Bad Segeberg. Der auf Fehmarn geborene Schauspieler hat sich viele Lebensträume erfüllt. Warum er sich am liebsten in den Weiten Montanas aufhält.

Träumen kann man, was man will – aber wenn die Kindheitsträume von einst mit der Realität abgeglichen werden, sieht es meistens mager aus: Vieles ist ganz anders gelaufen als erhofft. Für Nick Wilder, der bei den Karl-May-Spielen den Erzschurken Emery Forster spielt, sind hingegen viele Träume Realität geworden. Er ist als Sportler und Schauspieler bekannt geworden und lebt heute dort, wo einst Cowboys ihrer Arbeit nachgingen: in Montana, am Fuß der Rocky Mountains.

Wer ihn sieht, kommt leicht auf die Idee, dass diesem Mann die angenehmen Seiten des Lebens einfach so in den Schoß gefallen sind. Wenn Nick Wilder die bald 72 Jahre seines Lebens Revue passieren lässt, steckt darin ein Kern Wahrheit. Dieser Mann nimmt das Leben ganz sicher von der leichteren Seite und genießt, was er sich erarbeitet hat. Das sind keine Reichtümer, aber für ein sorgenfreies und interessantes Leben reicht es allemal.

Nick Wilder: Der Karl-May-Schurke lebt in der Weite Montanas

Von Fehmarn, wo der Schauspieler 1952 als Klaus Wilder geboren wurde, in die weite Welt: Er selbst fasst dass Erreichte mit diesem Satz zusammen: „Der kleine Bauernjunge, der es schaffte, seine Träume zu verwirklichen.“ Das kann er mit Fug und Recht so sagen. Denn im Leben dieses einstigen Bauernjungen ist tatsächlich so allerhand passiert.

Gaststars Karl-May-Spiele
Nick Wilder ist bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg als Schurke Emery Forster zu sehen. © Karl-May-Spiele | Karl-May-Spiele

1970 war Fehmarn für kurze Zeit ein strategisch günstiger Wohnort: Dort fand im September, unweit des elterlichen Bauernhofes, das Love-and-Peace-Festival statt. Das ging in die deutsche Musikgeschichte ein, weil es das erste große Open-Air-Festival in Deutschland war, weil es im Chaos endete, vor allem aber, weil ein großer Musiker dort seinen vorletzten Live- und seinen letzten Festivalauftritt hatte: Jimi Hendrix verstarb wenige Tage nach seinem Fehmarn-Konzert.

Jimi Hendrix war für den Schauspieler eine große Inspiration

Für den damals 17-jährigen Klaus Wilder war es ein Aha-Erlebnis der Extra-Klasse. Für seine eigene Band war der Hendrix-Auftritt eine Inspiration, wie sie besser nicht hätte sein können. Seine Rock & Blues-Band „Flangia Kaiphos“ wurde 1970 bei einem bundesweiten Wettbewerb der BILD-Zeitung zur zweitbesten Schülerband der Republik gekürt.

Mit der großen Musikkarriere wurde es dann nichts, aber der erste Schritt in ein anderes Leben war gemacht. Dieses Leben entwickelte sich für Klaus Wilder von der Insel Fehmarn dann zwar ganz anders als eigentlich geplant, aber interessant ist es geblieben. Und meistens ist es ihm gelungen, den Trampelpfaden des Lebens geschickt auszuweichen. Der Zufall und eine gehörige Portion Selbstvertrauen bildeten das Fundament für ein Dasein als Weltbürger.

Karl-May-Spiele Bad Segeberg 2024
Der Mann mit der Mundharmonika: Nick Wilder (rechts) als Bösewicht Emery Forster. Bei einem rockigen Auftritt lässt er sich von einem Banjospieler begleiten. Sie spielen „Thunderstruck“ von AC/DC. © Frank Knittermeier | Frank Knittermeier

Ein Weltbürger, der als Holzwirt begann, Surfweltmeister wurde und als Schauspieler aufstieg

Eine Trampreise quer durch die USA war erst der Anfang. Dann folgte eine gut bürgerliches Studium als Holzwirt, das mit einem Diplom abgeschlossen wurde. Weil auf Fehmarn der Wind und die Wellen allgegenwärtig sind, verlegte sich Klaus Wilder aufs Surfen, was er so gut beherrschte, dass er den Versuch unternahm, mit dieser Sportart seinen Lebensunterhalt zu verdienen. In Dänemark eröffnete er sein erstes Windsurf-Geschäft, er wurde 1977 Weltmeister im Tandem-Windsurfen und wagte schließlich den Sprung in die USA.

In Fort Lauderdale (Florida) eröffnete er das Sportgeschäft „Windsurfing Madness“, das er zehn Jahre lang betrieb. Fernab vom Showgeschäft, jedoch mittendrin im wilden Leben an den Küsten des „Sunshine State“. Aber das Leben ist schließlich voller Zufälle. Ein nationaler Windsurfing-TV-Spot machte Agenturen auf ihn aufmerksam: Es folgte ein Engagement als Komparse in der populären TV-Serie „Miami Vice“. Ein kurzer, aber für ihn denkwürdiger Auftritt: „Ich hatte drei Sätze zu sagen.“

Das Haus von Nick Wilder und seiner Frau Christine Mayn auf einem acht Hektar großen Grundstück in Monatana. Das Gästehaus wird vermietet.
Das Haus von Nick Wilder und seiner Frau Christine Mayn auf einem acht Hektar großen Grundstück in Monatana. Das Gästehaus wird vermietet.

Wie aus dem Fehmarner Klaus, der amerikanische Nick wurde

Der Anfang war gemacht. Eine Schauspielkarriere als deutscher Klausi war unmöglich. Aus Klaus wurde in Anlehnung an den Vornamen des Großvaters Nick. Der Name Wilder war universell, also für die USA okay. Natürlich englisch ausgesprochen. Es folgten weitere Werbespots und Hunderte von Castings, die ins Leere liefen. „Ich wurde immer abgelehnt“, erinnert sich Nick Wilder.

Aber irgendwann klappte es doch. Sein Vorteil: Der Deutsche mit dem amerikanischen Namen sprach perfekt und akzentfrei die Sprache des Landes, in dem er Karriere machen wollte. Einige B-Movies und Soaps ebneten den Weg, bevor er 1994 von Roland Emmerich für den Film „Stargate“ engagiert wurde, was wiederum in Deutschland für Aufmerksamkeit sorgte.

Als Werbefigur „Herr Kaiser“ verdiente sich Nick Wilder das Geld für Land in Montana

Nick Wilder ist also ein deutscher Schauspieler, der über den Umweg USA auch hier Beschäftigung fand und populär wurde. Er spielte in deutschen und amerikanischen Serien und wurde schließlich als „Herr Kaiser“ die Gallionsfigur einer großen Versicherung. Eine Rolle, die wiederum dazu diente, einen Lebenstraum zu erfüllen. „Von der Gage für diese Werbefilme habe ich mir Land in Montana gekauft“, sagt Nick Wilder, der als Mitglied der damaligen Screen Actors Guild, einer Gewerkschaft für Schauspieler in den USA, heute immerhin eine monatliche Rente von 600 Dollar bekommt.

Als Arzt auf dem „Traumschiff“ wurde Nick Wilder einem breiteren Publikum bekannt. Von 2011 bis 2020 spielte er diese Rolle und genoss es, mit dem Schiff durch die Welt zu reisen. Seine Ehefrau Christine Mayn war gelegentlich als Schauspielerin oder als private Begleiterin dabei. Der Lebensmittelpunkt aber ist Montana, für Nick Wilder „der coolste Ort der Welt“. In der Nähe der Hauptstadt Helena gehört dem Ehepaar eine acht Hektar große „Parzelle“ auf dem Gelände einer ehemaligen Pferde-Ranch.

1998 wurde das Haus am Lake Hauser mit Panoramablick auf See, Wälder und Berge fertig

1997 wurde das Fundament gelegt, 1998 konnte das Haus mit Blick auf den Lake Hauser, umgeben von Fichten- und Kiefernwäldern, bezogen werden. Der Innenausbau und die Einrichtung wurden nach und komplettiert, 2014 kam ein Gästehaus als Anbau dazu. Heute präsentiert sich das Ensemble als ein Schmuckstück in den Weiten Montanas mit einem atemberaubenden Panoramablick auf See, Wälder und Berge. Das Gästehaus wird vermietet und ist damit eine zusätzliche Einnahmequelle.

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Wie der Zufall es will, ist Montana auch Heimat des Stammes der Assiniboines, jenen Ureinwohnern Amerikas also, die in dem aktuellen Karl-May-Stück „Winnetou II – Ribanna und Old Firehand“ eine wichtige Rolle spielen. Womit Nick Wilder im Gespräch mit dem Abendblatt wieder in der Gegenwart angekommen ist. Auch dieses Abenteuer am Kalkberg nimmt der Schauspieler, der den weitesten Anreiseweg aller Beteiligten hatte, mit Gelassenheit. „Wir lachen hier viel“, sagt Nick Wilder. „Es läuft gut, und alle Akteure sind ‚down to Earth‘.“

Am 7. August liest Nick Wilder in der Kalkberg-Oase aus seinem Buch

Mit viel Salz in der Badewanne und einer guten Grundfitness, die von den sportlichen Aktivitäten und dem aktiven Leben herrührt, übersteht der Schauspieler die anstrengende Zeit in den Jagdgründen der Assiniboines am Kalkberg in Bad Segeberg. Und das beweist er: Für das Foto klettert auf das Dach der Kutsche, die ihn später für seinen ersten Auftritt in die Arena bringen wird. Von dieser leicht akrobatischen Einlage lässt er sich auch durch die entsetzten Ausrufe des Karl-May-Pressechefs nicht abbringen. Der hat Angst um seinen Hauptdarsteller.

Nick Wilder hat seinen Spaß in Bad Segeberg. In der Stadt hat er interessante Restaurants mit indischem oder vietnamesischem Essen entdeckt, und nebenbei gibt er Lesungen. Zum Beispiel am Mittwoch, 7. August, in der Kalkberg-Oase. Dann liest er aus seinem Buch von 2020 „Das Leben ist wilder, als man denkt“. Dort wird er auch zur Gitarre und Bluesharp greifen, um den Besuchern Blues-Klassiker, aber auch Songs von Hannes Wader und Country-Legende Willi Nelson zu präsentieren. Die Lesung in der Kalkberg-Oase, Hamburger Straße 66, beginnt um 19 Uhr, Einlass ab 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.