Elmshorn. Für die Fighting Pirates aus Elmshorn war Corona mit dem sportlichen Abstieg verbunden. Doch jetzt blicken Trainer und Team nach vorn

Die Hamburg Sea Devils – bestehend aus vielen ehemaligen Elmshorner Footballern und Verantwortlichen – haben vor wenigen Tagen in der Premieren-Saison der European League of Football das Endspiel knapp gegen Frankfurt Galaxy (30:32). Hat sich Olaf Mai, stellvertretender Vorsitzender der Elmshorner Fighting Pirates, das Spiel angesehen? „Nein. Ich bin ja auch Abteilungsleiter der Hockeysparte beim VfL Pinneberg und habe mir eine Partie meiner Tochter angesehen.“

Einige alte Piraten sind zu den Hamburg Sea Devils abgewandert

Headcoach Michael Schernick wendet sich nach dem Match ans Team.
Headcoach Michael Schernick wendet sich nach dem Match ans Team. © HA | Ulrich Stückler

Zuletzt waren die Fighting Pirates in einem sportlichen und finanziellen Kraftakt von der Regionalliga bis in die GFL 1 (1. Bundesliga) aufgestiegen. 2020 gab es wegen Corona keine Saison, parallel führten Strömungen in Richtung Hamburger „Seeteufel“ und fehlendes Geld zu einem endgültigen Schiffbruch des ambitionierten Projekts. Traditionell schauen Piraten aber lieber durch das Fernglas in die Zukunft. Die Vergangenheit kann eh niemand ändern.

Die Pirates traten unter dem neuen Headcoach – dem Chef im achtköpfigen Trainerteam – Michael Schernick 2021 in der Landesliga (6. Liga) an. Das zweite Herren-Team durchlebte den Transformationsprozess zum Aushängeschild. Alle vier Spiele im Krückaustadion und auswärts gegen die Frisia Warriors und die Bredstedt Riptides gewannen die Elmshorner – mehr als souverän. 42:7 hieß es im letzten Duell gegen die Warriors (Risum-Lindholm ).

Eine Bilanz von 198:28 Touchdownpunkten spricht für die Elmshorner Überlegenheit

Insgesamt lag das Punkteverhältnis durch Touchdowns, Fieldgoals und PATs (Point-After-Touchdown) bei 198:28 – ein Touchdown zählt sechs Punkte. Das klingt nach Unterforderung – acht Spieler aus dem Beinahe-Erstliga-Kader blieben den Elmshornern treu, um sich mit Teams zu messen, die teilweise erste Gehversuche in dem US-Sport besitzen. Für alle Beteiligten gab es eine lange Corona-Pause.

„Zum Reinkommen war der Start in der Landesliga absolut okay. Auch wir haben viele junge Spieler, die Erfahrung auf Wettkampfebene sammeln konnten. Die ersten drei Quarter der jeweiligen Partien haben wir die Null gehalten. Wenn du dann am Ende noch ein oder zwei Touchdowns kassierst, ist das zu verschmerzen“, sagt Schernick. Es gehe um die Lernkurve des Teams, auch er selbst und andere Trainer, die nun mehr Verantwortung tragen, konnten sich beweisen – und Dinge ausprobieren.

Der Altersspanne im Team erstreckt sich von 18 bis 37 Jahren

Der Altersschnitt liegt geschätzt bei Mitte 20. Zwischen 18 und 37 ist alles vertreten – von komplett unerfahrenen Spielern bis hin zu GFL 2-Veteranen oder Alt-Footballern, die sich auf diesem Niveau noch mal probieren wollten. Nun soll es kontinuierlich nach oben gehen, nicht in Hauruck-Manier, sondern in Ruhe. Die Pirates möchten allerdings nun am liebsten die Verbandsliga überspringen, um 2022 in der Oberliga starten zu dürfen. Das Interesse ist beim Spielverbund Nord hinterlegt. Im Football ist das Überspringen einer Spielklasse möglich, wenn sich eine deutliche Unterforderung andeutet. Die Elmshorner – seit Anfang der 90er-Jahre eine leidenschaftliche Football-Bastion inklusive Jugendteams – könnten nach dieser mehr als dominanten Serie gute Chancen haben.

„Wir möchten allmählich wachsen, 2024 oder 2025 wieder in der 3. Liga antreten“, sagt der 43 Jahre alte Hamburger Berufsindustrietaucher Schernick. Das ist die Spielklasse, in der wieder Geld ins Spiel kommt und die ersten Importspieler, meist aus den USA, von den Vereinen verpflichtet werden. Viele Sponsoren zogen sich zurück, einige kamen neu dazu. Das Futterhaus, seit 20 Jahren dabei, ist weiterhin treu. „Der Gesamtetat ist längst nicht mehr so hoch. Wir führen Gespräche mit Firmen über eine Verlängerung. Weitere Unterstützer sind gern gesehen“, so Mai.

Auch in der Landesliga ist das Zuschauerinteresse groß

Dass Elmshorn ligaunabhängig hungrig ist, zeigt der Zuschauerzuspruch. 700 Fans besuchten das Krückaustadion – trotz der strengen Bestimmungen. Der Pirates-Fanclub war auch auswärts stets dabei. Das Team rekrutiert sich größtenteils aus Akteuren der Region – der US-Amerikaner Josh Hartigan, der seit März 2020 trotz Corona blieb, ist die Ausnahme und inzwischen Pirates-Jugendwart, Teil des Coaching-Teams sowie Aushilfsspieler.

Die Verantwortlichen betonen ein neues „Wir-Gefühl“ und die Rückkehr des familiären Charakters des Vereins. Das wüssten auch die Fans zu schätzen. „Mir haben viele, die zuletzt nicht mehr im Stadion waren, gesagt, dass sie jetzt wieder sehr gern zu den Pirates kommen würden“, erzählt der 51 Jahre alte Pinneberger Mai, der nach fünf Jahren Piratenpause auf Amtsebene selbst wieder in den Vorstand zurückkam – um länger zu bleiben.