Geesthacht. 40-Jährige stirbt auf der B5. Die Umstände ihres Todes werfen viele Fragen auf: Es war nicht der erste Zwischenfall an dieser Stelle.
Ein schlichtes Holzkreuz, mehrere Kerzen, einige Blumen und ein Weihnachtsmann aus Stoff – an der Stelle beim Geesthachter Waldfriedhof, an der am Freitagnachmittag (6. Dezember) eine Radfahrerin nach einem Zusammenstoß mit einem Auto gestorben ist, haben Familie und Freunde der 40-jährigen Geesthachterin am Fahrbahnrand eine kleine Gedenkstätte geschaffen. Die Frau war verheiratet und hatte zwei Töchter (19 und 10 Jahre).
Nach dem Vorfall auf der B5 werden jetzt Stimmen laut, die für den Bereich ein Herabsetzen der Höchstgeschwindigkeit oder andere Maßnahmen fordern, um die gefährliche Stelle zu entschärfen. Zumal es binnen zwei Wochen bereits der dritte schwere Unfall im Abschnitt zwischen Geesthacht und dem Grünen Jäger gewesen ist.
B5: Tödlicher Radunfall bei Geesthacht weckt Ruf nach Tempolimit
Der schreckliche Unfall vom vergangenen Freitag war auch beim Weihnachtsmarkt von Flowers & Coffee, dem Café und Blumenladen am Waldfriedhof, das Gesprächsthema Nummer eins. „Ich habe nur einen Knall gehört und dann lautes Geschrei. Eine Frau rief immer nur: Die hat nicht geguckt. Die hat nicht geguckt“, berichtet Inhaberin Stephanie Schlisio von den ersten dramatischen Minuten.
Nach Angaben der Polizei war die verstorbene Geesthachterin mit einem Pedelec von einem Waldweg gekommen und wollte auf Höhe des Parkplatzes vom Waldfriedhofs die Bundesstraße überqueren. Ein 24 Jahre alter Mann am Steuer eines roten Mitsubishi Colt, der aus Richtung Lauenburg kam, habe den Zusammenstoß nicht vermeiden können. Die Frau starb noch an der Unfallstelle.
Radunfall auf der B5 bei Geesthacht: Unfallfahrer stoppte erst nach 300 Metern
Hinweise auf Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit des 24-Jährigen gibt es laut Polizei nicht. Warum er den Wagen erst in rund 300 Metern Entfernung vom Ort des Zusammenstoßes stoppte, ist nicht bekannt. Vermutlich stand er selbst unter Schock. Die Staatsanwaltschaft beauftragte nach dem Unfall, der sich am Freitag gegen 14.45 Uhr ereignet hatte, einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens, dessen Ergebnisse ausstehen. Die Bundesstraße war mehrere Stunden gesperrt.
Auf der B5 gelten an dieser Stelle Tempo 70 und ein Überholverbot. Durch mehrere Kuppen ist die Sicht für Verkehrsteilnehmer eingeschränkt. Eine dieser Kuppen befindet sich kurz vor dem Waldfriedhof, anschließend geht es bergab nach Geesthacht. Tempo 70 wird hier nicht immer eingehalten. „Täglich wird hier mindestens ein- bis zweimal gehupt, wenn es wieder fast zu einem Unfall gekommen ist“, sagt Thomas Gniwodda von Flowers & Coffee.
B5 bei Geesthacht: Reihenweise brenzlige Situationen am Waldfriedhof
Brenzlige Situationen entstehen entweder, wenn Autos auf den Parkplatz abbiegen oder wenn Fußgänger oder Radfahrer die Straße queren. Die Bushaltestelle „Waldfriedhof“ auf beiden Seiten der B5 wird vor allem von älteren Friedhofsbesuchern genutzt, wie Gniwodda sagt. „Vom Ortsausgang bis zur Kuppe müsste hier eigentlich Tempo 50 gelten. Eine Ampel wäre noch besser“, sagt er. „Ich weiß, dass Ältere beim Überqueren hier ängstlich sind“, ergänzt Weihnachtsmarktbesucher Günther Hesske aus Grünhof. „Aber es muss ja erst wieder jemand totgefahren werden, bis was passiert“, ergänzt seine Frau Erika.
Problem: Eine Bedarfsampel außerorts gibt die Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht her. Ein Ortsschild darf nur dort aufgestellt werden, wo es eine durchgehende Bebauung gibt, und für eine Reduzierung der Geschwindigkeit gilt, wie der ADAC auf Anfrage mitteilt, die Verwaltungsvorschrift 274 der StVO. Demnach können Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Sicherheitsgründen angeordnet werden, wenn die Geschwindigkeit Unfallursache war. „Im Einzelfall können sie sich schon dann empfehlen, wenn aufgrund unangemessener Geschwindigkeiten häufig gefährliche Verkehrssituationen festgestellt werden“, heißt es seitens des ADAC.
B5 bei Geesthacht gilt als Unfallschwerpunkt
Allerdings ist das immer Auslegungssache, wie Gerhard Boll, der Verkehrsexperte der Geesthachter Grünen, betont. „In Hamburg gilt auf dem Deich Tempo 50, da steht gleich das Ortsschild, obwohl da keine Bebauung ist. In Geesthacht darf dagegen auf einem kurzen Stück schneller gefahren werden“, sagt Boll. Er hält ein Versetzen des Ortsschildes trotzdem für am ehesten umsetzbar.
Erst am 21. November hatte Geesthachts Polizeichef Jürgen Hellwig im städtischen Hauptausschuss berichtet, dass ein Abschnitt der B5 zwischen Geesthacht und dem Grünen Jäger 2022 ein Unfallschwerpunkt war. Laut Polizei ist dies außerorts der Fall, wenn es auf einem Abschnitt von 1000 Metern eine bestimmte Anzahl oder Art von Unfällen gibt. Im Polizeijargon heißt das dann Unfallhäufungslinie.
- Polizei Geesthacht: Schon wieder Unfall an der B5 – Fahrerflucht
- Geesthacht: Unfall mit Traktor auf B5 sorgt für Chaos im Berufsverkehr
- B5: Ampel-Aus – Signalanlage an großer Kreuzung vom Tisch
Seitdem rutschte ein Wagen beim Grünen Jäger bei Eisglätte von der Fahrbahn und blieb auf der Seite liegen (ein Verletzter, 22. November), und erst in der vergangenen Woche fuhr eine Frau während des Überholvorganges zwischen dem Waldfriedhof und dem Grünen Jäger in einen in den Wald abbiegenden Traktor (keine Verletzten, 5. Dezember). In der Folge des Polizeiberichts forderten auch Lokalpolitiker die Herabsetzung von Tempo 70 in der Senke beim Grünen Jäger. Früher galten hier auch schon mal nur 60 Kilometer pro Stunde Höchstgeschwindigkeit.