Pinneberg. Elite des Reitsports trifft sich in Hamburg: Wie Nisse Lüneburg und andere Könner aus dem Kreis auf das Großereignis blicken.

Weltweit blicken Pferdesportler, Züchter und Fans auf das Hamburger Derby, das seit Mittwoch in Klein Flottbek bis zum Finale am Sonntag ausgetragen wird. Das Ziel ist hoch, an fünf Tagen will der Veranstalter insgesamt 100.000 Besucher erreichen, davon allein 22.500 am Finaltag – plus Medienübertragung.

Unter den Teilnehmern sind Weltklasse-Springreiter aus der Reiterhochburg Kreis Pinneberg wie Nisse Lüneburg aus Hetlingen, Janne Friederike Meyer-Zimmermann aus Waldenau vom Hof Waterkant, die gerade von der Global Champions Tour aus Shanghai erfolgreich zurückkommt, und der zweifache Derby-Sieger Carsten-Otto Nagel.

Derby in Hamburg: Dreifach-Sieger Nisse Lüneburg startet nur in der Youngster-Tour

Der dreifache Derbysieger Nisse Lüneburg hat für die ganz große Tour mit dem international berühmten Großen Wall momentan keinen Favoriten am Start, dafür sattelt er den acht Jahre alten Wallach Chill Out aus der eigenen Zucht und seine zehn Jahre alte Stute Mireille Mathieu.

Theoretisch kann jeder Teilnehmer den Titel ergattern, in der Praxis sieht das allerdings komplett anders aus. Denn es braucht speziell ausgebildete und erfahrene Pferde, um den sehr anspruchsvollen Parcours zu meistern. Mit seinen jungen Nachwuchspferden hat Nisse Lüneburg keine Chance, etwa den Großen Wall oder Pulvermanns Grab fehlerfrei zu passieren. Deshalb hat der 34-Jährige seine Vierbeiner für die Youngster-Tour angemeldet.

Nisse Lüneburg ist nach einem Jahr im niederländischen Stall von Jan Tops heimgekehrt

Mit der Rückkehr auf den Hetlinger Hof Idenburg seiner Eltern Jan und Karin Lüneburg und seines Bruders Rasmus hat der exzellente Springreiter einen Schlussstrich unter seinen Auslandsaufenthalt gezogen. Zuvor war er ein Jahr lang im holländischen Volkenswaard bei Jan Tops im Stall. Der 63-Jährige ist Chef und Gründer der Global Champions Tour, die internationale Topreiter mit hohen Preisgeldern an die Hotspots Cannes, Stockholm, Paris, Monaco, Madrid, London und nach Shanghai locken. Nur in Deutschland läuft es anders mit der Champions Tour.

Zufall ist das nicht, auf dem Dorf in Riesenbeck/Westfalen hat Ludger Beerbaum ein Reitsport-Imperium aufgebaut. Der ICE-Zug hält dort nicht, bedeutet für junge Nachwuchsreiter, die mal gucken wollen, wie und was da so läuft, ist es eine Sackgasse. Dort treten dann Superreiche wie Reederei-Erbin Athina Onassis, Bill-Gates-Tochter Jennifer, Georgina Bloomberg und Jennifer Springsteen, Tochter des US-Rockstars Bruce „the Boss“ Springsteen an.

Nisse Lüneburg lernt in Volkenswaard ganz neue wirtschaftliche Dimensionen kennen

Wirtschaftlich und sportlich dreht es sich um einen 36 Millionen-Euro-Etat, der nur für die Preisgelder vorgesehen ist und Springreiter elektrisiert. „Ich habe bei Jan Tops viel gelernt und wertvolle Erfahrungen gesammelt“, sagt Nisse Lüneburg. „Der Betrieb in Volkenswaard hat eine ganz andere wirtschaftliche Dimension.“

Nisse
Nisse Lüneburg aus Hetlingen trainiert nun den Nachwuchs für größere Aufgaben im anspruchsvollen Parcours von Klein Flottbek. Der Platz hat seine Tücken. © Melanie Mallon | Melanie Mallon

Aus Hamburger Sicht bedauerlich: Der Vertrag mit dem Derbyveranstalter Volker Wulff ist vor zwei Jahren ausgelaufen, und damit ist Klein Flottbek nicht mehr Station der Global Champions Tour. Der Faktor „internationaler Glamour“ fehlt. Vielleicht kommt der Glanz mit der neuen Ausrichtung zurück. Denn für 2025 wird sich einiges verändern, die Familie Rath-Linsenhoff aus Kronberg im Taunus übernimmt in Zukunft die Turnierausrichtung in Klein Flottbek.

Auch Springreiter Lars Bak Andersen ist am Start, Felix Kneese geht ins Dressurviereck

Im Dressursport ist die Familie mit dem sagenumwobenen Hengst Totilas mit Schlagzeilen noch bekannter geworden. Ann Kathrin Linsenhoff kennt den Sport aus ihrer Kindheit und schaffte es bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul aufs Siegerpodest. Der Führungswechsel könnte ein Gewinn für das Hamburger Derby werden.

Zurück nach Pinneberg. Da dreht es sich bei der Familie Lüneburg um den Springsport. Für die Youngster Tour hat sich ebenfalls die Amazone Janne Friederike Meyer-Zimmermann aus Waldenau mit drei Pferden angemeldet. Mit dabei ist zudem Springreiter Lars Bak Andersen. Für die Dressur ist Felix Kneese aus Appen mit San Simeon am Start.

Training auf Rasen ist mit Blick aufs Derby sehr angeraten

Was im Parcours auf dem Grasplatz so leichtfüßig aussieht, ist tatsächlich harte Arbeit. „Viele Veranstalter haben nur noch Sandplätze; gute Grasplätze zu finden, ist mühselig, aber absolut ratsam, wenn man beim Derby eine Schleife haben möchte“, sagt Nisse Lüneburg.

Sein Bruder Rasmus wird eine wichtige Stütze sein. „Wir haben ein ganz klares System erarbeitet, Rasmus bildet unsere Pferde im Springsport aus, wenn die Grundzüge stimmen, bringe ich die nächste Generation mit sechs oder sieben Jahren international an den Start“, sagt Nisse Lüneburg. Eine Win-win-Situation. Absprachen beim Einsatz der zwölf Zuchtstuten gehören im Team dazu. Fachwissen ist bei der Anpaarung Trumpf.

Die Brüder Lüneburg spekulieren schon auf die kommende Fohlengeneration

Rasmus hält ein erst drei Wochen altes Fohlen für das beste im Familienstall; Nisse hält dagegen und meint, seine Schwester Jule habe eventuell das bessere Fohlen. „Es ist mit jungen Pferden immer eine Überraschung, wenn der erste Sattel auf dem Rücken liegt“, sagt Rasmus. Mit Freude beobachtet er die Entwicklung seines selbst gezogenen vier Jahre alten fuchsfarbenen Hengstes Deichkind. Der Hoffnungsträger gehört nun dem Holsteiner Verband in Elmshorn und wird für die Zucht und den Sport eingesetzt.

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„Zum Glück sind die Wege kurz, ich werde auf jeden Fall den sportlichen Weg meines ersten Hengstes Deichkind beim Holsteiner Verband verfolgen“, sagt der junge Familienvater. Und alle Großen im Reitsport haben mal klein angefangen.

Töchterchen Frieda versucht sich schon mit drei Jahren im Sattel

Die nächste Generation der Familie Lüneburg steigt jetzt im zarten Alter von drei Jahren in den Sattel: Frieda. Die Tochter von Rasmus übt auf dem 26 Jahre alten Schimmel-Pony Robbie. In der charmanten Kindersprache wird aus Frieda flott Ida. Rasmus‘ Sohn Emil (5) hält sich dagegen noch etwas zurück; mal abwarten, wann er in Sachen Reiten auf den Geschmack kommt.

Weitere Teilnehmer aus der Region: Paula de Boer-Schwarz, Simon Heineke, Janne Friederike Meyer-Zimmermann, Carsten-Otto Nagel; Dressur: Felix Kneese. Zeiteinteilung und TV-Übertragung: www.engarde.de