Kaltenkirchen. Arbeitsminister Claus Ruhe Madsen besucht Firma Bagela Baumaschinen. In dem Exportbetrieb arbeiten Migranten aus mehreren Nationen.
Mit Metall kennt Andrii Bobrovskij sich aus. Routiniert steht der Schlosser an der Werkbank der Firma Bagela Baumaschinen in Kaltenkirchen, hantiert mit Werkzeugen und dem Schraubstock. „Der ist hier, weil er richtig arbeiten will“, sagte Bagela-Geschäftsführer Christof Dammeyer über seinen Mitarbeiter, den er vor sechs Wochen eingestellt hat. Menschen wie der 40-Jährige aus der Ukraine werden in vielen Unternehmen gesucht: Flüchtlinge, die schnell einen Arbeitsplatz besetzen können.
Dazu gehört auch die 31-jährige Mercy Kimani, die vor einem Jahr und neun Monaten aus Kenia nach Deutschland kam und jetzt eine kaufmännische Ausbildung bei Bagela beginnt, nachdem sie zuvor das Unternehmen in der Elektrowerkstatt kennengelernt hat. „Sie will ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten“, sagt Geschäftsführer Dammeyer über seine Mitarbeiterin – eine Winwin-Situation für beide Seiten. Mercy Kimani und Andrii Bobrovskij haben Jobs gefunden, und der Betrieb in Zeiten des Fachkräftemangels vielversprechende Mitarbeiter.
Arbeit für Flüchtlinge: Der neue „Job-Turbo“ zündet
Außerdem beschäftigt die 60 Mitarbeiter starke Firma Menschen aus Afghanistan, dem Irak und dem Iran. Demnächst kommt ein 17 Jahre alter Azubi aus der Ukraine dazu. Dass die Menschen aus dem Ausland schnell und effektiv Jobs besetzen können, ist unter anderem auf den „Job-Turbo“ zurückzuführen, den die Bundesregierung und die Agentur für Arbeit im vergangenen Jahr gezündet haben. Damit sollen Jobsuchende schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden als vorher.
Dass der „Job-Turbo“ funktioniert, davon konnten sich Schleswig-Holsteins Arbeits- und Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) und der Chef der Regionaldirektion Nord der Arbeitsagentur, Markus Biercher, bei einem Besuch bei Bagela überzeugen. Das Unternehmen hat in Kaltenkirchen expandiert und sucht ständig Mitarbeiter, zum Beispiel Metallbauer, Schlosser und Landmaschinenmechaniker. „Wir könnten die Zahl der Arbeitsplätze verdoppeln“, sagt der Geschäftsführer.
Doch nicht immer kann er die Menschen einstellen, die sich aus dem Ausland bei ihm bewerben. Einem Bewerber aus Marokko musste er kürzlich absagen, weil dessen Ausbildung nicht anerkannt wurde. Fälle wie diese kann der Geschäftsführer reihenweise nennen. Um seine Probleme bei der Besetzung von Arbeitsplätzen zu minimieren, arbeitet Dammeyer eng mit den Jobcentern zusammen, die möglichst passgenau Bewerber vermitteln.
Minister: Die Menschen erkennen ihre Chance
Madsen ist zufrieden mit dem „Job-Turbo“. Wurden davor erst Menschen an Firmen vermittelt, wenn sie gute Deutschkenntnisse vorweisen konnte, so steht jetzt der Arbeitsplatz im Vordergrund. Viele Menschen seien demotiviert gewesen, weil sie arbeiten wollten, aber nicht durften. Auch für die Arbeitgeber hat der „Turbo“ die Suche erleichtert. „Die Menschen sind jetzt sehr motiviert und erkennen ihre Chance“, sagte der Minister bei dem Firmenbesuch.
Bei der Einstellung von Migranten stehen die Arbeitgeber jedoch nicht nur vor der Herausforderung, Menschen mit wenig Deutschkenntnissen zu beschäftigen. Sie kümmern sich in der Regel auch um eine Wohnung, helfen bei Verträgen und so manchem Behördengang. „Man ist manchmal Mama und Papa, Onkel und Tante“, sagte Madsen.
Noch nie haben so viele Menschen sozialversichungspflichtig gearbeitet
Agenturchef Biercher und seine Kollegen sehen es als ihre Aufgabe an, Menschen und Betriebe zueinander zu bringen. Außerdem wies er in Kaltenkirchen auf die gesellschaftliche Erwartung hin, dass Flüchtlinge arbeiten sollten. Ein Konzept, das offenbar aufgeht: Noch nie waren so viele Menschen sozialversicherungspflichtig in Schleswig-Holstein beschäftigt wie im vergangenen Monat. Ohne die Menschen aus dem Ausland wäre es kaum noch möglich, den Wohlstand in Deutschland zu erhalten, meint Biercher.
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Dazu tragen auch Menschen wie Mercy Kimani und Andrii Bobrovskij bei. Sie wollen dauerhaft in der Region bleiben. Die Kenianerin lebt mit ihrem Mann in Bad Bramstedt und möchte irgendwann eine Familie gründen. Der Ukrainer wohnt mit seiner Familie in Seth. Er hät sich seit zwei Jahren in Deutschland auf, konnte aber wegen vieler Krankenhausaufenthalte nicht arbeiten. Er gehörte zu den Beschäftigten des Asow-Stahlwerks in Mariupol, dass von russischen Truppen belagert und zerstört wurde. Dabei erlitt Andrii Bobrovskij schwere Verletzungen.
Darüber redet er im Betrieb nicht viel. Erst einmal will er arbeiten, ankommen und sich zurechtfinden.