Geesthacht. Der Kreis Herzogtum Lauenburg rüstet auf: 300 neue Warnanlagen sollen aufgestellt werden. Welche Hürden dabei zu meistern sind.

Am Mittwoch (4. Dezember) kurz vor 12 Uhr gab es neue Töne von der Geesthachter Mercatorstraße zu hören. Mit 109 Dezibel röhrte die neue Warnsirene erstmals los. Aber nur zur Probe, Jan Riffel und Andreas Völlmar wollten auf einem Rasenstück neben der Feuerwache kurz testen, ob sie funktioniert. Das tat sie unüberhörbar, wenn auch zunächst nur per Handarbeit in Schwung gebracht.

Bis die Hörmann ECN 600-D technisch in der Lage ist, automatisch selbständig Alarm zu geben, dauert es noch bis Anfang des kommenden Jahres. Vorgesehen ist, dass mit den Sirenen der neuesten Generation auch Durchsagen möglich sind, und zwar für jeden Standort einzeln. „Zum Beispiel, wenn in Geesthacht mal die Trinkwasserversorgung ausfallen sollte, dann würde es nur hier die Informationen geben, wo man Wasser herbekommt“, erklärt Jan Riffel.

Neue Töne von der Feuerwache: Hier baute der Kreis die neue Sirene auf

Sirene Geesthacht

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    Der Mitarbeiter der Digitalfunk-Servicestelle des Kreises sowie Tiefbauer Andreas Völlmar waren am Mittwoch von 6.30 Uhr an mit dem Aufbau beschäftigt. „Wenn wir kommen, ist dort eine Wiese, und wenn wir wieder gehen, eine Wiese mit einem Mast“, erklärt Jan Riffel den Job.

    Sie ziehen durch den Kreis, in Geesthacht ist es die 49. Anlage, die im Lauenburgischen im Rahmen des Aufbauprogramms für moderne Sirenen aufgestellt wurde. Geplant sind etwa 300 bis zum Jahr 2028. Nach Wetterkatastrophen wie im Ahrtal wurde deutschlandweit erkannt, dass es sicherer ist, die Bevölkerung wieder lautstark vor Ort zu informieren. Warn-Apps wie Nina oder Katwarn auf dem Handy seien nicht verbreitet genug, erklärt Kreissprecher Tobias Frohnert.

    Für jeden Standort wird ein eigener Mietvertrag geschlossen

    Der Bund gab vor einem Jahr 30 Millionen Euro für die Sirenenförderung frei, Schleswig-Holstein befand, das reiche nicht, und verabschiedete im September eine 23 Millionen Euro schwere landeseigene Förderrichtlinie zum Sirenenausbau. Bis 2030 sollen insgesamt etwa 4000 neue Sirenen im Norden stehen.

    Gesucht für den Aufbau werden stets kreiseigene Grundstücke oder welche, die den Kommunen gehören. Für jeden Standort wird ein Mietvertrag geschlossen. Geld fließt dabei nicht. Der „Deal“ beruht jeweils auf Gegenleistungen. Und so hängt der Baufortschritt neben den verfügbaren Terminen der beteiligten Unternehmen auch von den jeweils abzuschließenden Verträgen für die Grundstücke ab.

    Das Fundament der neuen Sirene an der Mercatorstraße
    Nun nicht mehr zu sehen: Das Fundament-Sockelsystem der neuen Sirene an der Mercatorstraße steckt im Erdboden. © privat | Privat

    Die Sirene wird jeweils in mehreren Einzelteilen an Ort und Stelle transportiert. Das Fundament besteht aus Stahl, dafür wird eine etwa 1,50 Meter tiefe Grube ausgehoben. Hinein kommt der Mast, der aus drei Stücken zusammengesetzt wird, gekrönt vom Sirenenkopf. Unten hängt ein Schaltschrank dran.

    Im nächsten Ort soll nichts vom Alarm bei den Nachbarn zu hören sein

    „Bei den ersten 100 bin ich immer dabei“, erzählt Tiefbauer Andreas Völlmar. Dann wird neu ausgeschrieben. Auch die angestrebte finale Anzahl an Sirenen ist noch nicht komplett bestellt. Zunächst waren es 80, die nun Stück für Stück verbaut werden.

    Die Sirene in Geesthacht ist mit vier Hörnern ausgerüstet, die rundum abstrahlen. Es gibt auch welche mit acht und sogar zwölf Hörnern – Letztere seien im Kreis noch nicht verbaut worden, berichtet Anneke Kellner von der Kreisverwaltung. Welches Modell ausgewählt wird, bestimmt auch der Abstand zur nächsten Gemeinde. Im Nachbarort soll man den Alarm nicht hören.

    Modellrechnungen zeigen, wieviel Hörner die Sirene haben sollte

    Modellrechnungen über die Ausbreitung des Schalls bei vorhandener Bebauung und den Geländestrukturen helfen vorher bei der Entscheidung, welche Sirene vor Ort platziert wird. „Ziel ist eine flächendeckende Warnung der Bevölkerung“, erklärt Anneke Kellner.

    Neue Sirene des Kreises an der Mercatorstraße am Mittwoch aufgebaut
    Andreas Völlmar und Jan Riffel (r.) fanden zum Aufbau bei der Feuerwache an der Mercatorstraße perfekte Bedingungen vor. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

    Mehr Hörner bedeuten auch mehr Aufwand und höhere Kosten. Vier Hörner wiegen 28 Kilogramm, acht Hörner bereits 59. In zwölf Metern Höhe ist bei Orkanböen von 160 km/h die Windlast etwa doppelt so hoch wie beim kleineren Modell. Das erfordert einen stärkeren Unterbau. Ein Akku, sollte der Strom ausfallen, hält mindestens drei Tage durch.

    Auf- und abschwellender Heulton kündet von Gefahr

    Bei Gefahren aller Art wird mit einem einminütigen auf- und abschwellenden Heulton gewarnt, die Entwarnung erfolgt durch einen gleichlangen Dauerton. Probealarm ist voraussichtlich einmal im Monat. Alle neuen Sirenen sollen später über das sogenannte Tetra-Bos-Übertragungsnetz – ein Funkstandard für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben – ansteuerbar sein.

    Die Sirene in Geesthacht kostet den Kreis etwa 16.000 Euro, mit acht Hörnern wären es 2000 Euro mehr. Sie kann im Falle eines Rückbaus oder Versetzens der Anlage wiederverwendet werden.

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    Bei der Feuerwache an der Mercatorstraße gab es zum Aufbau perfekte Bedingungen. Guter Untergrund, keine alten Kabel im Weg, dann kann die Installation innerhalb eines Tages abgeschlossen werden. Manchmal sind auch zwei Tage nötig, so wie bei der Sirene am Teich in Hohenhorn, die als erste im Amt Hohe Elbgeest im Juni aufgestellt worden war – vom selben Team. Die nächste Sirene wird in Worth aufgestellt.