Norderstedt/Todesfelde. Das Team von Trainer Jean-Pierre Richter verliert zu Hause mit 1:2. Ex-Meister aus der Hansestadt verpasst einen deutlich höheren Sieg.

Konstanz bleibt für Fußballer von Eintracht Norderstedt in dieser Saison ein Fremdwort. Dem erlösenden 2:1-Auswärtserfolg in der Regionalliga Nord gegen den SSV Jeddeloh nach vier Pleiten in Serie folgte vor 1370 Fans beim 1:2 (0:2) gegen den VfB Lübeck eine rätselhaft schwache Leistung.

Von Beginn an übernahmen die Gäste das Kommando. Die im 5-3-2-System sehr tief agierenden Garstedter wirkten teilweise so, als seien sie nicht auf dem Platz. Schon in der 4. Minute musste Eintrachts Keeper Dave Ceesay einen scharfen Schuss des Lübeckers Julian Albrecht parieren. Bald darauf setzte Albrecht für die Gäste einen wuchtigen Rechtsschuss von halblinks im Sechzehnmeterraum nur knapp neben das Tor (13.). Damit nicht genug: Nach einem Ballverlust des Norderstedters Henok Tewolde konterten die Hansestädter mustergültig über den ganzen Platz. Albrecht scheiterte nun denkbar knapp aus spiegelverkehrter Position von halbrechts (17.).

Eintracht Norderstedt: In der ersten Halbzeit geht praktisch nichts

Nach einem kurzen Lebenszeichen der Eintracht – Manuel Brendel verpasste eine Hereingabe von Jack James (18.) – ging alles weiter wie vorher. Der agile Ex-Norderstedter Felix Drinkuth verpasste noch die Führung (24.), doch eine Minute später fiel das längst überfällige 0:1. Nach einer Ecke von Manuel Farrona Pulido kam der Ball zu Chancentod Albrecht, dessen strammen Schussversuch Jannik Westphal annahm. Anschließend tunnelte er Keeper Ceesay aus drei Metern (25.).

Ein Weckruf war der ins Netz kullernde Ball für die Eintracht aber nicht. Drinkuth (30./34.) und der unvermeidliche Albrecht (33.) hätten auf 0:2 erhöhen können, Farrona Pulido tat es schließlich. Einmal mehr kombinierte sich Lübeck mit einem einfachen Steilpass rechts durch. Den Schuss von Leon Sommer wehrte Ceesay fatal nach vorne ab, Pulido war aus zwei Metern zur Stelle (41.).

Dreifachwechsel bringt nicht die erhoffte Trendwende

Die nächste Überraschung dieser überraschungsarmen Partie gab es, als die Mannschaften wieder das Feld betraten. Obwohl der VfB Lübeck klar überlegen gegen eine selbst bei Standardsituationen überforderte Eintracht war, wechselte Norderstedts Trainer Jean-Pierre Richter nicht. Am Spiel änderte sich daraufhin auch erstmal nichts. Lübeck behielt die Kontrolle über die Begegnung.

17 Minuten nach dem Wiederanpfiff reagierte Richter schließlich mit einem Dreifachwechsel. Er brachte Luis Coordes, Nils Brüning und Nick Selutin für Henok Tewolde, Nathan Winkler und Jack James, stellte – dazu später mehr – aus Sicht des Abendblatts auf ein 3-4-3 um. Direkt im Anschluss köpfte Brendel eine Flanke von Dane Kummerfeld knapp neben das Tor (63.). Von einer Aufholjagd blieb die Eintracht jedoch weit entfernt. Der VfB, der nun eher im Verwaltungsmodus agierte, verpasste stattdessen noch einige Male das 3:0.

Spannende Taktikdiskussion auf der Pressekonferenz

Sehr spannend wurde es schließlich auf der Pressekonferenz. „Wir waren in der ersten Halbzeit nicht kernig genug und oft einen Schritt zu spät oder zu weit weg vom Mann. Der Gegner hat sehr selbstbewusst und souverän gespielt. Dafür hat meine Mannschaft in der zweiten Halbzeit die richtige Leidenschaft, Bereitschaft und Hingabe gezeigt“, sagte der Eintracht-Coach.

FC Eintracht Norderstedt vs. VfB Lübeck : (0:2)
Unzufrieden: Mannschaftskapitän Ersin Zehir konnte das Abrutschen von Eintracht Norderstedt auf Tabellenplatz 14 nicht verhindern. © noveski.com | noveski.com

Schon bezüglich des verbesserten, aber keineswegs guten Auftritts in der zweiten Hälfte war dies eine recht optimistische Einschätzung. Allerdings ging es noch weiter. Eine Änderung des Matchplans habe in der Pause durch eine veränderte Positionierung der eigenen Spieler auf dem Feld stattgefunden. Richter erläuterte diese Positionierungen (im Kern: linke eigene Seite höher schieben, um das starke Aufbauspiel des VfB Lübeck über Leon Sommer rechts zu unterbinden) wie immer stark und ausführlich.

Eintracht Norderstedt: Trainer Richter stellt sich vor seine Mannschaft

Doch dann überraschte er. „Wir haben mit dem Dreierwechsel nicht auf ein 3-4-3 umgestellt, sondern asymmetrisch gespielt“, erklärte er. Nils Brüning sah Richter dabei offenbar nicht als Angreifer, sondern als offensiven Mittelfeldspieler. Dabei agierte Brüning jedoch oft wie ein echter zentraler Angreifer, dass man ihn mit gutem Recht als echte Spitze bezeichnen kann, was wiederum in der Grundordnung nach dem Dreifachwechsel ein 3-4-3 ergibt. Wie auch immer, nach ausgiebiger und spannender Taktikdiskussion stellte sich der Norderstedter Trainer, wie es bei ihm guter Brauch ist, vor sein Team, erwähnte die zweifelsohne vorhandene Qualität des Gegners. Und befand: „Gegen den VfB Lübeck in der Schlussphase die Möglichkeit auf einen Punkt zu haben, ist nicht das Optimum, aber immerhin hatten wir diese Möglichkeit.“

Das stimmt zwar. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass seine Mannschaft sich über fünf bis sechs Gegentore nicht hätte beschweren dürfen und das knappe Ergebnis die Lübecker Überlegenheit nicht widerspiegelt. Intern dürfte diese Partie daher bei der Eintracht, die als 14. aktuell wegen der Abstiegsplätze von Hannover 96 II und dem VfL Osnabrück in der 3. Liga auf einem direkten Abstiegsrang steht, deutlich kritischer aufgearbeitet werden.

Erfolgsserie des SV Todesfelde reißt gegen Schlusslicht FC St. Pauli II

Lange Gesichter gab es aber nicht nur in Norderstedt, sondern auch beim SV Todesfelde; die Erfolgsserie des Aufsteigers ist nach vier Spielen ohne Niederlage gerissen. Die Mannschaft von Trainer Björn Sörensen, die aus den letzten fünf Partien elf Punkte geholt hatte, musste sich auf heimischem Terrain dem Tabellenletzten­ FC St. Pauli II mit 2:4 (1:2) geschlagen geben.

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Vor dem Anpfiff schwiegen die 509 Zuschauer im Joda-Sportpark und gedachten Mario Penk. Der Trainer der dritten Mannschaft des SVT war in der vergangenen Woche im Alter von 55 Jahren verstorben.

Doch auch sportlich gab es für die Hausherren kaum Grund zur Freude: Die Gäste trafen durch Maximilian Brauburger (16./31. Minute) und den eingewechselten Romeo Aigbekaen (78.), hinzu kam ein Eigentor von Moritz Achtenberg (74.). SVT-Innenverteidiger Christian Rave sorgte per Strafstoß für ein wenig Ergebniskosmetik (87.).