Elmshorn. Schleswig-Holstein vergibt den Betrieb der Regionalbahnnetze neu. Für Pendler soll sich einiges verbessern. Wer erhält den Zuschlag?
Schreck und Aufregung um die geplante – und teilweise zurückgenommene – Verlängerung der S-Bahn-Taktung zwischen Pinneberg und Hamburg sind noch nicht ganz abgeklungen, da bahnen sich schon neue Entwicklungen mit Auswirkung auf den Bahnverkehr im Kreis Pinneberg an. Doch dieses Mal könnten die Fahrgäste der Nordbahn und der Deutschen Bahn aus der Region, insbesondere diejenigen, die aus Elmshorn, der größten Stadt im Kreis Pinneberg, die Fahrt nach Hamburg antreten, von den Neuerungen profitieren.
Das Land Schleswig-Holstein hat den Betrieb des Bahnverkehrs in den Netzen Mitte und Süd-West neu ausgeschrieben. Die laufenden Verträge enden 2027. Für die Zeit danach wünscht sich das Land neue Verkehrsunternehmen, die den Personenverkehr auf den bisherigen Strecken zwischen Kiel/Flensburg/Tinglev (Dänemark) und Hamburg (zurzeit die RE 7 und RE 70 der DB Regio) sowie zwischen Wrist/Itzehoe und Hamburg (zurzeit RB 61/RB 71 der Nordbahn) übernehmen. Die neuen Verträge sollen für mindestens zwölf Jahre gelten.
HVV: Qualität und Nachfrage sollen gesteigert werden – bleibt die Nordbahn am Ball?
Ziel der Neuausschreibung sei unter anderem die Steigerung von Qualität und Nachfrage. Das Netz deckt etwa 40 Prozent des Schienenverkehrs in Schleswig-Holstein ab, gemessen in Personenkilometern. Künftig sollen die Netze Mitte (RE 7 Hamburg–Kiel/Flensburg/Tinglev und RE 70 Hamburg–Kiel) und Süd-West (RB 61 Hamburg–Itzehoe/Heide sowie RB 71 Hamburg–Wrist/Kellinghusen) fünf Millionen beziehungsweise 2,1 Millionen Zugkilometer umfassen.
Und hier kommt auch Elmshorn verstärkt ins Spiel. Mit der geplanten Verlegung des Bahnhofs Altona nach Diebsteich und dessen für 2027 vorgesehener Inbetriebnahme ist eine Verlängerung der RB-Linie 71 über Hamburg-Altona hinaus bis zum Hamburger Hauptbahnhof geplant. Damit gäbe es dann vier Verbindungen pro Stunde von Elmshorn zum Hamburger Hauptbahnhof.
Pendler von und nach Elmshorn könnten von der Veränderung profitieren
Der Nutzen für Menschen aus Elmshorn und dem Umland der Krückaustadt liegt auf der Hand. Pendler könnten flexibler und genauer ihre Verbindungen planen, genutzte Züge wären voraussichtlich weniger ausgelastet, der Fahrkomfort stiege an. Weitere Veränderungen: Die RB 71 würde voraussichtlich 2027 nach Kellinghusen verlängert werden; mit der Elektrifizierung der Strecke Heide–Itzehoe ginge auch die heutige RB 62 ins Netz Süd-West über, was zusätzliche 0,9 Millionen Zugkilometer bedeutet.
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Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen betont die Bedeutung dieses Schrittes: „Der Verkehr in diesem Bahnnetz ist ein Schlüsselfaktor für den Erfolg der Mobilitätswende im Norden, weil die meisten Menschen in Schleswig-Holstein mit der Bahn unterwegs sind. Die Ausschreibung ermöglicht uns, wichtige Projekte aus dem Landesnahverkehrsplan umzusetzen, mit denen wir die Mobilitätsbedürfnisse weiterer Fahrgäste erreichen können.“ Der Zuschlag für den Netzbetrieb soll gegen Ende des Frühjahrs 2025 erfolgen.
Neue Züge: Betreiber des Bahnverkehrs müssen diese dann mieten
Um zu gewährleisten, dass der künftige Personenbahnverkehr auch unter zeitgemäßen Bedingungen und Qualitätsaspekten erfolgt, haben Land und NAH.SH bereits neue elektrische Triebzüge für beide Netze beschafft. Die Verkehrsunternehmen, die den Zuschlag erhalten, werden vertraglich verpflichtet, diese Züge zu mieten. Hersteller Alstom soll die Fahrzeuge über einen Zeitraum von 30 Jahren warten. Die 42 neuen Triebzüge werden barrierefrei sein und über WLAN und Steckdosen verfügen.
Noch ein Faktor zur Komfortsteigerung: Die Fahrgäste sollen schon vor Einstieg in den Zug sehen können, wie die Auslastungssituation im jeweiligen Wagen ist. Die Wagen sollen genug Platz bieten, um den Zielen der Verkehrswende gerecht zu werden. Die 23 Triebzüge, die im Netz Mitte eingesetzt werden sollen, werden zudem tauglich für den Verkehr in Dänemark ausgerüstet sein.
Das Vergabeverfahren für die Netze Mitte/Süd-West
Das laufende Verfahren ist einer von drei Schritten für die Vergabe der Aufträge zur Umsetzung des neuen Betriebs der Netze Mitte / Süd-West.
Im ersten Vergabeverfahren haben Land und Nahverkehr in Schleswig-Holstein (NAH.SH) ein Unternehmen gesucht, das Triebzüge liefert und diese für den Zeitraum von 30 Jahren wartet. Den Zuschlag dafür hat im Juli 2023 Alstom erhalten. Alstom liefert 42 neue Triebzüge des Typs Coradia Max.
In einem zweiten Vergabeverfahren suchte die NAH.SH im Auftrag des Landes einen Fahrzeugvorhalter, der die neuen Züge finanzieren soll. Die Ausschreibung wurde mittlerweile aufgehoben, weil keine Angebote vorlagen. Das Land strebt hierfür nun die Gründung eines Landesfahrzeugpools an.
Als dritte Stufe startet jetzt die im Artikel beschriebene Vergabe des eigentlichen Eisenbahn-Betriebs.