Bad Segeberg. Was Polarisierung anrichtet, lässt sich in der Politik beobachten - nicht nur in den USA. Schauspieler Nick Wilder, der überwiegend in Montana lebt, verfällt deswegen aber nicht in Pessimismus.
Schauspieler Nick Wilder, der diesen Sommer für die Karl-May-Spiele in Deutschland verbringt, blickt kritisch auf die gesellschaftliche und politische Lage in seiner Wahlheimat USA. Der 71-Jährige lebt seit rund 25 Jahren mit seiner Frau überwiegend in Montana.
Die Menschen nicht nur in den USA stünden sich zunehmend unversöhnlich gegenüber, sagte Wilder der dpa. Einen Grund dafür macht er im digitalen Leben aus: Viele hätten sich zur Geisel des Internets und der sozialen Medien gemacht, findet Wilder. „Man ist komplett steuerbar von Algorithmen, von Künstlicher Intelligenz.” Man klicke etwas an und werde dann nur noch damit gefüttert. „Man landet in einer Bubble.” Im Gespräch mit Freunden und Nachbarn habe für ihn daher immer die Regel gegolten: „Keine Politik, keine Religion.”
Er verfalle deswegen aber nicht in allgemeinen Pessimismus. „Ich war immer ein Optimist”, sagt der auf der Ostseeinsel Fehmarn aufgewachsene Schauspieler, den das deutsche Publikum zum Beispiel als Arzt aus dem „Traumschiff” oder Versicherungs-Werbefigur „Herr Kaiser” kennt.
Wilder hat Verständnis für Biden
Wilder hofft, dass die US-Wahl im November zugunsten von Präsident Joe Biden ausgeht. Wer auf der Seite von Donald Trump stehe, sei für Argumente kaum noch zu erreichen, merkt der Schauspieler.
Biden sei zwar über 80 Jahre alt und habe in der TV-Debatte keine gute Figur abgegeben. Aber: „Er hat ein unglaubliches Wissen. Natürlich ist er ein alter Mann. Aber er hat eine Wahnsinnserfahrung. Wenn man überlegt, was für ein Programm er in seinem Alter zu absolvieren hat, dann ist so ein schlechter Tag absolut zu entschuldigen”, sagte Wilder.
Er erkennt vor dem Hintergrund von Problemen wie dem Klimawandel auch die Verantwortung, etwas zu tun und Einfluss zu nehmen. „Bei mir kommt das Bewusstsein hoch, wie dankbar ich bin, in der besten Zeit geboren zu sein.”
Er habe selbst immer nach dem Grundsatz gelebt, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen und das eigene Ego zurückzustellen. Das fehle aber vielen Menschen, findet Wilder: Jeder wolle Recht behalten - und das schon bei kleinsten Konflikten in der Nachbarschaft. „Es geht nicht um die Sache, es geht nur um das Ego.”
Karl-May-Spiele vermitteln Liebe und Respekt
Die Karl-May-Spiele passen nach Wilders Überzeugung sehr gut in diese problembeladene Zeit. „Den Inhalt dieser Spiele hier finde ich wunderschön. Es ist eine simple Botschaft, die auch historisch etwas widerspiegelt.” Er verweist zum Beispiel auf die Lage der indigenen Bevölkerung in seiner Wahlheimat Montana, wo diese sieben Reservate zugeteilt bekommen hat - zumeist unbrauchbares Land. Die Regierungen hätten all ihre Vereinbarungen mit den indigenen Völkern in den USA niemals eingehalten. „Die Karl-May-Spiele dagegen vermitteln Liebe und Respekt.” Denn darum gehe es, sagte Wilder.
In Bad Segeberg spielt der 71-Jährige im Stück „Winnetou 2 - Ribanna und Old Firehand” den Schurken Emery Forster. Ein Mann, der meint, über dem Gesetz zu stehen - schlimmer noch, das Gesetz selbst zu sein. Bei Karl May weiß das Publikum schon vor der Aufführung, dass das am Ende nicht gut für den ebenso durchtriebenen wie charmanten Gangster ausgehen kann.
© dpa-infocom, dpa:240707-930-166226/1