Schwarzenbek. Weil Lehrkräfte ausfallen, werden Zweitklässler einer Grundschule in Schwarzenbek verteilt. Scharfe Kritik an Schulleitung und Schulamt.

Patricia Meng und ihr Mann Edgar machen sich Sorgen um ihren Sohn. An manchen Tagen möchte er nicht mehr zur Schule, sagt, er habe Bauchschmerzen. „Es ist nicht nur unser Kind, das Bauchschmerzen hat, sondern es sind viele“, so Meng. Sie sagt, dass die Vertretungssituation an der Grund- und Gemeinschaftsschule Schwarzenbek Eltern und Kinder schwer belastet. Der Grund: Durch zahlreiche Ausfälle unter den Lehrkräften sei zielgerichteter Unterricht kaum möglich.

Laut der jungen Mutter wird die Klasse ihres Sohnes regelmäßig aufgesplittet, wenn Lehrerinnen und Lehrer krank sind. Die Kinder sollen dann, wenn keine andere Lehrkraft vertreten kann, auf andere Klassen aufgeteilt werden. So müssen Lehrkräfte die eigene Klasse und Schüler aus anderen Klassen betreuen. „Die Lehrerin muss vom Klassenraum über den Flur in den Nebenraum wandern. Wie sollen die Kinder so lernen?“, fragt Patricia Meng.

Schule in Schwarzenbek: Kinder werden auf dem Boden sitzend beschäftigt

Der Unterricht auf dem Flur habe dazu geführt, dass Kinder auf dem kalten Boden sitzen mussten, berichtet eine andere Mutter, deren Tochter in die zweite Klasse geht. Inzwischen hat die Schule Sitzschalen für den Fußboden gekauft, in die eine Schreibfläche integriert ist. Zuvor sollen die Kinder auf Jacken gesessen haben.

Ronny Neckritz, dessen Sohn ebenfalls die zweite Klasse besucht, sagt, dass es im jetzigen Unterricht eher um Beschäftigungstherapie als um die Vermittlung von Inhalten geht. Zum Teil würden Kinder damit beschäftigt werden, Mandalas auszumalen. „Ich kontrolliere nicht täglich, was mein Sohn in der Schule macht. Wenn ich nach einem Jahr in das Heft gucke, das für den Grundstoff da ist, dann sind da nur 40 Prozent bearbeitet“, meint er.

In manchen Wochen mehr als 50 Prozent Vertretungsstunden

Die Eltern sagen, dass die aktuelle Situation eher die Regel als die Ausnahme ist. „Das geht durchgehend seit Beginn der zweiten Klasse so“, sagt Ronny Neckritz. Das Schuljahr begann Ende August. Jetzt, Anfang Dezember, sei es vorgekommen, dass in einer Woche rund ein Dutzend Unterrichtsstunden nicht wie geplant stattgefunden haben, rechnet Patricia Meng vor. Das sei zwar ein Extrembeispiel, zeige aber, wie groß die Not ist. Vorgesehen sind für Zweitklässler in Schleswig-Holstein 21 Schulstunden à 45 Minuten pro Woche. Die Eltern der zweiten Klasse werfen der Schulleitung bei der Vertretungssituation Konzeptlosigkeit und schlechte Kommunikation vor.

Die Schulleitung weist die Vorwürfe zurück. „Für beide Schulteile (Grundschule und Gemeinschaftsschule, die Red.) existiert ein Vertretungskonzept, das am Ende des letzten Schuljahres nach einer Überarbeitung durch die Schulkonferenz, das heißt unter Elternbeteiligung, beschlossen wurde. Für den Grundschulteil bestand dieses Konzept schon länger, und wir gehen strikt danach vor, wenn Vertretungssituationen anfallen“, sagt Schulleiterin Bettina Kossek.

Schulleitung für Eltern jederzeit ansprechbar

Die Kommunikation mit einzelnen Eltern finde grundsätzlich bei Fragen zu den Fächern mit der Fachlehrkraft, in Klassenangelegenheiten mit der Klassenlehrkraft und bei schulorganisatorischen Fragen mit der zuständigen Koordinationskraft statt. „Grundsatzprobleme, die einzelne Klassen betreffen, werden von einzelnen Mitgliedern der Schulleitung mit den dafür gewählten Elternvertretungen erörtert“, sagt Kossek.

Bei den regelmäßigen Sitzungen des Schulelternbeirats seien die Elternvertretungen aller Klassen der Schule, Mitglieder und weitere interessierte Eltern jederzeit willkommen. Zuletzt habe am 9. Oktober eine Sitzung stattgefunden. „Gesprächstermine sind jederzeit möglich, die Schulleitung reagiert zeitnah auf Anfragen“, sagt Schulleiterin Bettina Kossek.

Wie Patricia Meng berichtet, habe die junge Klassenlehrerin ihres Sohnes viel private Freizeit investiert, um den Kindern trotz allem eine angenehme Lernatmosphäre zu ermöglichen. Der Klassenraum wurde aufwendig dekoriert, das Klassenmaskottchen „Oli, der Otter“ kreiert und Farbkopien aus eigener Tasche bezahlt. Dann aber habe die Lehrerin entschieden, ihr Engagement einzustellen, um ein Zeichen zu setzen, wie sie den Eltern erklärte.

Schule nur als schwächstes Glied im kaputten Bildungssystem?

Unterstützung erfährt die Lehrerin dabei von den Eltern ihrer Schüler. „Wir wollen, dass sich für unsere Kinder etwas ändert. Die Lehrer müssen mehr unterstützt werden. Schulleitung und Schulamt müssen die Notsituation sehen“, sagt Patricia Meng.

Trotz des Frusts und der Kritik an der Schulleitung ordnen die Eltern der zweiten Klasse die Situation realistisch ein, sehen die Schule und deren Lehrkräfte als schwächstes Glied in einem dysfunktionalen System. Es bräuchte mehr Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter, damit die Kinder besser betreut werden, sind sie sich einig.

Keine Stellungnahme vom Schulamt des Kreises

Angst haben sie, dass die Situation so weit führt, dass die Kinder am Ende gar nicht mehr zur Schule wollen. „Und dann stehen sie mit 13 Jahren mit Zigarette im Mundwinkel und Messer in der Tasche am Bahnhof“, sagt Ronny Neckritz.

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Auch das Schulamt im Kreis Herzogtum Lauenburg wurde um eine Einschätzung gebeten, wie die Situation für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte im Kreis aussieht und ob es absehbar sei, wie sich die Personalsituation in Zukunft entwickeln wird. Die Anfrage unserer Redaktion blieb unbeantwortet. Auf die Frage nach der Anzahl an Fehlstunden im Schulbetrieb und der Zahl der Lehrkräfte, die längerfristig ausfallen, gab die Schulleitung aus Datenschutzgründen keine Antwort.