Wedel. Die Männer standen bereits direkt nach der Tat im Fokus der Ermittlungen. Warum es einen Monat gedauert hat, bis sie in Haft kamen.

Nach der Messerattacke auf einen Dozenten der Volkshochschule Wedel sind Haftbefehle gegen vier Männer erlassen worden. Die Brüder im Alter von 17, 19 und 21 Jahren sollen den VHS-Sprachlehrer Hisham A. (67) am 19. Juli auf dem Parkplatz vor dem Gebäude der Volks- und Musikschule an der ABC-Straße in den Hals gestochen und schwer verletzt haben.

Die Mitglieder einer syrischen Familie waren bereits am Nachmittag des Tattages von der Polizei in Wedel vorläufig festgenommen worden. Nur zweieinhalb Stunden nach der Bluttat, die die Polizei als versuchten Mord einstuft, schien der Fall geklärt.

Attacke auf VHS-Lehrer in Wedel: Verdächtige kamen zunächst wieder frei

Dann kam es jedoch zur Kehrtwende. Die Ermittler der Mordkommission mussten noch am Tattag sowie einen Tag nach der Attacke alle Verdächtigen wieder freilassen. Keiner von ihnen hatte seine Beteiligung eingestanden, das schwer verletzte Opfer konnte den Angreifer nicht genau benennen.

„Uns fehlt der konkrete Tatverdacht“, sagte zu diesem Zeitpunkt Polizeisprecherin Merle Neufeld. Und ohne den würde kein Richter der Welt einen Haftbefehl ausstellen. Aus diesem Grund verzichtete die Staatsanwaltschaft auf eine richterliche Vorführung der Verdächtigen, sie kamen wieder frei.

Wedel am 19. Juli: Nach dem Angriff auf einen VHS-Dozenten sperrt eine Polizistin den Tatort ab.
Wedel am 19. Juli: Nach dem Angriff auf einen VHS-Dozenten sperrt eine Polizistin den Tatort ab. © Florian Sprenger/Westküstennews | Florian Sprenger/Westküstennews

Seit der Attacke liefen jedoch die Ermittlungen der Mordkommission auf Hochtouren weiter. Zeugen wurden befragt, das Opfer nochmals vernommen, bei den Verdächtigen beschlagnahmte Beweismittel ausgewertet. Letztlich erhärtete sich der Verdacht gegen die Brüder.

Aufgrund der Ermittlungsergebnisse bejahte die Staatsanwaltschaft nun einen dringenden Tatverdacht – und zwar gegen alle vier Männer. Zwei von ihnen sind 21 Jahre alt, die beiden übrigen 17 beziehungsweise 19. Ihnen wird nun versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen.

VHS-Lehrer in Wedel attackiert: Brüder haben Mordmerkmal der Heimtücke verwirklicht

Das Mordmerkmal der Heimtücke kommt dabei in Betracht. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin in der vergangenen Woche Haftbefehle gegen die vier Männer. Alle konnten am Mittwochvormittag festgenommen und am gleichen Tag einer Haftrichterin am Amtsgericht Itzehoe vorgeführt werden.

„Unsere umfangreiche Ermittlungen haben einen dringenden Tatverdacht gegen alle vier Männer ergeben. Wir werfen ihnen vor, den versuchten Mord gemeinschaftlich begangen zu haben“, so Peter Müller-Rakow, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe. Es bestehe der Verdacht, dass jeder „einen eigenen Beitrag zur Tat geleistet hat“.

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Das Mordmerkmal der Heimtücke sei deshalb begründet, weil das Opfer zum Zeitpunkt der Attacke arg- und wehrlos war. Müller-Rakow: „Die Täter haben den Überraschungsmoment ausgenutzt.“

Der 67 Jahre alte Hisham A., der als ehrenamtlicher Sprechlehrer an der VHS Wedel fungiert, wurde im Bereich des Halses – offenbar mit einem Messer – attackiert. Das Opfer und die mutmaßlichen Täter sollen sich flüchtig gekannt haben. Näheres ist dazu nicht bekannt. Dem Tornescher geht es inzwischen besser, er konnte die Klinik schon vor längerer Zeit verlassen.

Wedel
Das Opfer Hisham A. (r.) wurde im Januar 2024 vom damaligen Wedeler Bürgermeister Gernot Kaser für sein ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet. © Stadt Wedel/Sven Kamin | Stadt Wedel/Sven Kamin

Hisham A. unterrichtet seit 2016 bei der Volkshochschule Wedel zweimal in der Woche ehrenamtlich arabischsprachige Flüchtlinge in deutscher Sprache. Er hatte sich nach der Attacke schwer verletzt ins Gebäude geschleppt, wo zwei Mitarbeiterinnen der Stadt die Erstversorgung übernahmen.

Er arbeitet bei seinem Engagement in Wedel häufig mit großen Gruppen, vor allem mit Analphabeten und Zweitschriftlernenden, die ohne ihn kaum Zugang zu Sprache hätten. Für sein ehrenamtliches Engagement wurde der 67-Jährige im Januar dieses Jahres beim Neujahrsempfang vom damaligen Bürgermeister Gernot Kaser mit einer Ehrennadel der Stadt ausgezeichnet. Hisham A. lebt laut den Angaben der Polizei nicht in Wedel, sondern wohnt in Tornesch.

Stadt prüft Möglichkeiten, wie ihre Mitarbeiter besser geschützt werden können

Bereits kurz vor der Bluttat war im Rathaus der Stadt diskutiert worden, ob die Sicherheitsvorkehrungen für die Mitarbeiter städtischer Einrichtungen noch ausreichend sind. Inzwischen werden verwaltungsintern Möglichkeiten geprüft werden, wie die Sicherheit durch technische oder personelle Maßnahmen erhöht werden kann.