Henstedt-Ulzburg. Die ältesten Unterlagen reichen zurück bis 1620. Was an dem Reiterhof an der Breslauer Straße in Henstedt-Ulzburg so besonders ist.

Thomas und Petra Wiese leiten die Reitanlage Op’n Diek in Henstedt-Ulzburg in neunter Generation – mindestens, denn mehr geben die alten Kirchenbücher nicht her. Ein Paradies für Pferde ist die Anlage aber erst seit 1986. Damals verließ die letzte Kuh den Hof...

Beim Blick auf die Homepage von Op’n Diek wird der Vorspann der TV-Serie „Das Erbe der Guldenburgs“ ein bisschen lebendig. Damals. In den Achtzigern. Ein Schwenk aus der Vogelperspektive über Hofanlage und Reitplatz. Wiesen und Weite. Und der Gedanke: Das hat Klasse, das hat Stil.

Pferdehof: Familie Wiese leiten Op’n Diek in der neunten Generation

So ganz anders ist das auch nicht, wenn man tatsächlich durch dieses grüne Tor auf den Hof der Reitanlage fährt. Nur, dass man sich vorher ein bisschen gewundert hat, weil die Breslauer Straße vorher durch eine recht dicht bebaute Wohnsiedlung führte. Aber dann! Auf 22 Hektar Land erstrecken sich Weide und Grünland, Wohnhaus und Stallgebäude, ein kleiner See, romantische Sitzecken, gut zwei Kilometer eigens für die 28 Einsteller angelegte Reitwege, eine 20 x 40 Meter große Halle.

Dazu eine kleine Longierhalle, draußen der riesige Springplatz, ein etwas kleinerer Longierplatz und das Highlight: ein leuchtend weißer, 20 x 60 Meter großer Dressurplatz.

Der 20 x 60 Meter große Dressurplatz verbirgt ein Geheimnis

Letzterer ist nicht nur der große Stolz von Thomas Wiese, sondern auch sein gut gehütetes Geheimnis: „Der Untergrund besteht aus einem Mix aus speziellem, eigentlich zur Glasherstellung verwendetem Quarzsand, der mit kleinen Fliesfasern zusammengehalten wird“, erklärt er, kniet sich hin und nimmt etwas von der weichen, die Gelenke der Pferde schonende Masse in die Hand.

Die Reitanlage hat breite, lichtdurchflutete Ställe und auch ein Solarium für die Pferde.
Die Reitanlage hat breite, lichtdurchflutete Ställe und auch ein Solarium für die Pferde. © Unbekannt | Tanja Breukelchen

„Die Mischung verrate ich nicht, denn sie muss genau so sein, dass die Pferde auf dem Untergrund genügend Halt haben und nicht wegrutschen. Wer das nachmachen möchte, muss es alleine herausfinden“, sagt Wiese.

„Das ist genau das, was die Tiere brauchen“

Dann schiebt er den Sand zur Seite und zeigt auf den Untergrund: eine spezielle Gummimatte, durch die Regenwasser rasch abfließt. „Selbst nach einem Starkregen ist der Platz innerhalb von wenigen Minuten wieder trocken.“

Als Thomas Wiese den Reitplatz vor einigen Jahren anlegte, hatten ihn einige Leute gewarnt, das sei doch viel zu teuer und viel zu pflegeintensiv. Doch Wiese hat den Schritt nie bereut: „Das ist genau das, was die Tiere brauchen“, sagt er – und präsentiert noch mehr solcher Orte auf dem Hof, die er extra auf die Bedürfnisse der Tiere abgestimmt hat, nachdem er sie über eine lange Zeit beobachtet, sich in sie eingefühlt und sich Gedanken gemacht hat. Das Solarium, in das die Tiere gerne gehen, nachdem sie geritten wurden. Oder den Auslaufstall mit beheizten Tränken, der speziell für Fohlen, aber auch für körperlich etwas angeschlagene Pferde, die man sich in Ruhe anschauen will.

Rundum-Pakete sind individuell buchbar

Die Menschen, die ihre Lieblinge bei den Wieses einstellen, wissen es zu schätzen. Schulpferde oder einen regulären Reitschulbetrieb gibt es auf der Anlage nicht. Dafür große Boxen, die Luxusvarianten sogar mit eigenem Freilauf, in denen Pferde Quartier beziehen.

Außerdem gibt es ein individuell buchbares Rundum-Paket: vom morgendlichen Koppelgang über auf die Tiere abgestimmte Fütterungen bis hin zur Bewegung und mehreren Reitlehrern, die ihre speziellen Schwerpunkte haben.

Viele der Einsteller starten mit ihren Pferden bei Turnieren

„Viele der Einsteller starten mit ihren Pferden bei Turnieren, die meisten davon schwerpunktmäßig in der Dressur“, erzählt Petra Wiese. Sie selber tendierte früher eher zum Springreiten. Als sie mit 17 Jahren ihr eigenes Pferd hatte, stellte auch sie es auf der Reitanlage Op’n Diek unter – und verliebte sich in ihren Thomas.

Damals gehörte der Hof noch seinem Vater. Der hatte die Anlage in achter Generation wiederum von seinem Vater übernommen, der ein großer Pferde-Fan war, sich damals aber noch der Landwirtschaft verschrieben hatte.

Op’n Diek ist 1987 komplett auf Reitbetrieb umgestellt worden

„Mein Vater musste dann aber mal mit dem Pferd auf dem Feld arbeiten, hatte sich den Zügel um die Hände gewickelt und ist irgendwie abgerutscht“, sagt Thomas Wiese. „Das Tier hat ihn kreuz und quer über das Feld hinter sich hergezogen. Das saß wohl tief.“

Auf der Jährlingskoppel hat der Pferdenachwuchs viel Freude und kann sich nach Lust und Laune austoben.
Auf der Jährlingskoppel hat der Pferdenachwuchs viel Freude und kann sich nach Lust und Laune austoben. © Unbekannt | Tanja Breukelchen

Vater Wiese stellte 1987 komplett auf Reitbetrieb um und begann, Boxen zu vermieten. In einer davon stand auch Thomas Wieses erstes Pony: „Ich war sechs Jahre alt, als ich es bekam – und es hieß Ben, auch wenn es kein Hengst, sondern eine Stute war…“

Tochter Jenny Wiese ist ebenso pferdeverrückt wie Mutter Petra

Mittlerweile reitet er nicht mehr, aber er hat einen engen Draht zu jedem einzelnen Pferd, bewirtschaftet den Hof und baut sogar das Futter komplett selber an. Sohn Tom (19), der gerade eine Ausbildung zum Mechatroniker macht und Autos und Maschinen liebt, wird in ein paar Jahren ganztags auf dem Hof einsteigen. Tochter Jenny ist ebenso pferdeverrückt wie ihre Mutter.

Gemeinsam verschwinden die Damen im Stall, um ihren großen Stolz zu holen: Belissima! Die 18-jährige Hannoveraner-Stute wurde 2022 erfolgreich gedeckt. Ihr Jährling tollt ein paar Weiden weiter mit dem Pferdekindergarten über das Gelände. Außerdem holt Jenny Wiese Rosi, eine siebenjährige Hannoveraner-Stute, die sie gerade zum Dressurpferd ausbildet.

Frank Dohrn arbeitet seit nunmehr 23 Jahren auf dem Hof

Zucht und Ausbildung stecken noch in den Kinderschuhen, aber Jenny Wiese, die in Hamburg lebt und nach einem Wirtschaftsstudium ein halbes Jahr in Neuseeland war und dort viel über die Aufzucht von Dressurpferden gelernt hat, verbringt viel Zeit mit den Tieren.

Mitarbeiter Frank Dohrn ist seit nunmehr 23 Jahren auf dem Hof. Im Reiter­stübchen, das ein bisschen einer Gastwirtschaft gleicht, aber seit Jahren nicht mehr betrieben wird, reihen sich alte Kaffeekannen aus verschiedenen Jahrhunderten auf Tresen und Fensterbänken. An den Wänden hängen Porträts einiger Urahnen, daneben eine alte Luftaufnahme vom Hof.

Reiterhof: Die ältesten Unterlagen datieren aus dem Jahr 1620

„Da steht noch Heinzi, das letzte Pferd vom Uropa“, sagt Thomas Wiese und zeigt auf einen kleinen Fleck oben links in der Ecke. „Und dort war früher das Wohnhaus, das nach einem Blitzeinschlag 1934 abgebrannt ist. Das war ein Reetdachhaus aus dem 15. oder 16. Jahrhundert.“

Wie weit man die Tradition der Familie und mit ihr die des Hofes zurückverfolgen kann, ist nicht ganz sicher. „Unterlagen gibt es bis 1620, die Kirchenbücher aus der Zeit davor sind schwer zu lesen. Aber offenbar geht es da noch weiter.“

Tradition verpflichtet. Und das ist irgendwie auch schön, finden die Wieses, die bis auf eine gemeinsame Urlaubswoche auf Mallorca ihr Leben lang auf Familienurlaub verzichtet haben. Thomas Wiese nickt und sagt: „Bei uns stehen die Tiere immer an erster Stelle. Wenn man so etwas nicht mit totaler Lust und Leidenschaft angeht, sollte man damit gar nicht erst anfangen.“