Schwarzenbek. Die Erhöhung des Tempolimits im Sachsenwald sei völliger Wahnsinn, sagte der Revierförster im Oktober. Nun hat es wieder geknallt.
Mit eindringlichen Worten hatten die Revierförster des Sachsenwaldes vor wenigen Wochen gegen die Tempoerhöhung auf der B404 protestiert. Fahren Autos dort mit 100 statt wie früher mit 70 Stundenkilometern, würde dies nicht nur die Unfallwahrscheinlichkeit, sondern auch deren Intensität drastisch erhöhen. Doch trotz der Warnungen besteht dort nach wie vor ein Tempolimit von 100 Km/h. Jetzt wurden bei einem Unfall drei Menschen verletzt – wohl weil ein Wildschwein die Fahrbahn kreuzte.
Ein 51-Jähriger aus Hamburg fuhr am Mittwochabend (13. November) die Bundesstraße durch den Sachsenwald in Richtung Schwarzenbek. Zwischen A24-Anschlussstelle und dem Zubringer musste der Golf-Fahrer wegen des Wildwechsels plötzlich scharf bremsen. Ein 61-Jähriger, der mit seinem Dacia hinter dem Volkswagen fuhr, konnte nicht rechtzeitig bremsen und fuhr auf den Vordermann auf. Wie Polizeisprecher Timo Knorr mitteilt, wurden bei dem Unfall beide Fahrer sowie eine weitere Person in dem Golf leicht verletzt. Alle drei wurden von Rettungskräften an der Unfallstelle versorgt und später in Krankenhäuser gebracht.
Unfall B404: Trotz Warnungen – Wildunfall bei Schwarzenbek mit drei Verletzten
Wie schnell die beiden Fahrzeuge unterwegs waren, kann die Polizei zum jetzigem Zeitpunkt nicht sagen. Details müssten weitere Ermittlungen geben. Für die Rettungsarbeiten wurde die B404 für kurze Zeit halbseitig gesperrt. Neben der Schwarzenbeker Feuerwehr waren vier Rettungswagen und ein Notarzt im Einsatz.
Hintergrund der Tempoerhöhung auf der B404 ist eine Gefahrenanalyse vom Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV.SH), der Straßenmeisterei Grande, der Verkehrsabteilung der Polizeidirektion Ratzeburg, dem Polizeirevier Schwarzenbek sowie dem Amtsdirektor des Amtes Hohe Elbgeest.
Förster: Erhöhung sei völliger Wahnsinn
Über viereinhalb Jahre galt auf der Strecke Tempo 70, da im April 2020 das Rotwildgatter und der Saupark im Sachsenwald geöffnet wurden. Da sich die Tiere über Generation nicht frei bewegen konnten, ging man seinerzeit davon aus, dass sie sich erst an den Verkehr auf der Bundesstraße gewöhnen müssten. Da aber nach der Öffnung die Unfallzahlen gering blieben, wurde das Tempolimit am 10. Oktober wieder auf 100 erhöht.
Von „völligem Wahnsinn“ sprach Henrik Banaszak, Hegeringsleiter im bismarckschen Teil des Reviers. Mit höherer Geschwindigkeit steige das Unfallrisiko deutlich, meint er. „Wenn ich bei Tempo 80, 90 einen Hirsch von den Beinen hole und der mit dem Geweih durch die Windschutzscheibe fliegt, ist das eine Katastrophe.“ Ähnlich äußerte sich sein Kollege Jakob Knuff. Er sagt, dass die wenigen Unfälle bei Tempo 70 ein Argument dafür seien, die Begrenzung bestehen zu lassen. Da die Bäume im Sachsenwald sehr eng stehen und auch nah an die Fahrbahn ragen, sei es für Autofahrer kaum möglich, Wildtiere frühzeitig auszumachen.
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Dass die Erhöhung des Tempolimits jedoch seine Richtigkeit habe, sagte Kreissprecher Tobias Frohnert im Oktober auf Anfrage: Eine Geschwindigkeitsreduzierung könne nur dort angeordnet werden, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Insbesondere dürfen Beschränkungen des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in der Straßenverkehrsordnung genannten Rechtsgüter wie Sicherheit und Gesundheit erheblich übersteigt. Heißt übersetzt: LBV.SH, Polizei und Co. schätzen die Gefahr ganz anders ein, als es die Revierförster tun.