Aumühle/Friedrichsruh. Tierarztkosten schlagen heftig zu Buche, gleichzeitig können sich viele private Halter das Gnadenbrot ihrer Pferde nicht mehr leisten.
Mehr geht nicht: 36 Pferde im Alter von drei bis 34 Jahren leben auf dem Gnadenhof Friedrichsruh rund um das Schloss der Bismarcks. Für die Plätze gibt es eine lange Warteliste. Trotz des auf der Website veröffentlichten Aufnahmestopps rufen pro Woche drei bis fünf Pferdehalter an, die sich das Gnadenbrot für ihre Tiere nicht mehr leisten können und nach einem neuen Zuhause für ihre Lieblinge suchen.
„Allein, was diese Gespräche an Zeit verschlingen“, erzählt Martina Schooff, Gründerin des Gnadenhofs und des dazugehörigen Vereins „Endlich angekommen“. Sie hat viel Verständnis für die Anrufer. „Die sind alle verzweifelt, aber diese Zeit habe ich leider nicht und was die Pferde angeht, sind wir am Limit.“ Zu ihrem Bedauern können sie und ihre Mitstreiter nicht mehr Pferde unterbringen: „Das scheitert an unseren Flächen, an der Zahl unserer Ehrenamtlichen und auch an unseren Kosten. Da gibt es auch Bestimmungen vom Veterinäramt.“ Denn der Hof wird rein ehrenamtlich und vorwiegend durch Spenden betrieben. Ein gravierender Faktor, der die Kosten in die Höhe treibe, seien die gestiegenen Tierarztkosten. Die schlagen bei einem Gnadenhof mit überwiegend alten und kranken Pferden besonders zu Buche.
Tierschutz Aumühle: Pferdegnadenhof Friedrichsruh am Limit – Aufnahmestopp
„Sindbad hat gerade eine Sehnenscheidenentzündung, Lillemor brauchte vergangenes Jahr zwei Lungenspülungen“, zählt die Tierschützerin auf. „Allein diese haben uns 3500 Euro gekostet. Hinzu kommen die Zahnbehandlungen. Wir haben uns jetzt mit unserer Tierärztin darauf geeinigt, dass die Zähne unserer Schützlinge nur alle zwei Jahre behandelt werden.“ Die Tier- und Pferdezahnärztin kontrolliere die Zähne regelmäßig, behandelt bei Bedarf in kürzeren Abständen. „Eine Zahnbehandlung kostet 130 bis 140 Euro pro Pferd, das ist schon günstig“, sagt Martina Schooff. „Aber bei 36 Pferden summiert sich das, wir kommen von unserem Level nicht herunter.“
Zwischen der Tierärztin und der Tierschützerin besteht ein Vertrauensverhältnis, beide haben gemeinsam schon viele Pferde gerettet, aber auch auf die Regenbogenbrücke begleitet, wie die Pferdefreunde es nennen, wenn ein Tier stirbt. „Mit Andrea fing alles an“, erzählt Martina Schooff, die hauptberuflich in der Wohnungswirtschaft arbeitet und nebenberuflich ein kleines Unternehmen mit Crêpes-Ständen führt. „Sie hatte damals unsere kleine Hofgemeinschaft gefragt, ob wir nicht noch ein Pferd aufnehmen könnten, das seine Besitzer einschläfern lassen wollten.“ Das war 1991 oder 1992, so genau weiß Martina Schooff es selbst nicht mehr.
Das Ziel: 350 zahlende Vereinsmitglieder
Immer mehr Pferdesenioren kamen hinzu, aber auch Katzen, Hunde, Fuchs und Igel fühlen sich dort, direkt am Sachsenwald wohl. Über Jahrzehnte hatte Martina Schooff den Gnadenhof über ihren Crêpes-Verkauf finanziert und allein verantwortlich geführt. Dann kam Corona und die finanzielle Konstruktion brach zusammen. Freunde unterstützten sie dabei, einen Hilferuf zu starten, Sponsoren und Paten für die Tiere zu suchen. Mit Erfolg. Mittlerweile hat sie einige ehrenamtliche Helfer, viele Paten und alle haben gemeinsam einen Verein gegründet. Der hat das Ziel, der Tierschutzorganisation als finanzielle Basis zu dienen.
„Die Patenschaften haben uns schon sehr geholfen“, stellt die 56-Jährige fest. „Aber bei den Patenschaften ist es ein Kommen und Gehen. Ich habe das Gefühl, dass eine Vereinsmitgliedschaft, die zehn Euro pro Monat kostet, für viele Familien überschaubarer ist. Damit sind bei uns ansonsten keine Pflichten verbunden.“ Aktuell hat der Verein 103 Mitglieder, das Ziel sind 350.
1212 Gäste sind zum Tag der offenen Tür gekommen
„3500 Euro würden unsere monatlichen Kosten decken – allerdings ohne die Tierarztkosten: Futter, Hufschmied, Pacht, die Vereinshaftpflichtversicherung, Abfuhr des Mistes“, erläutert Martina Schooff. Die Tierarztkosten würden stark schwanken: „Mal haben wir Ruhe, dann passiert wieder alles auf einmal“, sagt die Pferdefreundin. Trotz der neuen Gebührenordnung springt sie für die Tiermediziner in die Bresche: „Wir dürfen nicht vergessen, dass die ewig nicht erhöht worden waren und die Tierärzte haben schließlich auch höhere Kosten“, stellt sie fest.
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Über mangelnden Zuspruch kann sich das Tierschutz-Projekt nicht beklagen: Beim Tag der offenen Tür vor zwei Wochen kamen 1212 Gäste, durch Kuchenverkauf, Tombola und Spenden kamen 4935 Euro zusammen. „Das war grandios“, schwärmt Martina Schooff. „Und alle haben uns unterstützt: Die Geschäftsleute haben Gewinne gespendet, viele haben Kuchen gebacken, Graf von Bismarck hat uns erlaubt, eine Einbahnstraße durch den Wald zu führen und die Jugendfeuerwehr hat die Autos zu den Parkplätzen und wieder zurück geleitet.“ Das Geld aber sei nur eine einmalige Einnahme.
Drei Tage „Pony-Camp“ für kleine Pferdefreunde
Gerade hat sie während der Ferien zum „Pony-Camp“ eingeladen. Pferdebegeisterte Jungen und Mädchen dürfen drei Tage auf dem Hof verbringen, werden verpflegt, lernen viel über die Vierbeiner und erleben viel Spaß. Gerade erläutert die 16-jährige Ella den Elfjährigen Sofia und Johanna, wie sie einem Pony korrekt die Hufe auskratzen. „Dieses v-förmige Polster in der Mitte ist der Strahl, der ist empfindlich“, sagt sie.
Johannas Mutter, Mandy Malcha, ist sehr angetan von dem Gnadenhof. „Das ist so ein tolles Projekt“, sagt die Aumühlerin. „Meine Tochter ist einmal in der Woche hier. Das Schöne ist, dass es um den Umgang mit dem Tier geht, wie geht es dem Pferd und was kann ich für das Tier tun. Nicht einfach hinfahren, aufsitzen, reiten und wieder weg.“ Sie seien auch gleich in den Verein eingetreten. Für das Pony-Camp vom 25. bis 27. August (jeweils von 10 bis 17 Uhr) gibt es noch freie Plätze. Es kostet 200 Euro pro Kind. Anmeldung unter Telefon 0172/4521495, Anmeldungen und Näheres über den Verein unter www.pferdegnadenhof.de/verein/.