Schenefeld. Was treibt Menschen in die Spielbank bei Hamburg? Was kostet es? Und wie sieht‘s drin eigentlich aus? Ein Ortstermin im Stadtzentrum.

Rien ne va plus. Nichts geht mehr, wenn beim Roulette, der Königin der Casinospiele, die Jetons auf dem Tableau liegen und der Groupier die weiße Elfenbeinkugel in das rotierende Roulette Rad geworfen hat.

Die Stimmung ist elektrisiert. Fällt die Kugel in das richtige Feld mit den Zahlen von 0 bis 36? Nehme ich heute Abend etwa den großen Gewinn mit nach Hause? Das fragt sich am Roulette Tisch des Casino Schenefeld an diesem Abend auch Heinz S. (Name geändert). Der Mann mit dem schwungvollen Schnäuzer hat auf die 17 gesetzt, den Geburtstag seiner verstorbenen Mutter.  

Casino in Schenefeld: Warum Menschen zum Glücksspiel gehen

Einmal pro Woche zieht es den Pensionär mit Frau und Freund nach Schenefeld an den Roulette Tisch. Warum das so ist? „Weil mich Zahlen interessieren“, sagt er. „Mathematik, Astronomie, das ist meins.“ So rund 100 Euro setzt er jedes Mal ein. Alles in Maßen versteht sich. Schließlich sollen die Beträge nicht zu Lasten der Rente gehen, sondern Spielen einfach nur Spaß machen. Spaß machen ihm schon jetzt die 30 Euro, die er an diesem Donnerstagabend bereits gewonnen hat.

Auch Pokerevents werden im Casino Schenefeld veranstaltet.
Auch Pokerevents werden im Casino Schenefeld veranstaltet. © Sebastian Weimar | Sebastian Weimar

Es ist 20 Uhr. Das rund 1500 Quadratmeter große Casino, täglich von zehn Uhr morgens bis nachts um drei geöffnet (außer Heiligabend und 1. Weihnachtstag) ist überschaubar gefüllt. Rund 100 Männer und Frauen spielen Poker, Black Jack und Roulette oder versuchen an den 100 Automaten ihr Glück.

Casino Schenfeld: Der Eintritt ist für jeden erschwinglich

Zwei Euro kostet der Eintritt. Die Monatskarte gibt’s für 15, die Jahreskarte für 30 Euro. Reinkommt, wer mindestens 18 ist und vorher seine Personalien hat checken lassen. Jeder, das dokumentiert die elektronische Ausweiskontrolle, der über die zentrale Sperrdatei OASIS vom Glücksspiel ausgeschlossen ist, kann gleich wieder umdrehen.

Er hat die Prüfung hinter und das Spiel vor sich: Der großgewachsene Mann, so Anfang 30, bewegt sich Richtung Kasse, holt aus seiner Crossbody Bag ein Bündel Hunderter und tauscht dieses ein gegen Jetons. Damit marschiert er direkt zum Pokertisch und begrüßt die spielfreudige Gesellschaft.  

Poker im Casino: So funktioniert das Spiel

Poker, so sei kurz erklärt, ist ein Casinospiel, bei dem Spieler auch gegeneinander antreten können. Gefordert sind Geschicklichkeit und psychologische Einschätzung des Gegners. Gespielt wird mit 52 Karten der Farben Pik, Karo, Herz und Kreuz, die für die Spielentscheidung alle gleichwertig sind. Jede Farbe hat dreizehn Karten in aufsteigender Wertigkeit: 2,3,4,5,6,7,8,9,10, Bube, Dame, König und Ass.  

Der Casino Dealer leitet und moderiert das Spiel. Ziel ist es, bis zum Ende im Spiel zu bleiben, die beste Kombination aus fünf Karten zu haben oder – bei vorzeitigem Ausscheiden der anderen Mitspieler – als letzter Spieler noch Karten zu halten. Der Gewinner erhält den Pot, sprich die Summe aller Einsätze.

2023 zogen die Spielbanken mehr als 6,8 Millionen Besucher

Der Name Casino (casa = Haus) kommt aus dem Italienischen und kann eine kleine Landvilla, ein Sommerhaus oder einen Gesellschaftsclub bedeuten. Die ersten Casinos in Europa entstanden vor rund 400 Jahren und waren dominiert vom Würfel- und Kartenspiel.

Black Jack ist ein beliebtes Spiel in Casinos.
Black Jack ist ein beliebtes Spiel in Casinos. © Sebastian Weimar | Sebastian Weimar

Das erste deutsche Casino eröffnete 1720 in Bad Ems. Weitere traditionsreiche Spielbanken wurden 1824 in Baden-Baden und 1841 in Bad Homburg gegründet. Heutzutage gibt es hierzulande rund 60 staatlich konzessionierte Spielbanken und Casinos.  Im Jahr 2023 zogen die Spielbanken mehr als 6,8 Millionen Besucher an, ein Zuwachs von rund 20 Prozent zum Vorjahr. Diese Steigerung führte zu einem Bruttospielertrag von rund 1,3 Milliarden Euro.

Spielbank: Chefin im Casino kommt aus Travemünde

Und damit zurück an die Spieltische des im Einkaufszentrum Schenefeld beheimateten Casinos, für das Jessica Barke seit Anfang 2013 als Direktorin verantwortlich ist. Die gebürtige Kielerin und gelernte Schifffahrtsfrau ist Quereinsteigerin im Spielbankgeschäft. Die 54-Jährige startete zunächst in der Spielbank SH GmbH, die als Muttergesellschaft fünf Casinos in Schleswig-Holstein betreibt. Mit 35 Jahren übernahm sie die Casinoleitung in Travemünde. Als das nach Lübeck wechselte, zog es die Frau mit den blonden schulterlangen Haaren in das Schwester-Casino nach Schenefeld. 

Jessica Barke, Direktorin des Spielcasino Schenefeld
Jessica Barke, Direktorin des Spielcasino Schenefeld © Spielcasino Schenefeld | Spielcasino Schenefeld

Und das bekam 2015 von der Hamburger Designerin Ulrike Krages ein ordentliches Facelift hin zu mehr Exklusivität, zu Coolness und Loft-Chic. Mit Europas größter Indoor-Video-Projektionsfläche, die sich über die gesamte Glaskuppel erstreckt.

Etwa 120.000 Besucher kommen pro Jahr ins Casino Schenefeld

120.000 Besuche zählt das Casino jährlich bei einem Bruttospielertrag von 20 bis 25 Mio. Euro. Eine elegante ältere Dame in Rosa holt einen Hunderter aus der Designerhandtasche und tauscht ihn direkt am Roulette Tisch ein gegen Jetons. Neben sie gesellt sich ein junger Mann in hellblauen Shorts. Kurze Hose im Casino?

„Ja“, sagt Jessica Barke. In den Sommermonaten zwischen Juni und August sei dies erlaubt. Die sind ja jetzt nun rum. Trotzdem fragen wir generell mal nach bei der Pinneberger Stil- und Imageberaterin Maike Lassen: „Elegant oder Casual – was ist Ihrer Meinung nach der perfekte Look fürs Spielcasino?“

„Kurze Hosen sind nicht gleich kurze Hosen“, sagt die Expertin. „Falls Sie diesem gelockerten Dresscode folgen möchten, dann tragen Sie unbedingt einfarbige hochwertige Chino-Shorts in einer gedeckten Farbe. Dieses sind elegante klassische Herrenshorts, in denen Sie auch im Casino eine gute Figur machen. Als Schuh empfehle ich dafür einen Loafer (Halbschuh mit flachem Absatz, d.Red.).“

Besuch in der Spielbank: Das ist die Dresscode-Empfehlung

„Wenn Sie unsicher sind“, so Lassen weiter, „ist es immer sicherer, Smart Casual zu tragen, um sicherzustellen, dass Sie den Anforderungen entsprechen. Im Zweifelsfall gilt: Lieber Overdressed, anstatt Underdressed!“

Will heißen: Ein Kleid ist erlaubt, aber kein Muss. Auch mit dem Make-up braucht Frau nicht zu geizen. Ob es auch hohe Absätze sein müssen, sollte jede für sich entscheiden. Je nach Casino darf es auch gerne eine gepflegte Jeans mit einer edlen Bluse kombiniert samt stilvollen Accessoires sein.

Wichtiger als der Anzug im Casino: gutes Benehmen

Und die Herren? „Ein Smoking oder Frack muss heutzutage nicht mehr sein. Mittlerweile verzichten viele sogar auf Krawatte und Sakko“, sagt die Modeexpertin. Doch ein wenig Stil sollte sein. „Mit einer gedeckten Stoff- oder gepflegten Baumwollhose, Lederschuhen und einem schönen Hemd, dazu ein Sakko mit passendem Einstecktuch macht Mann nichts falsch.“

Das Casino Schenefeld liegt im Westflügel des Shopping Centers Stadtzentrum Schenefeld
Das Casino Schenefeld liegt im Westflügel des Shopping Centers Stadtzentrum Schenefeld © Sebastian Weimar | Sebastian Weimar

Kleider machen Leute - aber wenn es mit der Etikette nicht klappt, nützt auch das stilvollste Outfit nichts. „Seien Sie deshalb höflich und freundlich“, sagt Lassen. „Drängeln Sie sich nicht an den Tischen vor, fluchen Sie nicht, wenn Sie verlieren. Ein kleines Trinkgeld hier und dort ist ebenfalls angebracht.“     

Spielsucht: Casino-Leiterin sagt, Spielschutz sei ein wichtiges Thema

Mittlerweile ist es 21.30 Uhr im Casino Schenefeld, das sich weiter füllt. Rund 700 Spielfreudige tummeln sich hier in Spitzenzeiten an Tischen und Automaten. Die Freude am Spiel ist das eine – die Sucht danach das andere. Die Zahlen lassen aufhorchen: 4,6 Millionen Erwachsene in Deutschland sind Experten zufolge spielsüchtig oder zeigen erste Symptome dafür. Das geht aus dem „Glücksspielatlas 2023“ hervor, den der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert vorstellt hat. Demnach leiden rund 1,3 Millionen Menschen an einer sogenannten Glücksspielstörung.

Dazu befragt, sagt Casino Direktorin Barke: „Spielerschutz ist für uns ein sehr wichtiges Thema. All unsere Mitarbeiter sind auch darin geschult zu reagieren, wenn sie den Verdacht einer Spielsucht bei einem Gast vermuten. Wenn es öfter vorkommt, dass ein Gast mehr Geld verloren hat als er wollte, er aber immer wieder sehr emotional nachlegt, dann sprechen wir ihn an.“

Casino Schenefeld hat 108 Mitarbeiter - weitere werden gesucht

Es werde ihm in diesem Fall angeraten, sich im eigenen Interesse sperren zu lassen und idealerweise eine Therapie zu beginnen. „In den allermeisten Fällen sind die Gäste uns dankbar dafür und lassen sich freiwillig sperren. Wenn die Einsicht allerdings nicht erfolgt, dann haben wir keine andere Möglichkeit, als eine Sperre auszusprechen.“ Und die gelte dann natürlich für alle Spielbanken in Deutschland.

Hier in Schenefeld mit seinen 108 Mitarbeitenden wird übrigens noch Verstärkung fürs Team gesucht. „Gern Studenten für Rezeption, Bar oder Service“, sagt Barke.  Im September startet die zehntägige Ausbildung zum Poker Dealer. Bewerbungen gern an jessica.barke@casino-sh.de

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Abschlussfrage an die Direktorin: „Spielen Sie auch?“  „Ab und zu, so 100 oder 200 Euro“, sagt Barke.  „Am liebsten Black Jack. Hab‘ ich 100 Euro raus, freue ich mich und hör dann auf.“ Das tut auch Heinz S., der Pensionär vom Roulette Tisch. Nächste Woche steht er wieder hier, wenn es heißt: Machen Sie ihr Spiel.“ Vielleicht bringt ihm dann seine Lieblingszahl 17, die heute nicht gewonnen hat, endlich einmal Glück.  

So richtig Glück hatte vor zwei Jahren ein Student. Der räumte den Jackpot am Automaten ab und nahm satte 270.000 Euro mit nach Hause.

    
schenefeld.casino-sh.de

Wichtiger Hinweis zur Suchtprävention:

Sie interessieren sich für Suchtprävention und möchten gerne weitere Informationen zum Thema Spielsucht erhalten? Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bietet Ihnen hierzu wichtige Informationen. Die Internetseite der BZgA erreichen Sie unter der Adresse: www.bzga.de. Außerdem möchten wir Sie auf das Online-Angebot www.check-dein-spiel.de der BZgA hinweisen, wo Sie neben Informationen zu Sportwetten auch einen Selbsttest und das Beratungsprogramm „Check out„ finden - zur Verhaltensänderung bei problematischem Glücksspielverhalten. Des Weiteren bietet die BZgA eine kostenfreie Telefonberatung zur Glücksspielsuchtprävention an unter der Rufnummer: 0800 - 137 27 00. Des Weiteren möchten wir Sie gerne auf die folgenden Online-Informationen aufmerksam machen: www.bundesweit-gegen-gluecksspielsucht.de, www.akspielsucht.de, www.gluecksspielsucht-nrw.de