Schenefeld. Suche nach Deponie läuft seit zwei Jahren. Bisher Kosten von über einer Million Euro. Woran die Entsorgung scheitert.
Schenefeld hat ein 6000 Tonnen schweres Problem. So viel wiegt der Faulschlamm, der 2019 und 2020 in zwei Abschnitten aus dem Regenrückhaltebecken Friedrichshulde ausgebaggert worden ist. Seitdem liegen der Schlamm-Berg und die anfänglich damit gefüllten Big Packs mitten in dem Naherholungsgebiet, das von den Bürgern der Stadt gern genutzt wird. Kein schöner Anblick, für den sich Bürgermeisterin Christiane Küchenhof auf einem vor Ort angebrachten Schild sogar inzwischen entschuldigt. Denn die Stadt wird den mit Schadstoffen belasteten Schlamm nicht los, bisher wollte ihn keine Deponie haben.
Küchenhof spricht von der „Häme der Bevölkerung“, die inzwischen auf die Stadtverwaltung einprasselt. Dabei sei diese in der Sache gar nicht federführend. „Wir haben eine sogenannte Andienungspflicht“, so Küchenhof.
Schenefeld wird 6000 Tonnen giftigen Schlamm nicht los
An deren Ende steht die Gesellschaft für Abfallwirtschaft und Abfallbehandlung, kurz GAB. Die Gesellschaft, die sich zu 51 Prozent im Besitz des Kreises Pinneberg befindet, müsse der Stadt eine Deponie zuweisen, auf der das gefährliche Gut entsorgt werden kann. Zunächst war geprüft worden, ob das belastete Material nicht vor Ort bleiben und anderweitig verwendet werden kann – beispielsweise für einen Rodelberg oder ähnliches.
Das funktioniert aufgrund der hohen Schadstoffbelastung nicht. Der Faulschlamm enthält unterschiedliche chemische Stoffe, besonders hoch ist der Zinkgehalt. „Das Regenrückhaltebecken liegt quasi am Ende der Stadt“, erläutert Küchenhof. Zink werde beispielsweise aus Dachrinnen ausgewaschen, andere Schadstoffe würden über die Ausspülung der Straßenbeläge in dem Becken landen.
Die Aufgabe, für den Faulschlamm eine passende Deponie zu finden, stellt die GAB vor größere Schwierigkeiten. Zwei angefragte Deponien in Flensburg und Hittfeld in Niedersachsen lehnten nach langem Hin und Herr die Aufnahme des Schenefelder Faulschlamms ab. Unternehmenssprecher Julian Jenkel spricht davon, dass die Menge des zu entsorgenden Gutes viel größer geworden ist als ursprünglich angenommen war. Das habe letztlich dazu geführt, dass mehr Proben gezogen worden mussten. Und die Ergebnisse seien von Probe zu Probe schlechter geworden.
Schenefeld: Keine Deponie will den giftigen Schlamm aufnehmen
„Letztlich hat sich herausgestellt, dass auch eine Deponie der Klasse II nicht mehr geeignet ist“, so Jenkel weiter. Inzwischen sei man bei einer Deponie der Klasse III angekommen, weil es sich nun bei dem Faulschlamm um einen gefährlichen Abfall handele. Als drittes sei eine Deponie in Schönberg in Mecklenburg-Vorpommern angefragt worden. „Von dort sind weitere Proben angefordert worden. Dieses Prozedere läuft derzeit.“
Von den Ergebnissen sei abhängig, ob die Deponie dem Aufnahmeersuchen zustimmt. Sollte dies der Fall sein, werde zunächst eine kleinere Menge von Schenefeld zur Deponie transportiert und dort eingebaut, um zu gucken, wie sich die Material in Bezug auf die anderen Stoffe in der Deponie verhält. Sollte es keine Probleme geben, könne die restliche Menge abgeholt und dorthin geliefert werden. Eine Spedition ist bereits angefragt.
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Wie hoch die Kosten für die Schlamm-Entsorgung sind, ist unklar
Sollte auch Schönberg abwinken, „gibt es weitere Anlagen der Deponieklasse III, die infrage kommen würden und dann angefragt werden“, so Jenkel. Küchenhof hofft, dass es nicht so weit kommt. Ihr Wunsch: „Dass es nur noch ein paar Wochen dauert, bis das Zeug weg ist.“ Bisher habe diese Sache die Stadt bereits mehr als eine Million Euro gekostet. Die Entsorgung ist da nicht mitgerechnet. „Wir zahlen nach Gewicht“, sagt Küchenhof. Und je höher die Belastung sei, desto teurer werde die Entsorgung. Was letztlich an Kosten auf die Stadt zukomme, sei unklar.
Auch Herbert Schultze, Chef der GAB Service GmbH, kann noch keinen Betrag nennen. Er rechnet mit einer dreistelligen Summe pro Tonne Faulschlamm. Ein 40 Tonner werde schätzungsweise 150-mal von Schenefeld nach Schönberg und zurückfahren müssen, bis die 6000 Tonnen verschwunden sind. „Je höher die Schadstoffklasse des Materials ist, desto schwieriger ist es, eine Deponie dafür zu finden“, sagt Schultze – und betont: „Wir als GAB betreiben keine eigene Deponie.“
Angesichts des jahrelangen Hickhacks und der Kostenexplosion kann sich Küchenhof nicht vorstellen, „dass wir das noch mal machen“. Man müsse den Schlamm „so lange es geht da drin lassen“. Dies funktioniert jedoch nicht, wenn das Regenrückhaltebecken seine Funktion erhalten soll.
Schenefeld: Woher der giftige Faulschlamm kommt
Bereits 2020, als die ersten Probleme öffentlich wurden, hatte Nabu-Mitglied Heinz Schwertfeger einen Vorschlag unterbreitet. Er regte an, die Vermischung der Düpenau mit dem Rückhaltebecken, also eines Fließ- und eines Stillgewässers, zu trennen. Besser und ökologisch sinnvoller wäre es laut dem Nabu-Vorschlag, Düpenau und Rückhaltebecken derart zu separieren, dass nur überschüssiges Wasser bei Hochwasserständen von der Düpenau in das Rückhaltebecken läuft.
Durch eine Umgestaltung vom Rückhaltebecken zu einem Überlaufbecken bei Hochwasser komme es zu keinen neuen Ablagerungen von Faulschlamm. Bereits am 22. Oktober 2020 hatte die Politik im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt die Verwaltung beauftragt, ein Fachbüro einzuschalten, um diese Idee prüfen zu lassen. „Das ist bis heute nicht passiert“, räumt Andreas Bothing, im Rathaus Fachbereichsleiter für Planen, Bauen und Umwelt, ein. Aufgrund der vielfältigen und umfangreichen Aufgaben in der Verwaltung und den coronabedingten Einschränkungen im Arbeitsablauf sei es bis dato nicht gelungen, ein entsprechendes Büro zu beauftragen. Inzwischen werde das Thema jedoch prioritär bearbeitet.