Kreis Segeberg. Die Frau aus Nehms bei Bad Segeberg widmet sich in Vollzeit dem Klima-Widerstand. Das sind ihre Aktionen und Beweggründe.
- Bei einer bundesweiten Razzia gegen Mitglieder der „Letzten Generation“ wurde auch das Elternhaus einer Aktivistin aus dem Kreis Segeberg durchsucht
- Die Frau war an vielen Aktionen der Klimaschutzgruppe beteiligt, die bundesweit für Aufsehen sorgte. So blockierte sie etwa gemeinsam mit anderen Aktivisten den Berliner Flughafen BER
Die bundesweite Razzia gegen Mitglieder der Klimaschutzgruppe „Letzte Generation“ führte die Ermittler auch in den Kreis Segeberg: In den frühen Morgenstunden des Mittwochs durchsuchten Beamte über Stunden das Elternhaus der Aktivistin Miriam Meyer (31) aus Nehms.
Zuhause waren lediglich die Eltern der Aktivistin, Miriam Meyer lebt angeblich schon lange in Berlin. Bei der Durchsuchung soll die Polizei laut „Segeberger Zeitung“ einen Computer mit Daten der „Letzten Generation“, einige private Briefe und Klebstoff beschlagnahmt haben.
Letzte Generation: Razzia im Elternhaus der Klimaaktivistin Miriam Meyer
Für die Familie war es nicht die erste Razzia. Schon im Dezember 2022 hatte die Polizei das Haus in Nehms durchsucht. Denn Miriam Meyer widmet sich seit langem in Vollzeit dem zivilen Widerstand innerhalb der „Letzten Generation“. Ihr Studium des Tibetischen Buddhismus hat sie dafür unterbrochen. „Wir steuern auf eine Zukunft zu, die nicht lebenswert sein wird. Wie kann man da im Alltag so weitermachen wie bisher?“, sagte sie im November gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“.
Im Kreis Segeberg war sie erstmals aufgefallen, als sie sich im Mai 2021 auf einen Zebrastreifen auf der Kurhausstraße in Bad Segeberg setzte und still protestierte. Vor sich ein Schild: „Ich habe Angst, dass große Teile der Erde unbewohnbar werden.“
Sie wollte mit Luftballons den Flughafen BER stilllegen
Schließlich war sie im Namen der „Letzten Generation“ an vielen Aktionen beteiligt. Sie kündigte im Februar 2022 an, den Berliner Flughafen BER stilllegen zu wollen, in dem sie Ballons aufsteigen lassen werde. Tatsächlich tauchte sie an der Start- und Landebahn mit einem Bündel an roten Ballons auf, wurde dann aber von der Polizei abgeführt.
Im Mai 2022 drehte Miriam Meyer nahe Köln den Streckenschieber einer Öl-Pipeline zu und dekorierte das Handrad mit Sonnenblumen. Gleichzeitig forderte sie von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine „Lebenserklärung“, es dürfe keine neue fossile Infrastruktur mehr in Deutschland aufgebaut werden, „insbesondere keine neuen Öl-Bohrungen in der Nordsee“.
Miriam Meyer drehte eine Öl-Pipeline nahe Köln zu
Festgeklebt hat sich Miriam Meyer auch schon – in München auf dem vielbefahrenen Stachus und am „Franz Joseph Strauß“-Flughafen. Die bayerische Polizei hat sie dafür bereits zwei Mal in Präventivhaft genommen. Sie saß 31 Tage in der JVA München-Stadelheim ein. „Ich werde auf jeden Fall weitermachen. Und ich riskiere es, wieder im Gefängnis zu landen“, sagte sie damals gegenüber der Süddeutschen Zeitung nach ihrer Entlassung.
Aus der Haft in München heraus hatte Miriam Meyer so etwas wie ein Manifest veröffentlicht, in dem sie ihre Beweggründe schilderte. „Manchmal verstehe ich selbst nicht ganz, warum ausgerechnet ich diese Risiken eingehe. Ich bin einfach nicht gut im Verdrängen. Ohne Verdrängen sind Prognosen wie ‚Wir setzen unsere Kinder in einen globalen Schulbus, der mit 98%-iger Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt‘ nur schwer zu ertragen. Zu realisieren, wie düster unsere Aussichten gerade sind, hat in mir vor allem Verzweiflung und Hilflosigkeit hervorgerufen“, schrieb Meyer.
Sie sei „nicht gut im Verdrängen“ und fühle sich verzweifelt und hilflos
Bei „Fridays for Future“ mitzulaufen oder einen Job bei „irgendeiner Umweltorganisation“ anzufangen, erschien ihr nicht sinnvoll. Allerdings: Keinen Widerstand zu leisten, sei für sie die schlechtere Alternative.„Ich wünsche mir von der Gesellschaft, dass wir an uns ranlassen, was die Klimakrise ganz konkret für unser Leben und das der gesamten Menschheit bedeutet.“
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Das sei zwar schwierig und beängstigend. „Aber Verdrängung und die Hoffnung, andere würden das für uns regeln, haben uns an diesen katastrophalen Punkt gebracht“, sagt Meyer. Wenn die Regierung einer Demokratie die Lebensgrundlage nicht schütze, sei ziviler Widerstand ein legitimes und vor allem ein notwendiges demokratisches Werkzeug, ist die Aktivistin überzeugt.
Nun muss sie sich als Teil der „Letzten Generation“ dem Ermittlungsverfahren der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bei der Generalstaatsanwaltschaft München stellen. Tatvorwurf: Bildung oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.