Geesthacht. Geesthachts Bürgermeister im großen Interview über Verkehr, Kitas und Wohnen. Wie er die Entwicklung der Stadt sieht.
Für Olaf Schulze ist es die zweite Amtszeit als Geesthachter Bürgermeister. 2022 stehen in der Stadt einige wegweisende Projekte an. Wir haben einmal nachgefragt – das Thema Corona einmal bewusst ausgeklammert.
Herr Schulze, Dinge, die man in seinem Leben irgendwann noch machen möchte, stehen auf einer „Bucket List“, wie es neudeutsch heißt. An welchen Punkt auf Ihrer privaten Liste können Sie 2022 einen Haken machen?
Olaf Schulze (überlegt) Ich möchte einmal die Hurtigruten an der norwegischen Küste fahren. Kreuzfahrten sind ökologisch zwar nicht sinnvoll, aber das Postschiff fährt ja eh. Ob ich das aber schon 2022 schaffe, weiß ich noch nicht.
Sie sind im August wiedergewählt worden. Was steht für Ihre zweite Amtszeit auf der „Bucket List“?
Ich möchte den Wasserstoffhafen am Schleusenkanal in Geestacht voranbringen. Es geht darum, die lokale Wirtschaft CO2-neutral aufzustellen. Und es geht um die Frage, wie sich die Stadt bis 2035 entwickeln soll. Dafür brauchen wir einen neuen Flächennutzungsplan, mit dem wir 2022 anfangen wollen. Wir müssen die Themen Mobilität und Bildung, Stichwort Kitaplätze, angehen.
Auch interessant
Auch interessant
Die Warteliste ist lang. Was sagen Sie Eltern, die händeringend auf einen Kitaplatz warten?
Sie brauchen leider ein bisschen Geduld. Wir arbeiten daran, schnellstmöglich neue Plätze zu schaffen. 2022 beginnen wir durch Neubauten oder Erweiterungen mit der Schaffung von 250 Plätzen. Im Neubaugebiet Finkenweg Nord laufen Gespräche, ob wir die Plätze auf 150 Plätze verdoppeln können. Wir lassen Übergangslösungen wie die Container in Edmundsthal länger stehen, bei der St. Petri-Kirche gibt es auch solche Überlegungen. Für 2022 ist auch ein Interessenbekundungsverfahren geplant, bei dem die restlichen fehlenden Plätze an potenziell interessierte Träger vergeben werden. Wir können nicht allein entscheiden, wie viele Kita-Plätze geschaffen werden, sondern müssen das mit dem Kreis abstimmen.
2026 kommt der Rechtsanspruch für die Grundschulbetreuung. Da wartet die nächste Baustelle.
Das stimmt. Wir werden auch hier mehr Räumlichkeiten schaffen müssen. An der Silberberg- und der Buntenskampschule haben wir schon Container. Generell geht es darum, wie wir die Schullandschaft zukunftsfähig machen können. 2021 haben wir erstmals mit den Eltern, den Schulleitungen der Politik, dem Ganztag zusammengesessen. Es geht um das pädagogische Konzept und die Frage, wie wir unsere Vereine in der Nachmittagsbetreuung einbinden können. Wir brauchen hier eine Verzahnung. Und: Für diese Planung sollten wir uns Zeit nehmen.
Apropos Zeit. Im neuen Nahverkehrsplan des Landes ist die Reaktivierung des Bahnanschlusses nach Bergedorf nicht als vorrangiger Bedarf vermerkt, also erneut in weite Ferne gerückt. Sie sprachen davon, dass man in der Sache am Ball bleiben und dicke Bretter bohren müsse. Nerven Sie die Landespolitiker nicht genug?
Der Bürgermeister macht genug Druck. Aber es müssen alle Parteien der Ratsversammlung entsprechend Druck auf die Fraktionen in Kiel ausüben. Ich hoffe, dass wir nach der Landtagswahl am 8. Mai neuen Druck reinbekommen.
Ist das Thema die Anstrengungen wert? Seit Jahrzehnten tut sich nicht viel. Wäre es nicht sinnvoller und schneller zu realisieren, den Busverkehr attraktiver zu gestalten?
Dass wir nicht viel bewegt haben, sehe ich anders. Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP, die Red.) hat 2017 auf der WVG-Messe gesagt, dass die Geesthachter Bahn keinen Sinn mache. Jetzt ist er so weit, dass er diese Aussage überdenkt. Außerdem ist inzwischen eine Machbarkeitsstudie entstanden, die Reaktivierungsvarianten aufzeigt, die wirtschaftlich wären. Und es hat ein Umdenken der Bergedorfer Politik gegeben, die sich jetzt ebenso für eine Bahnverbindung Geesthachts und Hamburgs ausspricht. Die Reaktivierung der Trasse müsste ja von beiden Partnern – Geesthacht und Bergedorf – befürwortet werden.
Bleiben wir beim Thema Verkehr. Bei der grünen Welle für den Durchgangsverkehr gibt es wie berichtet Probleme, auch an der Post-Kreuzung staut sich der Verkehr oft bis in die Mühlenstraße zurück. Im Rathaus wird 2022 die Stelle für einen Mobilitätsmanager geschaffen. Welche Aufgaben muss er zuerst angehen?
Das Thema muss ganzheitlich betrachtet werden. Neben Autos gehören auch Radfahrer und Fußgänger dazu. Die Frage ist, wie wir die Verkehrsführung verbessern können, ohne zu viele Staus zu haben.
Es gab einen Generalverkehrsplan für Geesthacht. Sie sollten sich erinnern können, Sie waren von 1994 bis 2001 Mitglied der Ratsversammlung. Die Kreuzung an der Stein- und Wärderstraße wurde seinerzeit so gebaut, dass man bei McDonald’s geradeaus über die Dünenstraße bis zur Post geführt werden sollte. Warum hält sich niemand an diese Pläne?
Ob es Sinn macht, die Sandstraße zu öffnen, werden wir jetzt untersuchen – dafür haben wir Geld im Haushalt. Eine Öffnung könnte Auswirkungen auf die Verkehrsströme haben, etwa auf die Bahnstraße und die Kreuzung an der Post. Als ich noch Ratsherr war, gab es damals Überlegungen, die Grenzstraße zu öffnen. Es gab aber Probleme wegen der Bahnquerung. Das ist dann zu den Akten gelegt worden. Der Verkehrsentwicklungsplan ist in den 2010ern entstanden. Dort enthalten waren die Ampel am Freibad oder die Kreisverkehre an Lauenburger Straße und Trift. Das haben wir umgesetzt oder setzen wir 2022 um.
Wo Sie den Trift-Kreisel ansprechen. Der sollte 2021 umgesetzt werden, wurde dann von den Fraktionen gebremst. Sie haben für die Verwaltung Fehler eingeräumt, weil Sie über Ihre Pläne nicht rechtzeitig informiert haben. Was ist in Ihrer Rückschau auf 2021 gut und was ist nicht gut gelaufen?
Nicht gut ist in der Tat, dass wir den Trift-Kreisel nicht umsetzen konnten. Das Gute ist aber, dass wir die Mittel für 2022 zusammenhaben. Coronabedingt konnten wir unseren geplanten Schulgipfel anstatt im Januar erst im Herbst durchführen. Gut gelaufen ist die Entwicklung in der Hafencity. Die Promenade ist bald durchgängig von Pier 3 bis zum Elbstieg fertig. 2022 beginnen auch die Vorwerker mit dem Bau des Seniorenzentrums.
Wie geht es denn auf dem Grundstück des Katzbergheims weiter?
Der Umzug wird nicht vor 2024 passieren. Aber 2022 wollen wir mit der Politik zusammen gucken, was wir dort etablieren wollen. Der Bürgermeister kann sich viel vorstellen. Es könnten eine Kita, etwas zur Förderung des Tourismus und natürlich Wohnungen entstehen.
Letzte Frage: Die Stadt wächst und wächst, hat in ein paar Jahren circa 35.000 Einwohner. Wie wollen Sie verhindern, dass Geesthacht zur Schlafstadt verkommt?
Geesthacht ist ein Mittelzentrum. Wir dürfen nicht vergessen, dass 8000 Menschen täglich zu uns pendeln. Wir sind also weit entfernt davon, eine Schlafstadt zu sein. Aber: Wir müssen weiter Arbeitsplätze schaffen und müssen weiter am Kulturaufbruch arbeiten, der ja bereits begonnen hat. Wir müssen das Angebot erweitern, die Fußgängerzone attraktiv halten und die Identifikation mit der Stadt fördern.