Lauenburg. Sehnsucht nach eigenem Garten wird durch Corona-Lockdown verstärkt, vor allem auch bei Jüngeren. 136 Parzellen an an Berliner Straße verpachtet.

Kleingärtner sind die glücklicheren Menschen. Das ist zusammengefasst das Ergebnis einer aktuellen Studie der Hochschule Geisenheim. Untersucht wurde, welche Bedeutung Gärten und Grünanlagen während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 hatten. Knapp 500 Personen aus allen Bevölkerungsgruppen wurden befragt.

Angelika Horstmann braucht keine Studie, um ganz dieser Meinung zu sein. Die Vorsitzende des Lauenburger Kleingärtnervereins konnte sich im vergangenen Jahr vor Anfragen kaum retten. „Ich bin Parzellen losgeworden, die jahrelang leer standen“, erzählt die ­62-Jährige. Ihr ist deshalb nicht bange, dass sie in diesem Jahr den einzigen freien Garten des Vereins wieder an den Mann oder die Frau bringen wird, der zum Jahresende umzugsbedingt abgegeben wurde. 

Dank Corona: Lauenburgs Kleingärtnerverein erlebt Boom

Buddeln, ernten, entspannen – und das im eigenen Garten: Was noch vor wenigen Jahren als spießig galt, finden auch viele junge Leute heute cool. Und welche Möhre hat das Siegel Bio mehr verdient als die, die man selbst gezogen hat?

Auf die Idee, sich einen einen Flecken Grün zu mieten, sind viele Lauenburger offenbar mit dem ersten Lockdown im Frühjahr gekommen. Denn die Wohnung wird auf Dauer ganz schön eng, wenn Kindergärten und Schulen, aber auch Spielplätze, Eiscafés und Restaurants geschlossen bleiben. Auf einmal konnte man fast nichts mehr unternehmen. Während der täglichen Spaziergänge fiel der Blick auch über Gartenzäune, hinter denen Schreber in ihrer Parzelle arbeiteten und die ersten Sonnenstrahlen genossen.

Statt auf große Reisen geht es in der Corona-Krise in den eigenen Kleingarten

Angelika Horstmann (62), seit 2017 Vorsitzende des Lauenburger Kleingärtnervereins, sagt: „Wir halten uns ans Kleingartengesetz, sind dabei aber nicht päpstlicher als der Papst.“
Angelika Horstmann (62), seit 2017 Vorsitzende des Lauenburger Kleingärtnervereins, sagt: „Wir halten uns ans Kleingartengesetz, sind dabei aber nicht päpstlicher als der Papst.“ © Unbekannt | Elke Richel

So oder so ähnlich hat es Angelika Horstmann immer wieder gehört, wenn sich an manchen Tagen ihr Telefon heiß klingelte. „Manche Familien hatten jahrelang auf den Urlaub gespart. Als das nicht möglich war, haben sie das Geld in einen Kleingarten investiert“, weiß die Vorsitzende.

Mit einem Vorurteil will die Vereinschefin dabei aufräumen: Junge Leute seien keineswegs nur daran interessiert, große Rasenflächen anzulegen und sich die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen. „Ich war überrascht, wie schön schon nach kurzer Zeit die neu verpachteten Parzellen aussahen. Frisch angelegte Blumenrabatten, aber auch Gemüsebeete und Beerensträucher gab es da plötzlich“, freut sie sich. Deshalb ist sie sich auch sicher, dass der Trend zum Kleingarten auch nach Corona anhalten wird.

Für echte Schreber ist auch im Februar Gartenzeit

Übrigens sei es keineswegs so, dass es im Februar im Garten nichts zu tun gäbe. „Am Wochenende trifft man immer Leute auf ihren Parzellen. Langsam geht es dem Winterdreck an den Kragen. Manche ziehen die ersten Pflänzchen vor oder schauen, ob die Schneeglöckchen schon zu sehen sind. Wenn die Sonne etwas höher steht, werden Stiefmütterchen gepflanzt. Das ist das Zeichen, dass es bald losgeht“, weiß die erfahrene Hobbygärtnerin. 

Seit 2017 ist Angelika Horstmann Vorsitzende des Lauenburger Kleingärtnervereins. Die Vorfälle, die vor neun Jahren für Schlagzeilen sorgten, kennt sie nur vom Hörensagen. Zwei Einbrüche ins später abgebrannte Vereinsheim und eine plump gefälschte Überweisung vom Vereinskonto auf das Konto der damaligen Kassenwartin sorgten 2012 für Negativschlagzeilen und Zwietracht unter den Kleingärtnern. Aufgeklärt wurden die Vorfälle nie, das Grummeln blieb: Gleich zwei Vorstände hatten ihre Ämter vorzeitig niedergelegt.

Zoff und Zwietracht im Verein sind „Schnee von gestern“

„Das ist Schnee von gestern“, winkt die Vereinschefin ab. Das neue Vereinsheim am Birnenweg ist heute der ganze Stolz der Sparte. Immer nur eitel Sonnenschein herrscht trotzdem nicht. „Klar, gibt es ab und an kleine Konflikte. Aber bisher haben wir alles in Ruhe klären können“, versichert sie. Meist seien dies unterschiedliche Auffassungen zur Gartengestaltung: Was der eine als Unkraut bezeichnet, ist für den ­anderen ein Naturparadies. „Wir halten uns ans Kleingartengesetz, sind dabei aber nicht päpstlicher als der Papst“, sagt die Vorsitzende diplomatisch.

Eine Sache ärgert Angelika Horstmann aber: „Manche Lauenburger meinen, dass der Platz an unserem Gerätehaus zur Sperrmüllablage dient. Fast nach jedem Wochenende fahren wir mehrere Fahrzeugladungen ab“, berichtet sie und ist sich sicher, dass der Dreck nicht von den Schrebern stammt. Unter ihnen werde der Gemeinschaftssinn groß geschrieben. Wenn mit Saisonstart Verschönerungsarbeiten anstehen, schließe sich kaum jemand aus: „Die Aktionen planen wir natürlich nach den geltenden Abstands- und Hygieneregeln.“

Eine einzige freie Parzelle nach Umzug noch zu haben

136 Parzellen hat die Kleingartenanlage an der Berliner Straße. Auch wenn es so gut wie keine freien Parzellen gibt, will Angelika Horstmann niemanden entmutigen, sich als Pächter zu bewerben. „Es gibt immer mal jemanden, der seinen Garten aus persönlichen Gründen abgeben muss“, sagt sie. Telefonisch ist sie für Interessierte unter der Nummer 0177/711 96 52 zu erreichen.