Uetersen. Alexander Lipski hatte rechtsradikale und antisemitische Plakate im Schaufenster. Angeklagter spricht von „Schmutzkampagne“.

Der Betreiber der Sonnen-Apotheke in Uetersen muss sich jetzt vor dem Berufsgericht für Heilberufe in Schleswig verantworten. Die Apothekerkammer Schleswig-Holstein hat eine standesrechtliche Klage gegen ihn eingereicht. „Der Vorstand der Apothekerkammer sieht hier sehr deutlich das Ansehen der Apotheken als beschädigt an“, teilt Kammer-Justiziar Karl-Stefan Zerres auf Nachfrage des Hamburger Abendblatts mit.

Die in der Sonnen-Apotheke ausgehängten oder ausgestellten Plakate, Flyer, Fotos und Bilder würden eindeutig Aussagen propagieren, die „dem Rechtsradikalismus und Antisemitismus“ zuzuschreiben seien, so Zerres. „Das hat in einer öffentlichen Apotheke nichts verloren.“ Darum habe der Vorstand der Kammer jetzt beschlossen, das Berufsgericht anzurufen, das beim Verwaltungsgericht in Schleswig angesiedelt ist. „Das ist eine rein berufsgerichtliche Klage.“

Apotheker spricht von „Verleumdungskampagne“

Apothekenbetreiber Alexander Lipski kann diese Vorwürfe nicht nachvollziehen. „Das ist doch absolut lächerlich“, sagt er. Er sieht sich einer „Verleumdungskampagne“ ausgesetzt, die die Antifa-Gruppe aus dem Kreis Pinneberg seit vielen Monaten gegen ihn fahre und die er für „linksterroristisch“ hält.

So wirft die Antifaschistische Initiative des Kreises Pinneberg der Apotheke vor, in ihren Geschäftsräumen Nazi-Propaganda zu betreiben. Flyer der AfD hätten dort ausgelegen. Plakate gegen Organspenden („Wir sind nicht das Ersatzteillager der Elite“) oder einschlägige Parolen wie „Umweltschutz bedeutet Heimatschutz“ seien dort aufgehängt worden.

Ebenso wie Schilder und Aufkleber aus der Zeit des Nationalsozialismus, auf denen zum Verzehr von Vollkornbrot aufgerufen wird oder auf denen geschrieben steht: „Esst deutsches Obst“. Das Material würde von bekannten Neonazis auf deren Portalen vertrieben, klagt die Antifa.

„Nationalsozialistischer Hintergrund“

Wie berichtet, waren schon Anfang des Jahres zahlreiche Fotos von beanstandeten Aufklebern und Plakaten sowie Hinweise aus der Bevölkerung bei der Apothekerkammer eingereicht worden. „Das sind Fotos und Bilder, die einen nationalsozialistischen Hintergrund aufweisen“, sagte Justiziar Zerres nach einer ersten Sichtung.

Er kündigte an, dass die Kammer ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen den Apotheker eingeleitet habe, das nun zur Einreichung der Klage geführt hat. Darin sollte geprüft werden, ob die ausgestellten Plakate noch dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung entsprächen oder „Regeln verletzt werden, die das Vertrauen in eine Apotheke erschüttern“, so Zerres. Der betroffene Apotheker sei dazu auch angehört worden, sagte Zerres jetzt.

Der Apothekerkammer-Justiziar betont, dass Apotheken ähnlich wie Ärzte „ein besonderes Vertrauen“ in der Bevölkerung genießen, das mit den beanstandeten rechtspolitischen und die Nazizeit verherrlichenden Aussagen nicht zu vereinbaren sei und deshalb Schaden nehme.

Berufsverbot droht dem Apotheker nicht

Einzelne Plakate und Aufkleber mögen noch vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt sein. „Aber in der Vielzahl und in dieser Form ist das für eine Apotheke nicht in Ordnung“, ist Zerres überzeugt. Die Kammer vertrete etwa 600 Apotheken im Land.

Die Konsequenzen für die Apotheke könnten in dem juristischen Verfahren dazu führen, dass der betroffene Apotheker sein passives Berufswahlrecht nicht mehr ausüben, sich also nicht mehr für Ämter zur Verfügung stellen dürfte. Schlimmer noch könnte eine drohende Geldstrafe wirken, die bis zu 50.000 Euro betragen könnte, erklärt Justiziar Zerres. „Eine Geldstrafe ist oft der bessere Hebel, so etwas zu bestrafen. Die tut meist weh.“

Ein Berufsverbot würde in diesem Fall nicht zur Debatte stehen, so Zerres. Das würde bei besonders schwerwiegenden Vergehen wie Drogenhandel greifen. Oder wenn Leib und Leben der Patienten gefährdet seien. Das wäre bei dieser Plakataktion zu unverhältnismäßig.

Apotheker sieht sich als Opfer einer Verleumdungskampagne

Apotheker Lipski will von der Klage erst durch den Anruf des Abendblatts erfahren haben. Seit 16 Jahren betreibe er sehr erfolgreich die Apotheke in Uetersen und habe nie Probleme mit der Kammer gehabt. Er habe sich ihr gegenüber im Anhörungsverfahren auch nicht zu den Vorwürfen geäußert, sagt er. „Das muss über die Anwälte gehen. Letztlich wird es eine Gerichtsentscheidung sein.“

Lipski wisse auch nicht, „was die Kammer da reitet. Es ist dummes Zeug, was da behauptet wird.“ Er stelle nur jeden Monat neue Schaufenster in seiner Apotheke aus, meist mit Motiven, die da auch schon einmal zu sehen gewesen waren. Andererseits sagt Kammer-Justiziar Zerres, dass es so einen oder einen vergleichbaren Fall in der Apothekerkammer noch nicht gegeben habe.