Bad Segeberg. Alles wird teurer – nur ein Besuch der Karl-May-Spiele nicht? Wie die Preisgestaltung bei Tickets für Winnetou und Co. abläuft.
Sie hat einen der schönsten Jobs, die es in Norddeutschland gibt: Seit einem Vierteljahrhundert ist Ute Thienel Geschäftsführerin der Kalkberg GmbH in Bad Segeberg und damit Chefin der Karl-May-Spiele. Die sind unter ihrer Führung von einem Zuschauerrekord zum nächsten geeilt, und inzwischen gar nicht mehr so weit von der maximalen Auslastung entfernt. In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht Thienel über den gewaltigen Aufschwung, erstaunlich niedrige Preise und die Kritik an den Winnetou-Geschichten. Das komplette Gespräch ist unter www.abendblatt.de/entscheider zu hören.
Das sagt Ute Thienel (65) über…
… die Karl-May-Spiele, deren Zukunft Anfang der 80er-Jahre infrage standen: „Anfang der 80er-Jahre ging es den Karl-May-Spielen nicht gut, es wurde sogar darüber diskutiert, ob man damit aufhört und am Kalkberg nur noch Konzerte veranstaltet. Damals hat man die Kalkberg GmbH gegründet, weil vorher alles in der Stadtvertretung entschieden wurde, bis hin zu der Zahl der Schüsse, die pro Aufführung abgegeben werden sollten. Mit Hilfe der GmbH wollte man die Karl-May-Spiele auf eigene Beine stellen und schlagkräftiger machen. Aber erstmal ging es noch weiter bergab: 1982, zwei Jahre nach Gründung der GmbH, kamen nur 45.000 Zuschauer – aber damals hat man auch viel falsch gemacht. Es gab zum Beispiel Aufführungen am Vormittag, weil man Angst hatte, abends zu viele Zuschauer an die Spiele der Fußball-WM zu verlieren, die zeitgleich stattfand.“
… der Aufschwung der Karl-May-Spiele, der mit Pierre Brice als Winnetou einen ersten Höhepunkt erreichte: „In den Jahren nach der Gründung der Kalkberg GmbH ging es mit einem vernünftigen Spielplan und einem Werbe- und Marketingkonzept nur langsam bergauf. Bis dann Pierre Brice 1988 als Winnetou kam. Er war ja nur vier Jahre da, hat die Besucherzahlen in seiner letzten Saison aber auf mehr als 300.000 steigen lassen. Aber als Pierre Brice wieder ging, sanken die Zahlen auch schnell wieder um 100.000. Heute ist das zum Glück nicht mehr so. Wir haben uns durch die Art und Weise, wie wir die Inszenierungen verändert haben, unabhängiger gemacht.“
… die Suche nach neuen Darstellern: „Ich beobachte ständig den Markt und habe eine Liste an Schauspielerinnen und Schauspielern, mit denen wir immer mal wieder sprechen. Manchmal kommen wir erst nach zehn Jahren zusammen, weil es dann gerade passt. Das Anforderungsprofil an einen Schauspieler bei uns ist groß: Man muss sportlich sein und sehr gut reiten können. Außerdem muss man ein sehr guter Schauspieler mit einer großen Bühnenpräsenz sein, um unser großes Theater bespielen können. Das ist nicht einfach, und trotzdem haben wir bei den Schauspielern und ihren Agenturen einen ganz anderen Stellenwert als noch vor 20 Jahren. Es gibt viele, die wissen, dass sich ein Engagement bei den Karl-May-Spielen in der eigenen Vita sehr gut macht.“
… die Kritik an Karl May: „In Deutschland gehören die Romane und die Filme von Karl May genauso wie die Karl-May-Spiele zum Kulturgut. Alles ist so positiv besetzt, dass Kinder sich selbstverständlich als Indianer verkleiden möchten. Und ich kann auch nicht sehen, was daran schlimm sein soll. Man schlüpft in die Rolle von jemandem, den man bewundert. Es kommt hinzu, dass es weder Winnetou noch Old Shatterhand oder eine der anderen Figuren von Karl May je gegeben hat. Wir bewegen uns in einer Märchenwelt, das sollten wir nie vergessen.“
… den besten Platz am Kalkberg: „Mein Lieblingsblock ist der Block B, ziemlich in der Mitte. Gleichzeitig hat aber auch der obere Bereich seinen Charme, weil man von dort diesen fantastischen Überblick hat. Am schnellsten weg sind allerdings die Plätze in den ersten Reihen, direkt an der Bühne. Es gibt sehr, sehr viele Fans, die in die Augen der Schauspieler schauen und ganz dicht dran sein wollen.“
… immer neue Besucherrekorde: „Ins Theater passen rund 7500 Besucher. Wenn alle 72 Shows ausverkauft wären, könnte man also über 530.000 Leute unterbringen. Man muss aber nicht jedes Jahr einen neuen Rekord feiern. Auch kommt die Infrastruktur in Bad Segeberg langsam an ihre Grenzen. Wir sind vollständig zufrieden mit den Besucherzahlen, die wir in den vergangenen Jahren erreicht haben.“
Entscheider treffen Haider
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… die Ticketpreise: „Die teuerste Karte ganz unten kostet für den Erwachsenen 35 Euro und für Kinder 29 Euro. Aber man kann oben als Familie mit vier Personen die ganze Show inklusive Feuerwerk für 76 Euro sehen. Die Preisgestaltung ist uns wichtig: Die Karl-May-Spiele sollen immer ein preiswertes Vergnügen sein, gerade für Familien und gerade in Zeiten, in denen alles teurer wird. Ich habe noch nie eine Mail erhalten, in der sich jemand beschwert hat, dass unsere Preise zu hoch sind. Unser Vorteil gegenüber anderen Theatern: Wir haben so viele Plätze, dass es uns leichter fällt, die Preise niedrig zu halten. Wir kommen trotzdem auf unsere Kosten und machen Gewinne, von denen Bad Segeberg profitiert. Wir führen als Tochterunternehmen 75 Prozent unserer Gewinne an die Stadt ab, 25 Prozent behalten wir als Rücklagen – was uns in der Corona-Zeit sehr geholfen hat.“
… den Sommer, in dem sie seit 25 Jahren niemals Urlaub machen kann: „Mir käme niemals in den Sinn, während der Saison Urlaub zu machen, niemals. Wer bei uns arbeitet, ob es nun einer der 80 Menschen auf der Bühne ist, oder die insgesamt 300, die rundherum im Einsatz sind, hat im Sommer keinen Urlaub. Ich persönlich finde das aber auch gar nicht schlimm. Dafür habe ich einen der schönsten Arbeitsplätze, die es in Norddeutschland gibt.“