Norderstedt. Teammanager Olaf Bösselmann lässt 20 Jahre Eintracht Norderstedt Revue passieren. Und erinnert sich daran, wie 2003 alles begann.
Der FC Eintracht Norderstedt 03 wurde am 24. April 2003 im Büro des Rechtsanwalts und Notars Thomas Zeißing als Nachfolgeverein der Fußballabteilung des 1. SC Norderstedt gegründet.
Olaf Bösselmann (58) ist seitdem als Teammanager der ersten Herrenmannschaft mit an Bord. Der kaufmännische Angestellte im Groß- und Einzelhandel lässt im Interview mit dem Abendblatt die vergangenen 20 Jahre noch einmal Revue passieren, wagt aber auch einen Blick in die Zukunft.
Eintracht Norderstedt: Der Teammanager sorgt fürs Organisatorische
Hamburger Abendblatt: Herr Bösselmann, Eintracht Norderstedt hat einen Präsidenten, einen Geschäftsführer, einen Sportlichen Leiter, einen Zeugwart. Verraten Sie doch mal, welche Aufgaben dann noch für den Teammanager übrig bleiben.
Olaf Bösselmann: In den vergangenen 20 Jahren habe ich mich bis auf die Vertragsverhandlungen mit den Spielern um so ziemlich alle anderen organisatorischen Dinge gekümmert – also die Abfahrzeiten des Mannschaftsbusses geregelt, bei Auswärtspartien das Essen für unterwegs bestellt, die Trainingslager mitgestaltet. Vor den Heimspielen kopiere und hinterlege ich die Mannschaftsaufstellungen für die Presse und den Gegner. Ins Sportliche mische ich mich nicht ein.
Vom Spielgeschehen bekommt Olaf Bösselmann kaum etwas mit
Das ist aber noch nicht alles...
Das stimmt. Ich bin auch noch Sicherheitsbeauftragter, wenn es im Edmund-Plambeck-Stadion um Punkte geht und sorge in Zusammenarbeit mit unserem Security-Service Power und gegebenenfalls der Polizei für einen reibungslosen Ablauf, habe beispielsweise immer die Fluchtwege im Blick. Vom Geschehen auf dem Platz kriege ich so gut wie nichts mit. Eine ganz besondere Herausforderung war im Sommer 2017 unser DFB-Pokal-Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg, da herrschte Ausnahmezustand.
Jetzt aber zur Historie von Eintracht Norderstedt. Sie gehören seit der Vereinsgründung im Jahr 2003 zum Funktionsteam; wie hat denn alles begonnen?
Ich war damals Fußballobmann beim 1. SC Norderstedt, habe Verhandlungen mit dem SCN-Vorstand über einen Wechsel der kompletten Sparte in einen neuen Verein geführt. Es gab kaum noch Geld für die Fußballer, wir waren gerade aus der Bezirks- in die Kreisliga abgestiegen, viel schlechter konnte es nicht mehr werden. Dann kam eine Gruppe um Eddy Münch mit dem Wunsch der Gründung eines Fußballclubs auf mich zu. Ich habe mir alles angehört, dann dafür plädiert, den Schritt zu wagen; anschließend sind die rechtlichen Dinge und die Übernahme der Anlage an der Ochsenzoller Straße geklärt und Eintracht Norderstedt ins Vereinsregister eingetragen worden. Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ist dann beschlossen worden, die Abteilung vom 1. SC Norderstedt abzukoppeln und gehen zu lassen.
Aufstieg in die Regionalliga Nord als Fünfter der Oberliga
Wie ging es dann weiter?
Man hat mich für den sportlichen Bereich als Teammanager ins Boot geholt. Geplant war zunächst nur, den Aufstieg von der Kreis- bis in die Landesliga zu schaffen. Das ging schneller, als alle dachten. Dann ist Horst Plambeck eingestiegen. Also haben wir die Oberliga angepeilt, in der wir uns etablieren wollten. An den Aufstieg in die Regionalliga hat zunächst niemand gedacht. Erst als alle Fragen im Umfeld geklärt waren, hieß es: Jetzt wollen wir es mal probieren.
Der Sprung in die vierthöchste deutsche Klasse gelang dann ja zehn Jahre nach der Vereinsgründung unter kuriosen Umständen...
Ja, weil die Clubs vor uns nicht konnten oder wollten, haben wir haben als Tabellenfünfter der Oberliga Hamburg an der Regionalliga-Aufstiegsrunde teilgenommen und Lupo Martini Wolfsburg, den Brinkumer SV sowie den SV Eichede ausgeschaltet.
„An den DFB-Pokal kommt vom Flair her nichts ran“
Was waren weitere Höhepunkte in der Historie von Eintracht Norderstedt?
Natürlich unsere Erfolge im Hamburger Oddset- beziehungsweise Lotto-Pokal in den Jahren 2016, 2017 und 2020. Das Größte waren aber unsere vier DFB-Pokalspiele. Zu Hause 2016 gegen Greuther Fürth, 2017 den VfL Wolfsburg und 2021 gegen Hannover 96 , 2020 bei Bayer 04 Leverkusen. Da kommt vom Flair her nichts ran, man steht eine Woche lang auf der großen Bühne. Wir mussten gegen Leverkusen wegen der strengen Corona-Auflagen auswärts spielen und sind vom Gegner außergewöhnlich freundlich und zuvorkommend behandelt worden. Das hat mich sehr beeindruckt. Richtig Spaß gemacht hat zudem das letzte Regionalliga-Punktspiel der Saison 2022/2023 gegen den VfL Lübeck.
Und was waren die größten Enttäuschungen?
Sicherlich die Niederlage im Oddset-Pokal-Endspiel 2019 gegen die TuS Dassendorf sowie das Halbfinal-Aus im Cupwettbewerb gegen den FC Teutonia 2022. Und grundsätzlich tut jede Niederlage in den Regionalliga-Duellen mit den Hamburger Clubs richtig weh, das wirkt noch tagelang nach.
In den ersten Jahren musste der Trainer nur für gute Laune sorgen
Wie haben Sie die bisherigen zehn Übungsleiter von Eintracht Norderstedt erlebt?
Das waren fast alles unterschiedliche Typen. In der Anfangszeit hatten es Trainer wie Uli Schulz wesentlich leichter; es gab kaum Druck, weil die Mannschaft in den unteren Spielklassen so dominant war. Wir sind ja Jahr für Jahr nach oben marschiert. Die Hauptaufgabe bestand einfach nur darin, die Stimmung hochzuhalten. Das hat sich später in der Ober- und auch in der Regionalliga Nord spürbar geändert.
Zu welchem Coach hatten Sie den besten Draht?
Mit unserem aktuellen Trainer Olufemi Smith komme ich sehr gut zurecht.
Unvergessen: Oliver Hirschlein waren seine Zigaretten heilig
Welche Fußballer von Eintracht Norderstedt haben Sie seit 2003 besonders beeindruckt?
Oliver Hirschlein, Jens Fischer, Jan-Uwe Gundel, Stefan Siedschlag und auch unser Rekordtorschütze Jan Lüneburg. Außerdem bin ich sehr stolz auf Jungs wie Elias Saad, Fabian Nürnberger und Jonas David, die den Sprung in den Profibereich geschafft haben.
Und welche Kicker hatte den größten Unterhaltungsfaktor?
Da muss ich noch einmal Oliver Hirschlein und Jens Fischer nennen. Beide haben auf dem Platz sowie in der Kabine unablässig Sprüche geklopft, waren superwitzige Typen. Und Olli konnte nicht ohne seine Zigaretten, die waren ihm heilig: Er hat sich manchmal im Stadion versteckt, um zu rauchen.
Eintracht Norderstedt: Mehr als die Regionalliga ist nicht drin
Ist die Regionalliga in Norderstedt das höchste der Gefühle?
Ja, mehr ist mit einem Schnitt von 450 Zuschauern nicht machbar. Man muss realistisch bleiben, das ist die absolute Obergrenze. Das ist bitter, denn Norderstedt hat mehr als 80.000 Einwohner. Wenn ich mich bei unseren Heimspielen im Stadion umschaue und später die Abrechnung mache, tränen mir manchmal die Augen.
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Wie bewerten Sie die Chancen der Eintracht in der Saison 2023/2024?
Das lässt sich wegen der vielen Ab- und Zugänge noch nicht genau sagen. Ich denke aber, dass unsere Verantwortlichen den neuen Kader sinnvoll zusammengestellt haben. Das Trainerteam steht in den kommenden Wochen vor der Aufgabe, die Truppe zusammenzuschweißen.