Pinneberg. Der 19 Jahre alte Athlet des VfL Pinneberg startet Ende April bei den Europameisterschaften in Russland. Die Anreise zahlt er selbst
Patrik Ehlert möchte hoch hinaus – mindestens viermal, am Liebsten jedoch achtmal. Der Trampolinturner des VfL Pinneberg steht vor seinem sportlichen Höhepunkt des Jahres – genau genommen wegen Corona auch des vorangegangenen Jahres 2020.
Der 19-Jährige startet am 26. April mit der Delegation des Deutschen Turnerbunds (DTB) zu den Europameisterschaften im Trampolinturnen in Sotschi (Russland). Dort tritt der junge Mann aus Itzehoe im Zeitraum vom 29. April bis 2. Mai im Doppel-Mini-Trampolin an. Sein großer Wunsch: den Finalkampf zu erreichen. Und dann würden zu den Qualifikationssprüngen mit jeweils zwei Elementen noch zwei weitere im Finale folgen. Und damit es wirklich zu diesen insgesamt vier Wertungsantritten mit acht Sprüngen kommt, leistet Ehlert seit Monaten ein enormes Trainingspensum.
Zweimal pro Woche geht es zum Training in die Pinneberger Jahnhalle
Seit Januar nimmt der mittlere von drei Brüdern zweimal pro Woche die knapp 50 Kilometer einfache Strecke bis zur Pinneberger Jahnhalle auf sich, um dort mit VfL-Trainer Daniel Schmidt an seiner Sprungtechnik zu feilen. Damit bei weitem nicht genug, geht es auch zwei- bis dreimal nach Trappenkamp in die Landesturnschule. Abgerundet wird die Trainingswoche durch ein bis zwei Besuche im Hamburger Leistungszentrum, wo er dann auch Kontakt zu Bundestrainer Olaf Schmidt hat, den Vater von Coach Daniel. „Ich habe einmal gerechnet“, sagte Daniel Schmidt nach der Mittwochstrainingseinheit in Pinneberg. „Spätestens seitdem klar ist, dass es in Richtung Europameisterschaft geht, kommt Patrik auf rund 13 Trainingsstunden pro Woche.“
Sportlich aktiv wird Ehlert bereits mit sechs Jahren: im Breakdance
Sehr viel Aufwand für die Liebe zu einer Sportart, zu der Patrik Ehlert zwar schon vor neun Jahren gefunden hat, aber doch erst über einige Umwege. „Als Sechsjähriger hatte ich viel Spaß am Breakdance und habe das wohl um die zwei Jahre lang betrieben“, sagte der 19-Jährige, der dieser Tage auf die Zusage für einen Ausbildungsplatz zum technischen Assistenten für Anästhesie wartet. „Dann habe ich mich dem Parkour zugewandt; das habe ich auch für einige Jahre mit viel Freude gemacht, das war cool. Aber irgendwie hat mir dabei das Handfeste, haben mir geregelte Trainingszeiten gefehlt.“
Da kam wie gerufen, dass Patrik Ehlert über Bekannte von der Trampolinsparte im SC Itzehoe erfuhr. „Da war ich zwölf Jahre alt und hab das mal ausprobiert. Der Spaß war jedenfalls von Anfang an dabei.“ Seine ersten Sprünge machte Ehlert wie fast jeder auf dem Großgerät. „Und da ist ja auch aller Anfang schwer, schon das einfache Stehen auf der Fläche ist gar nicht so einfach“, meint Daniel Schmidt mit einem Schmunzeln.
2019 konzentriert sich Ehlert auf den Schulabschluss
Über diese Phase ist Patrik Ehlert schon lange hinaus. Der Spaß an der neuen Bewegungsform setzt sich nahezu ungebrochen bis heute fort. „Lediglich 2019 habe ich vorübergehend den Fokus auf das Beenden der Schule gelegt.“ Und auch, wenn er schmunzelnd und leicht selbstkritisch sein Auftreten auf dem Sportgerät analysiert („Ich bin irgendwie nicht der Typ, der Eleganz ausstrahlt.“), stellt sich nach und nach mit dem kleineren, nicht olympischen Doppel-Mini-Trampolin der Erfolg ein.
Mit der Jugend-WM 2018 in Sankt Petersburg beginnt die Trampolinleidenschaft
„2017 ging es in Berlin auf mein erstes Turnfest. Da hab ich mich wohl nicht schlecht präsentiert, jedenfalls bekam ich bald die Anfrage, ob ich Lust hätte, 2018 in Sankt Petersburg bei dem Wettbewerb zu starten, der einer Jugend-WM entspricht“, erinnert sich Ehlert. „Das wurde dann ein sehr beeindruckendes Erlebnis mit allen möglichen Tiefen und Höhen des Trampolinturnens. Meinen ersten Wertungsdurchgang hatte ich ziemlich versemmelt, aber dann hat mich der Bundestrainer beruhigt, und ich habe einen richtig guten zweiten Durchgang hingelegt. Da habe ich dann gemerkt, dass der Wunsch, oben mitzuturnen, für mich greifbar nah ist. Seitdem bin ich gefangen in diesem Sport.“
Die Reisekosten muss Ehlert selbst tragen
Und dafür nimmt Patrik Ehlert nicht nur Trainingsarbeit auf sich. Da das Doppel-Mini-Trampolin keine olympische Disziplin ist, erfahren die Athleten für internationale Wettkämpfe kaum nennenswerte finanzielle Unterstützung. Die Reisekosten trägt Ehlert selbst. „In Sotschi werden wir im ehemaligen olympischen Dorf untergebracht, in dem ich mir ein Zimmer mit meinem Teamkameraden und Freund Hannes König teile“, sagt Ehlert. „Und wenn ich dann im Wettkampf vom ersten Sprung an meine Bestleistung zeige, hoffe ich, dass eine Finalteilnahme für mich drin ist.“
Auch die Barmstedterin Imani Saprautzki ist für Sotschi qualifiziert
Das hofft dann auch eine weitere Starterin aus dem Kreis Pinneberg: Vom Barmstedter MTV hat Imani Saprautzki (15) – wie Ehlert per eingereichtem Trainingsvideo – die Qualifikation fürs Doppel-Mini geschafft.