Kreis Segeberg. Toni Köppen träumt von ganzjährigem Wildwest-Gefühl in Bad Segeberg und Region. Wie Karl-May-Spiele noch mehr Besucher anlocken sollen.

  • Mehr als 445.000 Menschen haben 2024 die Karl-May-Spiele in Bad Segeberg besucht.
  • Bürgermeister Toni Köppen überlegt, eine Westernstadt aufzubauen.
  • Andere Festivalorte in Deutschland bieten mehr Rahmenprogramm.

Über 445.000 Besucher bei den Karl-May-Spielen 2024: Die Wildwest-Spiele in der Kalkbergarena von Bad Segeberg haben eine Dimension erreicht, die noch vor ein paar Jahren unmöglich erschien. Geht noch mehr? Aber ja, sagt Bürgermeister Toni Köppen und verrät ein bisher gut gehütetes Geheimnis: Es gibt Überlegungen, die Spiele noch attraktiver und für Besucherinnen und Besucher zu einem ganzheitlichen Erlebnis zu machen.

Eine Westerncity zum Beispiel könnte noch mehr Interessierte anlocken, um einen oder mehrere Tage in den Wilden Westen Schleswig-Holsteins einzutauchen. Winnetou und Old Shatterhand inklusive, um den Tourismus in der Region anzukurbeln. Segebergs Bürgermeister Toni Köppen bekennt: „Schon seit zwei Jahren treibt mich die Idee einer Westernstadt in oder bei Bad Segeberg um.“

Karl-May-Spiele: Bekommt Bad Segeberg eine Westerncity?

Schauspieler und Sänger Alexander Klaws wird nochmal Tarzan
Winnetou von Januar bis Dezember? Segebergs Bürgermeister Toni Köppen hält das für möglich und regt Überlegungen an. Winnetou-Darsteller Alexander Klaws wäre allerdings wohl nicht das ganze Jahr über verfügbar. © DPA Images | Daniel Bockwoldt

Es gibt elf weitere Karl-May-Spielorte in Europa, aber nirgends sind die Spiele so erfolgreich wie in Bad Segeberg – obwohl es Festivalorte gibt, die dem Segeberger Format einiges voraus haben.

Zum Beispiel die Karl-May-Spiele im sauerländischen Elspe: Das Konzept dieser Spiele, die 1958 erstmals stattfanden, unterscheidet sich deutlich von den Segeberger Spielen. In den 1980er-Jahren wurde den Karl-May-Festspielen in Elspe ein Rahmenprogramm aus Musik- und Akrobatikshows gegeben, das Gesamtangebot wird seit 1989 unter dem Begriff Elspe Festival präsentiert.

Karl-May-Spiele: Vorbilder finden sich an anderen Spielorten

Karl May Das Halbblut in Elspe.
Proben für das „Halbblut“ auf der Naturbühne in Elspe. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Ein großes Zelt ermöglichte es, auch Shows im Vorprogramm zu präsentieren. Besucher können also einen ganzen Tag lang in die Zeit des Wilden Westens abtauchen und als Höhepunkt das aktuelle Stück auf der Freilichtbühne sehen. Die Karl-May-Festspiele selbst erwirtschaften heute nur noch knapp 50 Prozent des Umsatzes, die andere Hälfte kommt aus Merchandising, und anderen Veranstaltungen. Die Aufführungen werden von 180.000 bis 200.000 Menschen pro Jahr besucht.

Ein ganzheitliches Konzept wird auch im Freizeitpark Pullman City im bayrischen Eging am See verfolgt. Der im Süden des Bayerischen Waldes gelegene Ort lockt die Karl-May-Fans mit Winnetou-Stücken und der Westernstadt Pullman City, die ganzjährig geöffnet hat. Showprogramm, Events, Restaurants, Hotels – wer will, kann ganz viel Wild-West-Atmosphäre schnuppern.

Themenhotels, Festivals, Rockabilly Weekends – alles wäre in Bad Segeberg möglich

Gäste, die länger bleiben, können übernachten. Zum Beispiel im mexikanischen Stil im Hotel La Hazienda, im Palace Hotel mitten auf der Mainstreet oder in originellen Blockhütten und Country Houses im angrenzenden Pullman-City-Ferienpark.

Vom 15. November bis 22. Dezember verwandelt sich Pullman City in ein „Winter Western Wonderland“ mit einem deutsch-amerikanischen Weihnachtsmarkt. Dazu gibt es Thementage (Country Week, Messen), Rockkonzerte, Partys, Rockabilly Weekends, Dance-Workshops), Festivals, Biker-Treffen und vieles mehr.

In Bad Segeberg gibt es außer den populären Karl-May-Spielen nichts Vergleichbares. Zwar können Besucher direkt an der Kalkberg-Arena in ungewöhnlichen Hotels übernachten und das kleine Westerndorf Indian Village neben der Kalkberg-Arena besuchen, von einem durchdachten Konzept kann aber keine Rede sein. Das Indian Village ist noch nicht mal ansatzweise attraktiv und leidet keineswegs unter einem großen Besucheransturm. Es führt ein Schattendasein.

Der Bürgermeister möchte die Nachbarorte mit ins Boot holen

Karl-May-Spiele in Bad Segeberg
Die Karl-May-Spiele in Bad Segeberg sind bundesweit populär. Toni Köppen möchte die Popularität nutzen, um den Tourismus im Kreis Segeberg zu beleben. © DPA Images | Jonas Walzberg

Warum also bleibt Bad Segeberg hinter den Möglichkeiten zurück, zumal es mitten in Schleswig-Holstein liegt und über die A20, A21 und A7 schnell zu erreichen ist?

Noch vor wenigen Monaten wurde auf Anfrage des Abendblatts abgewunken: Es gebe aktuell keine Überlegungen, an dem bestehenden Konzept etwas zu ändern, ließ Karl-May-Chefin Ute Thienel über ihren Mediensprecher mitteilen. So zurückhaltend wie die Geschäftsführerin der Karl-May-Spiele ist Segebergs Bürgermeister Toni Köppen indessen nicht.

Als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Kalkberg GmbH steht er praktisch über allem, sein Wort hat also Gewicht. Der Bürgermeister denkt großflächig, möchte die Nachbarorte mit ins Boot nehmen und dabei die gesamte Region im Blick haben. „Wir diskutieren zum Beispiel mit Wahlstedt und Trappenkamp über touristische Sachen und wie wir uns interkommunal größer aufstellen können“, sagt Toni Köppen.

Kalkberg soll touristisch aufgepeppt werden

Das Indian Village sei auch mit Rücksicht auf die Anlieger für eine große Lösung nicht geeignet, durch den Natur- und Artenschutz gebe es weitere Einschränkungen, geeignete Grundstücke seien nicht im Besitz der Stadt Bad Segeberg. Aber Entwicklungspotenziale gebe es in Richtung des Nachbarortes Weede. „Vielleicht ließe sich dort etwas einrichten“, sagt der Bürgermeister, schränkt aber gleich ein: „Das ist natürlich Zukunftsmusik.“

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Toni Köppen weiß, dass seine Vorstellungen nicht von heute auf morgen umgesetzt werden können. Alleine das Aufstellen eines Flächennutzungsplanes nehme bis zu anderthalb Jahre Zeit in Anspruch. Aber er hat eine Vision: Dem Bürgermeister schwebt ein ganzjähriges Angebot vor, um die Menschen in die Region zu locken.

Zu seinen Überlegungen gehört auch ein touristisches „Aufpeppen“ des Kalkbergs. Seine Idee einer gläsernen Kuppel hat bereits im vergangenen Jahr für viel Aufsehen gesorgt. Die Rede war von einem „Leuchtturmprojekt“ mit Strahlkraft für die ganze Region.

Karl-May-Spiele: Idee begeistert Wirtschaftsförderer

Start der 71. Karl-May-Spiele am Kalkberg
Karl-May-Fans unter sich. Bei der Karl-May-Premiere 2024 konnte Toni Köppen (rechts) Gäste der Landesregierung begrüßen: Ministerpräsident Daniel Günther (links) und Tourismusminister Claus Ruhe Madsen. Sie wären den Plänen des Bürgermeisters vermutlich nicht abgeneigt. © DPA Images | Georg Wendt

Die Ideen von Segebergs Bürgermeister fallen durchaus auf fruchtbaren Boden. Clemens Hermann, Geschäftsführer der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft des Kreises Segeberg (WKS), verfolgt einen ähnlichen Ansatz und hat bereits mit Toni Köppen über touristische Entwicklungsmöglichkeiten gesprochen. „Die Karl-May-Spiele sind die bekannteste touristische Marke im Kreis Segeberg, da ist es folgerichtig, Überlegungen anzustellen, wie aus einem Einzelerlebnis ein Gruppenerlebnis werden kann; eventuell auch mit passenden Übernachtungsmöglichkeiten.“