Ellerhoop. Dieter Kröhnert hat bei acht Olympischen Spielen die Pferde der deutschen Reitstars beschlagen. Warum er diesmal nicht dabei sein kann.
Wenn es darum geht, heiße Eisen in den Griff zu bekommen, macht niemand Dieter Kröhnert etwas vor. Der Ellerhooper ist Hufschmied von internationalem Ruf und zählt weltweit zu den Besten seines Fachs. Seine Expertise prägte die Laufbahn des 69-Jährigen; man kann sie mit Fug und Recht als Karriere bezeichnen. Er begleitete die deutsche Reiterelite bei acht Olympischen Spielen, war bei zwölf Welt- und Europameisterschaften im Einsatz.
Kröhnert erkennt genau, wo einem Pferd der Schuh drückt, und schafft Abhilfe. Das macht er bei mehrere Millionen Euro teuren Spring- und Dressurpferden ebenso wie beim störrischen Pony aus einem Hof in der Nachbarschaft. Elitäres Denken ist dem Hufschmied aus Leidenschaft fremd, es geht ihm allein um das Tierwohl. Denn ohne passgenaue, in Maßarbeit gefertigte Eisen läuft im Reitsport buchstäblich alles schief. Am Anfang seiner Arbeit steht die Diagnose.
Hufschmied: Mit Erfahrung und Augenmaß passt Kröhnert die Hufeisen millimetergenau an
Auf seinem von Weiden umsäumten Hof in Ellerhoop hat er einen Laufsteg für seine vierbeinigen Patienten angelegt, es geht im Schritt 50 Meter geradeaus und im Trab wieder zurück. „Mit der Wendung beurteilen mein Team ich das Abfußen und Auftreten. Ich erkenne anhand von Verspannung, Fehlstellung oder Veränderung, wo der Huf Schmerzen verursachen könnte“, sagt Kröhnert. Dann wird das neue Hufeisen auf 800 Grad erhitzt, mit dem Schmiedehammer auf dem Amboss geformt und millimetergenau angepasst.
Sein erster internationaler Einsatz war 1990 bei den Weltreiterspielen in Stockholm. Es folgten Welt- und Europameisterschaften und als Krönung die Olympischen Spiele in Barcelona (1992), Atlanta (1996), Sydney (2000), Athen (2004), Hongkong (2008), London (2012), Rio de Janeiro (2016) und Tokio (wegen Corona auf 2021 verschoben).
Olympia in Tokio: An 2021 hat Hufschmied Kröhnert keine guten Erinnerungen
Keine schönen Erinnerungen hat der Meisterschmied an Tokio. „Wegen Corona durften wir das olympische Gelände nicht verlassen, da kam keine Stimmung auf.“ Ganz anders in Sydney. „Es war toll, die Kollegen dort haben uns zauberhafte Ecken gezeigt, die kein Tourist zu sehen bekommt.“
London 2016 hat dem Fachmann am besten gefallen. „Da haben sich selbst die Polizisten mit gefreut und mitgefiebert. Die haben sogar mit uns einen getrunken.“ Das klingt nach ein bisschen gut bezahltem Urlaub, war es aber keineswegs. „Ich war immer bei allen Wettbewerben mit der Erste in der Stallgasse und auch in den späten Abendstunden für die deutsche Equipe auf Abruf bereit“, sagt Kröhnert.
Die Gesundheit: Wegen einer Krebserkrankung muss Dieter Kröhnert für Olympia 2024 passen
Bei den Olympischen Spielen in Paris, die vom 26. Juli bis zum 11. August ausgetragen werden, ist der 69-Jährige indes nicht mehr dabei. Eine tückische Krebserkrankung hat den großgewachsenen Mann mit den prankenartigen Händen viel Kraft gekostet. Doch in den Ruhestand zu gehen, ist für Kröhnert keine Option. „Die Arbeit ist mein Leben, ich brenne für meinen Beruf.“
Allerdings macht er keine Hausbesuche mehr. Wer sein Pferd von Kröhnert behandelt haben will, muss zu ihm auf den Hof in Ellerhoop kommen. Dort begleitet ihn sein sieben Jahre alter Deutscher Schäferhund Sam auf Schritt und Tritt und behält alles im Blick. Dort sind in einer großen Scheune Kröhnerts 15 eigene Pferde untergebracht, darunter das Shetlandpony Hans im Glück; Kröhnert hat es vor dem Schlachthof gerettet und aufgepäppelt.
Familienbande: Beide Söhne haben sich der Arbeit mit Tieren verschrieben
Die Leidenschaft für Pferde hat der 69-Jährige seinen Söhnen vererbt; beide sind in der Branche tätig. Alexander George (37) arbeitet heute als Tierarzt in Appen in der Pferdeklinik Sanakena; der jüngere Sohn Timothy (29) hat in Österreich eine Ausbildung zum Hufschmied absolviert. Er arbeitet bei seinem Vater und wird die Schmiede nach und nach ganz übernehmen.
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Dieter Kröhnert, selbst früher als Springreiter unterwegs, liebt es, auch jenseits des Sattels mobil zu sein. Sein Alltagsauto ist ein riesiger US-Pick-up Ford F 250 Super Duty. In der Scheune steht ein liebevoll restaurierter, 65 Jahre alter Oldtimer-Traktor der Firma Kramer. Wenn Kröhnert mal schnell in die Hufe kommen will, steigt er in sein rotes Porsche 911 Carrera 2 Cabrio mit getuntem 300-PS-Motor, Baujahr 1992. „Aber nur selten und bei schönem Wetter, für alles andere ist er zu schade und zu wertvoll.“
Und einen Wagen mit unvergleichbarem Wow-Faktor besitzt er auch: Es ist ein VW Käfer aus dem Jahr 1972, ein Komplettumbau des Tuningspezialisten Remmele Motorsport. Der Wagen hat ein spezielles Sportfahrwerk, innenbelüftete Scheibenbremsen, Kotflügelverbreiterungen, einen riesigen Porsche-Heckspoiler, der glatt als Pommes-Theke durchgehen könnte, und ist 150 PS stark. Alles ist vom TÜV abgenommen. „In dem bin ich schon mit Tempo 180 über die Autobahn geknallt“, sagt Dieter Kröhnert. „Da geht noch mehr, aber ich will es nicht ausreizen.“