiger unterwegs
Unter Buchen musst du suchen! Pfifferlinge wachsen gern im Moos unter diesen Bäumen. Diese Pilze können in Norddeutschland nicht verwechselt werden und sind sehr schmackhaft. © Michael Rahn | Michael Rahn

Der Geheimtipp zum Säubern: Das Gröbste sollte mit der kleinen Bürste abgeputzt werden. Wenn feiner gewaschen werden muss, dann in einer Schüssel mit Wasser, in die zwei, drei gehäufte Löffel Mehl kommen. Andrea Kelting: „In dieser Lösung kräftig spülen und anschließend sorgfältig trocknen, am besten mit Küchenpapier oben und unten oder Handtüchern abdecken, sodass die Feuchtigkeit in zwei bis drei Stunden komplett herausgezogen wird.“

Tipp: Zum Aufbewahren Pilze am besten trocknen

Wer Pilze lange aufbewahren will, sollte sie trocknen. „Einfach in den Backofen bei 50 Grad, einen hölzernen Kochlöffel in die Ofentür klemmen, damit die Feuchtigkeit abziehen kann.“ Andrea Kelting hat sich dafür ein Dörrgerät gekauft, so kann sie Pilze auch noch nach zehn Jahren sorglos genießen.

Pilze im Wald
Ein Genuss aus der Pfanne: Austernseitlinge. © Andrea Kelting | Andrea Kelting

„Pilze können auch eingefroren werden“, erzählt die Sachverständige. Dann rät sie aber spätestens nach einem Jahr, sie zuzubereiten. „Nicht auftauen lassen, sondern tiefgefroren in die Pfanne!“

Führungen durch die Heeder Tannen

Wer jetzt Lust bekommen hat, mehr zu lernen und die Frau kennenzulernen, informiert sich über die Internetseite von Andrea Kelting. Die nächsten Termine sind am 28. September in den Heeder Tannen und am Sonntag, 29., in Barmstedt. Los geht es jeweils um 11 Uhr.

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Wie weit die Spaziergänge sind, hängt stets von den Funden ab. „Wir haben es auch schon mal geschafft, nur ein paar Meter in den Wald zu kommen, und haben dort erzählt, gezeigt und gesammelt.“ Denn nach der lehrreichen Führung sieht mancher den Wald vor lauter Pilzen nicht mehr.