Ellerbek. Oberligateams des TSV Ellerbek haben Saison beendet. Männer sind Dritter. Warum den Frauen ein Neustart in der Hamburg-Liga bevorsteht.

Diese Auswechslung ist eine ganz besondere. Als Trainer Nico Kibat 50 Sekunden vor Ende der Handball-Oberligapartie des TSV Ellerbek gegen den FC St. Pauli (39:26) seinen Spielmacher Arne Schneider von der „Platte“ holt, da gibt es Szenenapplaus. Und auch das Abklatschen mit seinen Mitspielern wird diesmal durch die ein oder andere Umarmung ergänzt.

Ein letztes Mal voller Einsatz: Arne Schneider sorgt für Action am Wurfkreis des FC St. Pauli.
Ein letztes Mal voller Einsatz: Arne Schneider sorgt für Action am Wurfkreis des FC St. Pauli. © Ulrich Stückler | Ulrich Stückler

Ein wenig Emotion ist auch angebracht – gut möglich, dass der 36-Jährige aus Hamburg-Uhlenhorst zum letzten Mal ein Handballfeld verlässt. Wenn es nach der aktuellen Gemütslage des Rechtshänders geht, dann könnte dieser letzte Spieltag der Oberligasaison 2022/2023 der erste Tag von Arne Schneiders Handballrente sein.

Handball Oberliga: Arne Schneider kann sich ein Leben ohne Handball vorstellen

Wirklich? Rente? Nie mehr Handball? Ein Handballer kann es doch nicht wirklich ganz und gar bleiben lassen? „Ja, das hat mir irgendwie an dem Tag so ziemlich jeder einzureden versucht; aber ich glaube schon, dass ich das kann – wie gut, das werde ich dann sehen“, sagt Schneider mit einem Schmunzeln. „Ich muss wirklich sagen: Diese Entscheidung ist über das ganze Jahr hinweg gereift. Ich habe die Lust daran verloren und habe auch irgendwie die Kraft nicht mehr. Also habe ich für mich gesagt: Hier ist Schluss.“ Was der drittligaerfahrene Routinier aber keinesfalls so verstanden wissen möchte, dass er den Gang vor drei Jahren von der HG Hamburg-Barmbek nach Ellerbek ganz oder in Teilen bereut hat.

In Ellerbek wollten Schneider und Florian Knust nochmal „richtig anpacken“

Im Gegenteil. „Das war ja damals eine bewusste Entscheidung von unserem Keeper Florian Knust und mir, dass wir nochmal richtig Lust hatten, woanders zusammen neu anzupacken. Mit ihm bin ich schließlich die letzten Handballstationen gemeinsam gegangen“, sagte Schneider und kommt zu einem klaren Urteil über diesen (voraussichtlich) letzten Schritt seiner Handball-Karriere. „Wer weiß, was vielleicht noch einmal kommt und wo ich eventuell ein Team als Trainer übernehme. Auf jeden Fall will ich erstmal ein Jahr Abstand. Aber: Ich habe mich in Ellerbek nicht einfach nur sehr wohl gefühlt. Im gesamten Hamburger Verband hatte ich es so noch nicht, dass ich mich so wohl in einem Verein gefühlt habe.“

Spieler und Trainer liefern sich so manch konstruktives Wortgefecht

Und das, obwohl er als „verlängerter Arm“ von Trainer Nico Kibat auf dem Feld mit dem Coach so einige fachliche Fights, manchmal hinter verschlossener Tür, ausgetragen hatte. „Aber das habe ich so an Arne geschätzt. Er hat seine Meinung gehabt und diese auch vehement vertreten, dies aber immer sachlich fundiert – und am Ende des Tages ist zwischen uns beiden nie etwas Negatives hängen geblieben“, sagt Nico Kibat voller Anerkennung.

Nico Kibat zieht es nun zurück zur HSG Ostsee N/G in die 3. Liga

Eine Meinung, die auch von Spielerseite an den scheidenden Coach zurückgeht, der nun nach vier Jahren – allerdings Corona-bedingt erst seiner ersten vollständigen Saison mit dem Team, nun seinen Hut nimmt und zur HSG Ostsee N/G in die 3. Liga wechselt. Dort war er schon 2017 bis 2019 als Spieler aktiv. „Nico, Du bist uns in diesen Jahren manchmal ganz schön auf den Zeiger gegangen“, ließ ihn sein Mannschaftsrat bei der Verabschiedung in der Harbig-Halle mit breitem Grinsen wissen. Übersetzt: Kibat hat dieses Team als Trainer vom Fastabsteiger zum Topteam der Liga weiterentwickelt.

Rouven Alimi will mit dem ersten Frauenteam in der Hamburg-Liga sofort ganz oben mitspielen.
Rouven Alimi will mit dem ersten Frauenteam in der Hamburg-Liga sofort ganz oben mitspielen. © Ulrich Stückler | Ulrich Stückler

Wofür aber Kibat vier Jahre Zeit hatte, war nun für Rouven Alimi ein Jahr nicht genug, um die wankenden Oberligafrauen des TSV Ellerbek, die er zu dieser Saison als Coach übernommen hat, rechtzeitig auf Kurs zu bringen. Platz sechs in der Abstiegsrunde bedeutet den Weg zurück in die Hamburg-Liga.

Als versöhnlichen Abschluss holen die Ellerbekerinnen in Preetz ein 24:24

Dass dies unnötig gewesen ist, haben die Ellerbekerinnen an den letzten Spieltagen ihrer Oberligazugehörigkeit bewiesen, aktuell mit dem 24:24 beim Tabellenzweiten Preetzer TSV. „Zum Abschluss hat das Team gezeigt, dass mehr möglich gewesen ist“, sagte Alimi, der auch kommende Saison an der Seitenlinie das Sagen haben wird. „Das haben die Spielerinnen dann auch realisiert, was sie hier eigentlich weggeschmissen haben.“

Maren Sicks nimmt nach 13 Handballjahren in Ellerbek ihren Abschied.
Maren Sicks nimmt nach 13 Handballjahren in Ellerbek ihren Abschied. © Ulrich Stückler | Ulrich Stückler

Wichtig ist die Frage, welches Team für das Projekt Wiederaufstieg zur Verfügung steht. Ihre Handballrente hat Maren Sicks angetreten. „Über 25 Jahre habe ich den Sport gelebt und geliebt, 13 davon in Ellerbek. Nun ist es an der Zeit, die Schuhe an den Nagel zu hängen.“

Einige Stammspielerinnen stehen nicht mehr zur Verfügung

Über die weitere Personallage gibt es nur teilweise Verbindliches zu sagen: „Nevin Kiel verlässt uns Richtung SG Hamburg-Nord“, weiß Alimi. „Yalda Nieschke möchte für ein Jahr ins Ausland; Yana Hesse wird gehen; Alana Elsner will pausieren und unsere reaktivierten Christina Hinrichs, Nadine Cramer und Laura Neu wollen auch wieder aufhören. Alles Weitere sehen wir und bieten bald ein Probetraining für potenzielle neue Spielerinnen an.“