Norderstedt. Talente des HT Norderstedt haben den weltbesten Handballern genau zugeschaut. Welche Auswirkungen die WM schon jetzt hat.

Das HT Norderstedt erwartet nach der am vergangenen Sonntag zu Ende gegangenen Handball-Weltmeisterschaft der Männer einen WM-Effekt im Nachwuchsbereich.

Das Endspiel zwischen Dänemark und Frankreich ist zwei Tage her. Im Schulzen­trum Süd sind die Trikots der Firma Hummel, einem der Handball-Top-Ausrüster, sehr präsent. Außerdem tragen die E-Jugendlichen Funktionshemden der Bundesligisten SG Flensburg-Handewitt, THW Kiel oder HSV Hamburg. Auch das DFB-Trikot ist beliebt, da muss der Deutsche Handball-Bund in puncto Merchandising noch nachsteuern.

WM-Effekt: Begeisterung der „Minis“ ist gestiegen

Das Turnier in Polen und Schweden wirkt kräftig nach. Claudia, wartende Mama von Damian (7), bestätigt diesen Eindruck: „Egal, wie spät es war, er wollte jedes Spiel gucken, hat sich Zwischenstände notiert und Drehwürfe abgeguckt. Seine Begeisterung ist definitiv gestiegen.“

Nebenan auf der Bank sitzt Judith, die Mutter von Leon (7): „Wir sind eine Handball-Familie und haben das Turnier zele­briert. Leon ist ein ruhiger Beobachter, der genau hinschaut. Uns fiel auf, dass er in den letzten Spielen ein deutlich besseres Deckungsverhalten hatte“ – vermutlich schon ein direkter WM-Effekt.

HT Norderstedt hat vier E-Jugend-Mannschaften

Trainer Vincent Wiese, 20, steht beim HT Norderstedt in der Landesliga- sowie der Hamburg-Liga-Männermannschaft auf der Platte. Er ist einer von mehreren E-Jugend-Coaches des Vereins. Der E-Jugend-Bereich (Jahrgang 2012/2013) gliedert sich in vier Teams, gestaffelt nach Spielstärke.

Die erste Mannschaft ist leistungsorientiert, trainiert dreimal pro Woche – da geht die Post ab. Die 4. E-Jugend (zwei Einheiten pro Woche) tritt breitensportlich etwas auf die Bremse. So ist für jeden Handball-Fan im HTN etwas dabei. Eine Gruppe fasst maximal 14 Jungs, dann kommt der Deckel drauf.

In der Nachwuchsarbeit stecken viele Jahre Erfahrung

Die jüngeren „Minis“ (Jahrgang 2014/2015) üben direkt nebenan, werden gesichtet und an das höhere Niveau herangeführt. Sie stehen auf dem Sprung in die E-Jugend. Im April entscheidet sich, in welcher der vier Mannschaften die Knirpse letztlich landen. Das klingt nach System.

„Wir machen das nicht erst seit gestern“, sagt Vincent Wiese, „in unserer Nachwuchsarbeit stecken viele Jahre Erfahrung.“ 4 x 14 macht 56. Das ist ein ansehnlicher Pool, in dem sich auch hoffnungsvolle Talente tummeln. „Die sind natürlich alle noch im Entwicklungsalter, aber bei drei bis vier Jungs sehe ich schon großes Potenzial. Die könnten es schaffen, im Leistungssport Fuß zu fassen – wenn sie dabei bleiben, das ist immer die Frage.“

Handball konkurriert mit anderen Hobbies

Das Pensum der beiden ersten E-Jugend-Teams ist hoch, Handball konkurriert mit anderen Hobbies. Einige Jungs schwimmen on top oder gehen zu den Pfadfindern. „Wir pushen nicht und respektieren andere Interessen. Wenn ein Kind mehr Freizeit haben will, erlauben wir das“, erklärt Wiese. „Trotzdem bekommt jeder seine Spielzeiten, hier soll keiner demotiviert werden.“

Laut Coach sind 60 Prozent der Kids bereit, die volle Distanz zu gehen, also wöchentlich dreimal zu trainieren. Zu 100 Prozent motiviert ist Lasse (9), Stammkeeper der 2. E-Jugend. Er hat fast jedes WM-Match der deutschen Mannschaft gesehen und sein Idol nicht aus den Augen gelassen.

Youngster haben nicht nur die deutschen Stars im Blick

„Andy Wolff war spitze. Er stellt immer seinen rechten Fuß vor und provoziert so den Schützen, nach rechts zu werfen.“ Beeindruckend beobachtet. „Ich versuche viel von dem zu machen, was er macht, um anderen Jugend-Torhütern voraus zu sein.“ Später will er beim THW Kiel anheuern. „Weil da die besten Spieler sind.“

Dort sieht sich in naher Zukunft auch Jannes, 9, Lieblingsposition Rückraum Mitte. Er hat nicht nur die DHB-Stars im Blick: „Die Würfe von Harald Reinkind über den Block finde ich super.“ Wie der Norweger will Jannes mal für den THW auflaufen und Champions League spielen. Immerhin ist er schon zweimal von den Kielern zu einem Trainingscamp eingeladen worden. Dank einer Dauerkarte feuert er seine Vorbilder regelmäßig bei Heimpartien in der Wunderino-Arena an.

Trainer Vincent Wiese freut sich über große Fortschritte

Valentin, 9, auch er Rückraumregisseur, träumt dagegen von einer Karriere beim Liga-Konkurrenten SG Flensburg-Handewitt. Er hat viele deutsche WM-Spiele und sogar das Finale geguckt. Seine Helden: Andreas Wolff und Juri Knorr. „Die schnelle Drehung von Juri habe ich schon im Training geübt“, sagt er.

Der Jungspund fühlt sich beim HTN rundum wohl. „Hier sind viele Freunde von mir, auch aus meiner Klasse. Das Team bringt uns näher zusammen. Vincent ist ein toller Trainer, mit dem haben wir richtig Glück.“ Der Coach lobt zurück: „Ich bin sehr motiviert, mit dieser Gruppe zu arbeiten. Die Fortschritte sind Mega. Es macht unglaublich Spaß, das anzusehen.“

„Habe ich bei der Weltmeisterschaft gesehen, Trainer!“

Neulich feuerte einer seiner Schützlinge einen Sprungwurf aus neun Metern ab. „Wo kommt das denn her?“, staunte Vincent Wiese. Antwort: „Habe ich bei der Weltmeisterschaft gesehen, Trainer!“

Durch den starken fünften Platz von Knorr & Co. bei der Männer-Weltmeisterschaft sieht er einen riesigen Effekt für die Nachwuchsabteilung im HT Norderstedt.

WM-Effekt: HTN erwartet in den Sommermonaten Zulauf

„Für uns ist das schön und inspirierend. Die Heim-WM der Junioren steht auch noch an, deshalb erwarten wir spätestens in den Sommermonaten enormen Zulauf. Allerdings dürfen wir uns nicht übernehmen“, warnt Wiese, „die Kapazitäten sind endlich.“

Neben weiteren Hallenzeiten werden vor allem mehr Trainer benötigt. „Wer sich berufen fühlt und einen Handball-Background hat, darf sich gerne bei uns melden“, so der E-Jugend-Coach. Konkrete Scheine oder Lizenzen sind nicht erforderlich, die Kosten für Fortbildungen und Lehrgänge übernimmt der Verein.