Wedel. Der Haushalt 2022 in Wedel ist defizitär. Grundbesitzer und Gewerbetreibende sollen nun mehr zahlen. Was die Stadt noch plant.

Knapper geht es nicht: Mit nur einer Stimme Mehrheit hat der Rat der Stadt Wedel seinen Haushalt für 2022 beschlossen. Mit viel Zähneknirschen vonseiten der Parteien. Bis zuletzt verhandelten die Politiker und stritten um Anträge. Am Ende war klar: Es kommen Steuererhöhungen. Die Grundsteuer B (für alle nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen) soll um rund 27 Prozent erhöht werden und von 425 auf 540 Punkte steigen, die Gewerbesteuer von 380 auf 420 Punkte (zehn Prozent).

Wedel: Hitzige Haushaltsdebatte im Stadtrat

Schon zu Beginn des Tagesordnungspunktes kam Streit auf. Die Stadtverwaltung hatte kurzfristig neue Unterlagen zur Haushaltsatzung eingebracht. Zu kurzfristig, wie die Fraktionen im Rat einheitlich befanden. Denn in den Dokumenten standen Veränderungen zum bisherigen Entwurf – die Höhe von Aufwendungen und Investitionen wurde angepasst, Maßnahmen wurden gestrichen oder verschoben.

Der SPD-Ratsherr Rüdiger Fölske bat deshalb um Vertagung. „Wir sind kein Abnickverein“, kritisierte auch Michael Kissig, Fraktionsvorsitzender der CDU und finanzpolitischer Sprecher seiner Partei. „Die Verwaltung war nicht in der Lage, uns die Positionen zu erklären.“ Auf den Druck der Parteien zog Bürgermeister Niels Schmidt den Antrag zurück. Diskutiert wurde nun wieder über den ursprünglichen Haushaltsentwurf. Die Debatte blieb aber hitzig. Denn Wedel steht tief in den roten Zahlen. Und der Haushalt entscheidet darüber, wie die klamme Kasse in Zukunft aufgebessert werden soll.

Wedel: Defizit lag ursprünglich bei 16 Millionen Euro

Das Minus ist beachtlich: Im Rohentwurf für den Haushalt habe es noch ein Defizit von 16 Millionen Euro gegeben, erinnert sich Schmidt. Für ihn sind reine Sparmaßnahmen aber keine Lösung: „Ein Erfolg auf der Aufwandsseite ist nicht zu erzielen.“ Das bedeutet konkret: Laut Schmidt kann die Stadt nicht einfach nur ihre Ausgaben herunterschrauben.

Der Grund: Aktuelle Maßnahmen wie etwa der Schulbau sind unerlässlich und müssen bezahlt werden. „Wir brauchen einen zügigen Haushalt für unsere Investitionen“, bekräftigte der Bürgermeister. Und deswegen brachte die Verwaltung auch Steuererhöhungen ins Spiel.

Mit denen will Schmidt das Defizit auf sieben oder sechs Millionen Euro drücken und bis 2025 einen ausgeglicheneren Haushalt erreichen. „Was sind die Alternativen?“, fragte er vor dem Rat. Die Anhebung der Grundsteuer ergebe eine Mehrbelastung von etwa sieben Euro monatlich, das entspreche dem Wert einer Schachtel Zigaretten.

Wedel: CDU kritisiert Haushaltsentwurf der Verwaltung

Die meiste Kritik am Verwaltungsentwurf kam von der CDU. Ihre Forderung, die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer abzulehnen, fand allerdings keine Mehrheit im Rat. Die Partei bemängelte außerdem die aus ihrer Sicht zu optimistische Vorlage. Der Gesamtplan bis 2025 sei ein „Best-of-the-best-Szenario“, das niemals eintreten könne, so der Fraktionsvorsitzende Kissig.

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Weitere Steuererhöhungen wären daher absehbar. Mehr noch: Es entstehe der falsche Eindruck, dass keine weiteren Erhöhungen folgen würden, meint Andreas Schnieber, Vorsitzender der WSI-Ratsfraktion. Kritik übte die CDU dann auch an den bisherigen Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung. Vor zwei Jahren hatte die Partei die Entwicklung neuer Finanzkonzepte losgetreten. Die politischen Beratungen seien allerdings ohne wirkliche Ergebnisse geblieben, meint Kissig. Dafür macht er auch die anderen Fraktionen im Rat verantwortlich. Sein Fazit: „Es wird einseitig auf Steuererhöhungen gesetzt. Die CDU wird einen solchen Kurs weiterhin nicht unterstützen.“

Wedel: SPD spricht von einer „Haushaltsblockade“

Rüdiger Fölske von der SPD nennt das eine Haushaltsblockade. „Die CDU hat sich beim Haushalt 2021 und 2022 enthalten und keine Verantwortung übernommen“, sagt er. „Die Blockade finden wir undemokratisch und unpolitisch.“ Ohne beschlossenen Haushalt wären der Bürgermeister und die Stadt monatelang nicht handlungsfähig. „Wir bei der SPD teilen viele Kritikpunkte am Verfahren, aber man trägt auch die Verantwortung“, so Fölkse. Den Haushalt findet er handwerklich gut gemacht, dennoch fordert die SPD in Zukunft Berater einzusetzen, die der Stadt bei der Konsolidierung helfen. „Wedel lebt über die Verhältnisse. Es fehlt ein Gesamtkonzept.“

Den Stand der Konsolidierung kritisiert auch Renate Koschorrek, Ratsfrau und Fraktionsvorsitzende der FDP. Die Politik habe sich von Prüfung zu Prüfung der Vorschläge gehangelt. Dennoch stimmte eine Mehrheit der Partei für den Haushalt. „Unter Schmerzen“ allerdings, wie Koschorrek betont.

Wedel: Zustimmung zum Haushalt „mit schlechtem Gewissen“

Auch bei den Wedeler Grünen fand die Haushaltssatzung keine volle Unterstützung. Den Entwurf nannte die Fraktionsvorsitzende Dagmar Süß „ein Ergebnis, mit dem wir alle nicht glücklich sind. Zumal das Ergebnis nur durch gleichzeitige Steuererhöhungen erreicht wurde.“

Ein Grüner, der gegen den Haushalt gestimmt hat, ist Olaf Wuttke. Er sagt im Nachhinein: „Ich bin nicht länger bereit, eine Politik mitzumachen, die bei den Ausgaben immer weiter draufsattelt und jeden Sparversuch nahezu als Verbrechen betrachtet.“ Auch Detlef Murphy von der Linken-Fraktion konnte seine Zustimmung „nur mit schlechtem Gewissen“ geben. Am Ende sei es aber gerechter, die gerade jetzt so dringend benötigte Handlungsfähigkeit zu erhalten, anstatt Leistungen zu kürzen.