Norderstedt. Mehr als fünf Wochen lang kamen pro Tag im Durchschnitt 200 Besucher nach Norderstedt-Mitte. Was den Gästen besonders gut gefiel.

Am Sonnabend um 19.03 Uhr gingen auf dem Wintervergnügen vor der Deutschen Post in Norderstedt-Mitte die Lichter aus. Alle Lautsprecher verstummten, und auch die mehr als 150 Besucherinnen und Besucher hielten inne und schwiegen – Schweigezeit für die Opfer der Amokfahrt mit einem schwarzen SUV über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg, bei der fünf Menschen getötet und mehr als 200 Personen zum Teil schwer verletzt wurden.

Der Attentäter, angeblich ein Anti-Islamist, kam 2006 aus Saudi-Arabien nach Deutschland, hat eine Zulassung als Arzt und arbeitete als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie; laut der Zeitung „Die Welt“ im Maßregelvollzug Bernburg, einer Einrichtung des Landes Sachsen-Anhalt für suchtkranke Straftäter. Sein Motiv für den entsetzlichen Anschlag? Unklar.

Norderstedter Wintervergnügen: Schweigezeit für Opfer der Amokfahrt in Magdeburg

Die Schweigezeit war eine bundesweite Aktion der Schaustellerinnen und Schausteller zum Gedenken an die Opfer des Anschlags auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. Auch die Schausteller des Norderstedter Wintervergnügens und die Gäste hielten sich eindrucksvoll daran.

„Wir würden uns dem Terror unterwerfen, wenn wir den ganzen Weihnachtsmarkt schließen, wir würden genau das tun, was Attentäter wollen, das aber dürfen wir auf keinen Fall zulassen“, sagte Thomas Will, Quartiersmanager der Interessengemeinschaft „Pact“ von Norderstedt-Mitte, die das Wintervergnügen seit 2018 zusammen mit der Veranstaltungsgruppe Bergmann organisiert. 2020 und 2021 musste die Veranstaltung wegen der Corona-Pandemie pausieren.

Agata und David Poborca genossen mit ihrem fünfjährigen Sohn Lukas die familiäre Atmosphäre mit nostalgischem Karussell und den romantischen Hütten auf dem Weihnachtsmarkt vor der Post in Norderstedt-Mitte.
Agata und David Poborca genossen mit ihrem fünfjährigen Sohn Lukas die familiäre Atmosphäre mit nostalgischem Karussell und den romantischen Hütten auf dem Weihnachtsmarkt vor der Post in Norderstedt-Mitte. © Heike Linde-Lembke | Heike Linde-Lembke

„Viele Gäste haben den Weihnachtsmarkt mehrfach besucht“

„Vom 20. November an hatten wir pro Tag und Abend mehr als fünf Wochen lang im Durchschnitt 200 Gäste“, sagte Will, „viele Gäste haben den Markt mehrfach besucht.“ Er habe viele Mütter und ihre Kinder gesehen, die ihre Ehemänner und Väter von der U-Bahn abholten, um dann gemeinsam über das Wintervergnügen zu schlendern, Grünkohl oder Gegrilltes zu essen, Glühwein, Kakao oder Kinderpunsch zu trinken, zu klönen, Karussell zu fahren oder sich die Hexe Knickebein und Willies Puppentheater im Zelt anzugucken.

„Das Kinderprogramm im Zelt hat viele junge Familien begeistert“, lobte Thomas Will das Konzept der Veranstaltungsagentur Bergmann, die das längste Norderstedter Weihnachtsvergnügen, das an diesem Sonntag noch bis 21 Uhr läuft, nach dem Vorbild des Weihnachtsmarktes der St. Markus Kirche in Eppendorf organisierte und damit offenbar einen Nerv traf.

Norderstedter Wintervergnügen: Gäste ignorieren schlechtes Wetter

Auch die Wohltätigkeitsaktionen „Advent im Schuhkarton“ mit gespendeten Paketen für Obdachlose und der Charity-Monday der „Zwitscherhütte“, die die Hälfte ihres Erlöses der der Norderstedter Jugendfeuerwehr spendete, kamen hervorragend an.

Das überwiegend schlechte Wetter konnte die Besucherinnen und Besucher nicht abschrecken. Sie genossen einfach den Feierabend-Absacker, das Kindervergnügen oder die Klönrunde auf dem gemütlich mit überdachten Ständen und kleinen Hütten eingerichteten Markt – ein Treffpunkt für alle Generationen inklusive Hunde.

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„Wir sind zum ersten Mal hier, weil unser Sohn Lukas gern Karussell fährt, und weil dieser Markt viel entspannter ist als die ganzen touristischen Groß-Weihnachtsmärkte in Hamburg“, sagten Agata und David Poborca aus Norderstedt stellvertretend für viele Gäste. Sie lobten das abwechslungsreiche Angebot und die entspannt-gemütliche Atmosphäre.