Norderstedt. Der Rekordtorschütze von Eintracht Norderstedt beendet am Saisonende seine Karriere. Wie der Regionalligist damit umgeht.
Am 27. Mai endet bei Eintracht Norderstedt mit der Regionalliga-Partie im Edmund-Plambeck-Stadion gegen den VfB Lübeck eine große Ära.
Dann nämlich bestreitet Jan Lüneburg (32), mit bislang 120 Pflichtspieltoren erfolgreichster Torjäger der Vereinsgeschichte, nach zehn Jahren im Trikot der Garstedter sein letztes Match.
Eintracht Norderstedt: Was wird aus Cemal Sezer und Manuel Brendel?
Demzufolge stehen zwei Fragen auf der Agenda der Vereinsverantwortlichen: Wie kann „Lüne“ würdig verabschiedet werden? Und: Wer soll in der kommenden Saison als klassischer Neuner die Tore schießen? Klar ist: Die Eintracht benötigt im Angriffszentrum Ersatz, möglicherweise nicht nur für Lüneburg.
Drei Mittelstürmer gehören zurzeit zum Mannschaftskader. Neben dem ausscheidenden Goalgetter sind dies auch noch Cemal Sezer (27) und Manuel Brendel (23).
Sezer liegt ein Angebot vor – Bedenkzeit endet am 31. März
Brendel, der zu Saisonbeginn vom Oberligisten HSV III kam und in der laufenden Punktrunde ein Tor erzielt hat, konnte sich bislang nicht als Nachfolger von Jan Lüneburg profilieren. Sezer, als spielender Angreifer ein anderer Typ als seine beiden wuchtigen Teamkollegen, traf in der Regionalliga immerhin fünfmal.
„Wir würden gern mit Cemal verlängern, aber er möchte im Sommer Profi in der Türkei werden. Der Verein hat ihm ein Angebot gemacht, er muss sich bis zum 31. März entscheiden“, sagt Präsident und Manager Reenald Koch.
Vereinschef schließt weitere Zusammenarbeit mit Brendel nicht aus
Cheftrainer Olufemi Smith hofft derweil auf ein Bleiben Sezers und schließt auch eine Verlängerung der Zusammenarbeit mit Brendel nicht aus. Koch: „Manuel hat signalisiert, dass er bleiben möchte. Es kann sein, dass wir uns mit ihm auf einen neuen Vertrag einigen.“
Doch was ist, wenn beide Deals platzen sollten? Dann bräuchte es wohl drei, mindestens aber zwei neue Mittelstürmer. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der zweiten Variante etwaige Verletzungen schwerer ins Gewicht fallen würden, der Mangel an Neunern müsste unter Verwendung von Bordmitteln kompensiert werden. Doch der Teufel liegt im Detail.
Nils Brüning und Jan-Pelle Hoppe sind keine Stoßstürmer
„Nils Brüning kann die Position ganz vorne spielen, aber er fühlt sich auf der Außenbahn wohler. Auch Jan-Pelle Hoppe kann ich im Zentrum einsetzen. Doch es würde mich schmerzen, ihn von der Achterposition im Mittelfeld abzuziehen“, sagt Olufemi Smith.
Seine Argumentation ist gut nachvollziehbar. Hoppe, eigentlich als Strafraumspieler gekommen, blüht in zweiter Reihe auf, entfaltet in dieser Saison seine enormen spielerischen Fähigkeiten außerordentlich gut.
Trainer Smith wünscht sich einen Knipser
Optimal wäre, wenn das neue Personal unterschiedliche Profile aufweist, damit Eintracht Norderstedt flexibel mit einem eher robusten Akteur und/oder einem spielerisch veranlagten Angreifer agieren kann.
„Doch das“, betont Smith, „ist der Idealfall. Am wichtigsten ist mir, vorne im Zentrum einen Spieler mit Torriecher zu haben. Ein Stürmer muss wissen, wo der Kasten steht und die Dinger reinhauen.“ So, wie es Jan Lüneburg eine Dekade lang sehr erfolgreich getan tat.
Aus im Lotto-Pokal schränkt die finanziellen Möglichkeiten ein
Zusätzlich geschwächt bei der Suche nach neuer Offensivpower wird die Eintracht durch das überraschende Aus im Hamburger Lotto-Pokal-Achtelfinale beim Oberligisten HEBC. „Da hat sich die Mannschaft mehr als blamabel verhalten. Das schränkt unsere finanziellen Möglichkeiten enorm ein“, so Reenald Koch, „deshalb schauen schauen uns eher in der Oberliga Hamburg als in den Regionalligen nach neuen Stürmern um.“
Dabei müssten auf dem Vereinskonto laut der Webseite transfermarkt.de 500.000 Euro liegen. So viel hat Zweitligist FC St. Pauli im Winter angeblich für den Wechsel von Elias Saad (23) ans Millerntor überwiesen.
Rückkehr von Elias Saad vom FC St. Pauli ist unwahrscheinlich
„Vertragsdetails dürfen wir nicht herausgeben. Aber die Zahl stimmt nicht“, betont Koch. Plausibel dürfte eher eine Summe im hohen fünfstelligen Bereich sein. Schließlich hatte Saad nur noch ein halbes Jahr Vertrag in Norderstedt.
Selbst wenn der Dribbelspezialist, der mit zehn Treffern und vier Vorlagen zum Topscorer der Eintracht in der Hinrunde avancierte, im Sommer zurückkäme (was unwahrscheinlich ist), würde dies die Neuner-Problematik nicht beheben, denn Elias Saad ist Flügelstürmer.
Der Hildesheimer Moritz Göttel verkörpert den Typ Jan Lüneburg
Den Typ Lüneburg verkörpert in der Regionalliga Nord dagegen Moritz Göttel (bislang17 Treffer), der beim Abstieg seines Clubs vielleicht zu haben wäre. Nur spielt er weit entfernt in Hildesheim, was ein Hindernis für einen Wechsel sein dürfte.
Trotz aller Widrigkeiten bei der Stürmersuche hat die Eintracht dennoch einige Argumente auf ihrer Seite. Das Beste: der Sprungbrett-Faktor. „Johann von Knebel kam beispielsweise aus der Landesliga zu uns. Er ist in Norderstedt zu einem sehr starken Spieler gereift und kickt jetzt beim FC St. Pauli II. Elias Saad hat dort sogar den Sprung ins Profiteam geschafft. Das sind nur zwei Beispiele. Wer zu uns kommt, kann sich bestens entwickeln“, sagt Reenald Koch.
Eintracht Norderstedt: Reenald Koch hofft auf Sprungbrett-Faktor
Nun darf man gespannt darauf sein, welche Akteure das Trainerteam und den Präsidenten beim gemeinsamen Scouting überzeugen werden. „Wir müssen Geduld haben“, weiß Chefcoach Smith. „Aber natürlich hätte ich zum Start der Vorbereitung den Kader gerne so komplett wie möglich beisammen.“ Wer dann ab Sommer in die großen Fußstapfen von Jan Lüneburg tritt, bleibt abzuwarten.
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Im Regionalliga-Punktspiel beim 1. FC Phönix Lübeck (Sonntag, 14 Uhr, Travemünder Allee) muss Eintracht Norderstedt auf Yannik Nuxoll (25) verzichten. Der Innenverteidiger hat sich im Training das vordere Kreuzband und den Außenmeniskus im rechten Knie gerissen, er fällt mehrere Monate aus.
Linksverteidiger Dane Kummerfeld (leichte Schambeinentzündung) steht ebenfalls nicht zur Verfügung, das Mitwirken von Mittelfeldakteur Philipp Koch (Platzwunde am Kopf) ist fraglich.