Wentorf. Wentorferin Birte Hildebrandt (60) ist bei der Charity-Sternfahrt im Team Rynkeby Hamburg dabei. Wie sie sich dafür fit gemacht hat.

Sahnetorte kann Birte Hildebrandt zurzeit mit Genuss und ohne Reue essen. Denn die 60-Jährige braucht jetzt gerade jede Menge Kohlenhydrate – sozusagen für einen guten Zweck: um krebskranken Kindern zu helfen. Am Sonnabend, 29. Juni, um 9.30 Uhr startet sie mit ihrem Bianchi-Rennrad und weiteren 27 Rennradfahrerinnen und -fahrern bei der Rynkeby-Rallye vom Gerhart-Hauptmann-Platz zum Velodrom in Paris. Drei Service-Autos begleiten das Team auf der etwa 1200 Kilometer langen Route. Eines wird vom Wentorfer Rolf Braun gefahren, wie Hildebrandt Mitglied der ADFC-Ortsgruppe Wentorf/Börnsen.

Für diese größte europäische Rad-Charity-Sternfahrt hat die Schifffahrtskauffrau und Mutter dreier erwachsener Kinder intensiv und eisern trainiert, ist mit ihrem Team Rynkeby Hamburg zuletzt zweimal in der Woche bis zu 150 Kilometer geradelt. Am Sonnabend, 6. Juli, will ihr Team in Paris im Ziel ankommen. Jetzt sucht Birte Hildebrandt noch Spenderinnen und Spender, damit am Ende viele Spenden für die Deutsche Kinderkrebsstiftung zusammenkommen. Gestern Mittag lag das Spendenvolumen aller deutschen Rynkeby-Teams bereits bei knapp 103.000 Euro.

Für krebskranke Kinder: Mit dem Rad von Wentorf nach Paris

Dabei war die Wentorferin, die viele noch als ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde kennen (von 2004 bis 2022), bis vor der Corona-Pandemie noch eine ausgesprochene Schönwetter-Radlerin. Zur Arbeit in Hamburg ist die Schifffahrtskauffrau bis dato stets mit Bus und Bahn gefahren. Doch während der Corona-Zeit war ihrem Chef dies zu gefährlich. Er bat sie, doch mit dem Auto zur Arbeit zu kommen. Das kam für Birte Hildebrandt jedoch nicht infrage: „Never ever“, sagt sie noch heute verächtlich. „Das war für mich keine Option. Mit dem Auto in die Stadt zu fahren, ist mir viel zu stressig.“

Birte Hildebrandt
Viele kennen Birte Hildebrandt (60) noch als ehrenamtliche Gleichstellungsbeauftragte Wentorfs, außerdem engagiert sie sich im Vorstand der ADFC-Ortsgruppe Wentorf/Börnsen. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

So kam sie 2020 auf die Idee, es einmal mit dem Fahrrad zu versuchen. Ihr Arbeitgeber unterstützte die Wentorferin bei ihren Plänen, mit seiner Hilfe konnte sie ein Trekkingrad günstig leasen. Mittlerweile hat das Thema Radfahren sie längst gepackt: Als der Leasing-Vertrag vergangenes Jahr auslief, kaufte sie sich ein Gravel-Bike. „Das ist ein Rad mit der Geometrie eines Rennrades, nur mit breiteren Reifen“, erläutert sie. Mit einigen Umbauten wurde es das ideale Pendel-Rad für ihren Arbeitsweg.

Ein skandinavisches Rynkeby-Team hat sie inspiriert

Doch nur etwa zwei Monate später wurde sie in Kröppelshagen auf eine Gruppe von gut gelaunten, gelb gekleideten Radfahrern aufmerksam. „Die sprachen offenbar kein Deutsch und waren mir irgendwie sympathisch“, erinnert sich Birte Hildebrandt. Sie erzählte ihrer Tochter von der Begegnung, die am Reinbeker Täbyplatz eine ebensolche Truppe getroffen hatte. Und sie hatte dort den Begriff „Rynkeby“ aufgeschnappt. Hildebrandt googelte den Namen und erfuhr so vom Wohltätigkeitsprojekt Rynkeby in Form einer Fahrradsternfahrt nach Paris. Der Name stammt von einem dänischen Safthersteller, dem ersten Sponsor der Initiative, die einer der Mitarbeiter 2001 gegründet hatte.

„Diese Kombination aus Sport und Charity hat mir gefallen“, erzählt Birte Hildebrandt. „Und ich habe mich gleich angemeldet. Dort stand, dass ich keine Rennrad-Erfahrung brauche.“ Mit der Anmeldung verpflichtete sie sich aber gleichzeitig, sich ein Rynkeby-Rennrad samt Ausrüstung zuzulegen und bis zum Start 2500 Kilometer damit zurückgelegt zu haben.

Zeit, Geld und Schweiß in die Sternfahrt investiert

Birte Hildebrandt konnte ein gebrauchtes Rad aus dem Vorjahr für 1200 Euro erstehen. Das gelbe Rynkeby-Rad ist ein Modell der Marke Bianchi. Hinzu kamen der gelbe Helm, die Shorts, das Trikot, aber auch die Hotelkosten und die Organisation. Die Route führt über Münster, Krefeld, Sindelfingen, Belgien, Frankreich bis in die Nähe von Paris. Etwa 3200 Euro habe sie investiert. „Das Rad bleibt natürlich meins, ich kann es weiterfahren oder auch verkaufen“, sagt die 60-Jährige.

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„Das habe ich mir zum 60. Geburtstag geschenkt“, sagt sie mit einem strahlendem Lächeln. Tatsächlich habe sie privat schon über ein internes Sponsoring nachgedacht: „Es wäre doch schön, wenn Menschen im Ruhestand, denen ein solches Projekt körperlich zu anstrengend ist, vielleicht Jüngere oder Studierende sponsern könnten“, erzählt die Wentorferin.

Spenden sind auf der Seite der Kinderkrebshilfe willkommen

Die erste Aufgabe, Sponsoren zu finden, konnte sie schnell abhaken: „Mein Arbeitgeber, die ControlUnion Germany GmbH, hat sofort zugesagt“, berichtet sie. Team Rynkeby ist heute Europas größte Radsport-Initiative für den guten Zweck. Seit 2002 fahren engagierte Hobby-Radfahrer, unterstützt von vielen Helfenden und Sponsoren, nach Paris. Die Deutschen Teams unterstützen die Deutsche Kinderkrebshilfe

Neben der sportlichen Begeisterung ist dies ein Herzensanliegen der Teilnehmenden: schwerkranken Kindern zu helfen. Im Sommer 2023 haben 2491 Teilnehmer aus 60 regionalen Teams und neun europäischen Ländern mit der Unterstützung von 4500 Sponsoren Paris erreicht. Dabei wurden 9,1 Millionen Euro an Spenden gesammelt. Auch Birte Hildebrandt bittet auf der Seite der Kinderkrebshilfe unter dem Link www.kinderkrebsstiftung.de/team-rynkeby/ um Spenden unter ihrem Namen.

Mit dem Rad genauso schnell wie mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Birte Hildebrandt hat vor allem viel Zeit in das Training investiert. Nach der Winterpause im März habe das Training an Fahrt aufgenommen. „Jeden Sonntag, seit der Zeitumstellung im April auch dienstagabends, haben wir uns zu einer gemeinsamen Runde getroffen“, erzählt die Wentorferin. „Begonnen haben wir mit 40 Kilometer langen Strecken, jetzt sind wir bei 150 Kilometer langen Etappen angekommen.“

Durch ihren Arbeitsweg war das geforderte Trainingspensum für sie kein Problem. Den Weg zur Arbeit in der Innenstadt schafft sie mittlerweile in einer guten Stunde, zurück nach Hause braucht sie eine Viertelstunde länger – ebenso schnell wie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Etappen auf der Fahrt nach Paris sind übrigens 80 bis 190 Kilometer lang, also schon etwas länger als die Trainingsetappen – was bei Birte Hildebrandt schon etwas für Lampenfieber gesorgt hat. Abends wird sie vermutlich müde ins Bett fallen und sich vielleicht vorher noch das eine oder andere Stück Sahnetorte gönnen.