Bönningstedt. Der Rechtsverteidiger des SV Rugenbergen ist U17-Teammanager beim DFB. Dem 28-Jährigen bleibt nur noch wenig Zeit für den Oberligisten
Gestern die vor einem halben Jahr fertig gestellte, 150 Millionen teure DFB-Akademie („Campus“) in Frankfurt-Niederrad. Heute der neue Kunstrasen in Bönningstedt. Fußball fast rund um die Uhr. Denn Marco Rohde ist nicht nur leidenschaftlicher Kicker des SV Rugenbergen in der Hamburger Oberliga. Der gebürtige Reinbeker (28) arbeitet seit dem 1. Juli als Teammanager der deutschen Nationalmannschaft U 17. „Wann wirst du denn Nachfolger von Oliver Bierhoff?“, zogen ihn die Teamgefährten bei der Vorbereitung auf das Pokalspiel beim TV Haseldorf auf, welches dann witterungsbedingt nicht zustande kam.
Rohde verteidigt den nach der WM zurückgetretenen Oliver Bierhoff
Rohde bricht eine Lanze für den ehemaligen Geschäftsführer der Nationalmannschaften, der im Zuge des neuerlichen frühzeitigen Scheiterns der Männer bei einer WM (in Katar) zurückgetreten war. „In unserem Frankfurter Großraumbüro habe ich Bierhoff als Super-Typen kennengelernt, der immer einen regen Gedankenaustausch mit seinen vielen Mitarbeitern pflegte.“ Es ärgere ihn, dass Bierhoff trotz seiner Verdienste um den deutschen Fußball, früher die Männer, aktuell die Frauen, ein Opfer bringen musste.
Vertrauensvoll ist auch die Zusammenarbeit mit U17-Trainer Christian Wück. Die geht so weit, dass ihn der frühere Bundesliga-Stürmer (1. FC Nürnberg, Karlsruher SC, VfL Wolfsburg) gelegentlich sogar fragt, welche Spieler er einladen soll und welche nicht. Aktuell steht das Telefon aber aus einem anderen Grund nicht mehr still. Gemeinsam mit U16-Managerin Jessica Ewald plant Rohde das Wintertrainingslager beider Nachwuchsmannschaften vom 4. bis zum 15. Januar in Spanien. Zu diesem Zweck weilte er bereits in San Pedro del Pinatar (Region Murcia), um die passende Unterkunft zu buchen.
In seiner Funktion muss Rohde auf viele vermeintliche Kleinigkeiten achten
Worauf dabei alles zu achten ist? „Wir brauchen ruhige Zimmer, einen exklusiven Bereich für die gesamte Gruppe, Funktionsräume, einen Sitzungssaal, Büros für die Trainer, gute Arbeitsbedingungen für den Mannschaftskoch und einen geeigneten Rasen um die Ecke, den wir mit der Pinatar Arena vorfinden.“
Für annähernd 100 Personen – Spieler, Trainer, Spielanalysten, Psychologen, Lehrer, Physiotherapeuten, Ärzte – mussten die Flüge und die Busfahrten organisiert werden, außerdem zwei Vergleiche mit dem englischen Nachwuchs. Freizeitangebote, Ausflüge – auch den Tagesablauf stellt der mit guten englischen und spanischen Sprachkenntnissen gesegnete Rohde auf die Beine. Arbeit von früh bis spät. „Ich besitze zwei Mobiltelefone. Meistens sind abends beide Akkus leer.“
Die Reise nach Spanien im Januar ist Vorbereitung auf die EM-Qualifikation
Dieses Mal ist es eine Reise, bei der alles stimmen muss. Sie dient der Vorbereitung auf die zweite EM-Qualifikationsrunde vom 20. bis 29. März in der Türkei mit Spielen gegen die Gastgeber, Finnland und Spanien. Zwei kommen weiter. Erfolge müssen zwingend her, damit nicht bald auch im Nachwuchsbereich Köpfe des DFB rollen. Hermann Gerland (Co-Trainer U21), Hannes Wolf (U20) und Christian Wörns (U18) fliegen mit nach Spanien, um sich ein Bild vom Leistungsstand der Jahrgänge 2005 und 2006 zu machen. Marco Rohde kann die besorgte Öffentlichkeit ein wenig beruhigen. „Vom Dortmunder Stürmer Paris Brunner und von Schalkes Kapitän Assan Ouedraogo werden wir noch viel Positives hören, um nur zwei Namen zu nennen.“
Der aktuelle Karriereverlauf ist ein „Kindheitstraum“ von Marco Rohde
Was die eigene Karriere betrifft, so lebt der SVR-Rechtsverteidiger schon jetzt seinen „Kindheitstraum“. Angefangen von seinem Studium an der Kölner Sporthochschule (Sportmanagement) kämpfte er um seinen Wunschberuf so eisern wie auf dem Rasen um den Ball. Über ein Pflichtpraktikum landete er im Dezember 2018 in der Kundenbetreuung des HSV. Ein weiteres Praktikum „dank guter Kontakte“ folgte 2020 beim DFB, der ihm im Oktober 2021 als Manager des deutschen Frauen-Nationalteams an der Seite von Maika Fischer das Vertrauen aussprach.
Fischer und Rohde waren es, die alle organisatorischen Voraussetzungen für die großartige EM von Alexandra Popp und Co. in England trafen. Bitter für ihn, bevor er in den Herrenbereich wechselte: „Ich bekam Corona und konnte deshalb nicht mit nach England reisen.“ Dafür wurden es im weiteren Verlauf des Jahres noch einige Auslandsaufenthalte.
Außer auf Quartiersuche in Spanien weilte Rohde in Moldau, wo die U17 die erste EM-Qualifikationsrunde erfolgreich absolvierte, und in der Türkei anlässlich von zwei Testspielen. Sofern sich „sein“ Team beim erneuten Besuch der Türkei durchsetzt, wird Rohde die U17 zur EM nach Ungarn (17. Mai bis 2. Juni) begleiten.
Die weiteren Stationen in seinem Berufsleben sind noch völlig offen
Was danach passiert, ist offen. Klettert Rohde beim DFB die nächsten Sprossen hoch auf der Leiter? Flattert ihm das Angebot eines Profi-Clubs als Nachwuchschef ins Haus? Wie wäre es damit, bei einem Club der englischen Premiere League zu hospitieren?
Viele Türen scheinen ihm beruflich offen zu stehen, beim SV Rugenbergen hält Nils Hachmann die Tür für ihn offen. „In Haseldorf hätte Marco gespielt.“ Der Trainer sei im Bilde, warum er so oft fehle, sagt Rohde. Nur sieben Einsätzen in bislang 19 Punktspielen bremsen seinen Ehrgeiz nicht. „Wenn ich auf dem Platz bin, gebe ich alles.“ Die „coole Truppe“ mache ihm so viel Spaß, „dass ich, solange ich in Hamburg lebe, für keinen anderen Verein spielen werde.“ Über Gemeinschaft, Mentalität und Geschlossenheit sei der Klassenerhalt noch zu schaffen.
Eigenschaften, die den DFB-Stars bei der WM abgesprochen wurden. Auch wenn ihm die individuellen Fehler auf dem Spielfeld nicht entgingen, nimmt Marco Rohde die Basis in die Pflicht. „Unsere Nachwuchstrainer waren alle in Katar. Ihre Erkenntnisse werden nun an die Vereine weitergegeben. Dort muss der Grundstein für künftige Erfolge gelegt werden.“