Kreis Pinneberg. Spezialisten der Polizei machen Jagd auf Autodiebe. Autos werden auf Bestellung gestohlen und nach Osteurop gebracht.
Die Täter kommen meistens nachts und sind technisch bestens ausgestattet. Seit mehr als einem Jahr beobachtet die Polizei im Kreis Pinneberg und anderen Regionen des Hamburger Umlands, dass sich professionelle Banden auf den Diebstahl von Autos spezialisiert haben. Jetzt hat eine besondere Einheit der Polizei die Fälle übernommen: Die Dienststelle für komplexe Ermittlungen, die sich mit organisierter Kriminalität beschäftigt.
Polizei Pinneberg nimmt Autodiebe ins Visier
Über die Dienststelle ist nur wenig bekannt. Die Polizei gibt kaum Informationen über Struktur und Arbeitsweise heraus. Selbst der Standort ist geheim. Nur so viel: Die Ermittler arbeiten in einem gesicherten Gebäude nördlich von Hamburg. Sie sind zuständig für die Kreise Segeberg und Pinneberg und waren auch mit dem spektakulären Einbruch in eine Filiale der Hamburger Sparkasse an der Rathausallee in Norderstedt zuständig. Bei dieser Tat gibt es Hinweise auf einen kriminellen Clan, der von Berlin aus operieren soll.
Intern heißt die Dienststelle bürokratisch nüchtern Sachgebiet 5 (SG 5) der Kriminalinspektion Pinneberg. „Das SG 5 übernimmt, wenn aufgrund der Tatumstände Anhaltspunkte für eine banden- und gewerbsmäßige Tatbegehung vorliegen. Die Kriterien orientieren sich am Tatobjekt, Begehungsweise und anderer polizeilicher Erkenntnisse“, teilte die Polizei mit.
Die Serie begann mit dem Diebstahl hochwertiger Autos. Besonders betroffen waren der Raum Norderstedt, Henstedt-Ulzburg und Gebiete im Südosten Schleswig-Holsteins. Die Diebe wählen ihre Tatorte nach einem ähnlichen Muster wie viele Einbrecher: Sie orientieren sich an den Hauptverkehrswegen, die gute Routen für Anreise und Flucht bieten. Dazu zählen in erster Linie die Autobahn 7 sowie die Autobahn 23. Offiziell spricht die Polizei von einer „auffälligen Häufung“.
Polizei Pinneberg: gestohlene Autos werden oft nach Osteuropa gebracht
Inzwischen haben die Täter allerdings nicht mehr nur teure Autos im Visier. „Aktuell stellen wir fest, dass Fahrzeuge aus nahezu allen Preisklassen entwendet werden“, sagt Polizeisprecherin Sandra Firsching. Die Spur zu den Tätern führt offenbar nach Osteuropa. Aus den Ermittlungen gehe hervor, dass hochpreisige Fahrzeuge regelmäßig und überwiegend ins osteuropäische Ausland verschoben werden, sagte die Polizeisprecherin. Häufig handeln die Täter auf Bestellung und suchen gezielt nach Modellen, die der Auftraggeber genannt hat. Eine andere Variante sei auch der Verkauf von Einzelteilen, die von den gestohlenen Autos demontiert werden. „Weiterhin werden entwendete Pkw mit gefälschten Fahrzeugpapieren zum Kauf angeboten“, sagte Firsching.
Die Täter haben sich darauf spezialisiert, auch moderne und technisch hochwertige Sicherheitstechnik von Autos auszutricksen. „Der technische Fortschritt schreitet sowohl bei den Fahrzeugherstellern als auch bei den Dieben immer weiter voran“, sagt die Polizeisprecherin.
Für jede Sicherheitsmaßnahme gebe es früher oder später bei den Tätern – je nach deren Professionalität – auch fast immer eine „Lösung“. Das heißt im Klartext: Die Täter können Fahrzeuge stehlen, ohne dabei irgendwelche verwertbaren Spuren zu hinterlassen.
Polizei Pinneberg: Diebe können Daten von Autofernbedienungen auslesen
Schon mehrfach hat die Polizei Autofahrer vor unbekannten Personen gewarnt, die sich mit Aktenkoffern, Taschen oder Rucksäcken in der Nähe von Fahrzeugen aufhalten. Vermutlich befinden sich in diesen Taschen elektronische Geräte, mit denen die Daten von Autofernbedienungen ausgelesen werden können. Wenn die Diebe im Besitz dieser Daten sind, können sie das Auto problemlos öffnen und starten, ohne Gewalt anwenden zu müssen.
Was können Autofahrer tun, um sich vor einem Diebstahl zu schützen? „Auch wenn es keine absolute Sicherheit gibt, haben Untersuchungen gezeigt, dass Täter von ihrem Vorhaben ablassen, je länger die Tatausführung dauert“, sagt Sandra Firsching. „Vor diesem Hintergrund kann jede Sicherheitsmaßnahme helfen, einen Diebstahl zu verhindern.“
Autodiebstähle: die Empfehlungen der Polizei
- Beim Verlassen des Autos den Zündschlüssel abziehen – auch an der Tankstelle. Nur so aktiviert sich die Wegfahrsperre. Lenkradschloss einrasten lassen. Alle Fenster, Türen, Kofferraum, Schiebedach und Tankdeckel abschließen.
- Mechanische Sicherungen wie Radkrallen oder Lenkradsicherungen bieten hohen Diebstahlschutz.
- Hochwertige Fahrzeuge nicht am Straßenrand oder in ungesicherten Carports, sondern in abschließbaren Garagen oder an gut beleuchteten und belebten Straßen abstellen.
- Auf verdächtige Personen oder Fahrzeuge mit auswärtigen Kennzeichen achten, die mehrmals langsam durch die Straße fahren. Kennzeichen notieren und Polizei informieren. Wenn Personen das Fahrzeug fotografieren, kann das eine Vorbereitung für den Diebstahl sein.
- Diebstahlwarnanlage am Fahrzeug aktivieren, wenn vorhanden.
- Beim Verriegeln des Autos mit der Funkfernbedienung auf das optische Signal achten. Funkblocker können das Funksignal der Fernbedienung stören, das Auto bleibt unverschlossen.
- Ersatzschlüssel nicht am oder im Fahrzeug verstecken – Diebe kennen alle Verstecke. Rechtlich wird das auch als grobe Fahrlässigkeit gewertet, die den Versicherer von der Leistung befreit.
- Schlüssel nie unbeaufsichtigt in Jacken- oder Manteltaschen zurücklassen, etwa in Gaststätten an der Garderobe oder in Umkleidekabinen.
- Ist der Autoschlüssel weg, umgehend zur Fachwerkstatt fahren und Schlüssel sperren lassen.
- Professionelle Autodiebe brechen auch in Häuser oder Wohnungen ein, um in Besitz des Fahrzeugschlüssels zu gelangen. Da Fahrzeug- und Hausschlüssel meist in der Diele liegen oder am Schlüsselbrett hängen, haben sie es leicht, die Autos aus einer abgeschlossenen Garage zu stehlen.
Wenn das Fahrzeug ein Keyless Komfortsystem hat:
- Schlüssel nie in der Nähe der Haus- oder Wohnungstür ablegen oder das Funksignal durch Aluminiumhüllen abschirmen. Nur wenn das Fahrzeug sich nicht einmal dann öffnet, wenn der abgeschirmte Schlüssel direkt neben die Fahrzeugtür ist, haben auch die Diebe keine Chance.
- Am besten: Komfortzugang temporär deaktivieren.
- Hilfe gibt es auch unter www.polizei-beratung.de