Geesthacht. Bestehende Leitung reicht für die Anforderungen eines modernen Stromnetzes nicht aus. Was das in der Folge bedeutet.
Wer vom Ufer bei Krümmel aus so in etwa zehn Jahren die Kabel von zwei Stromtrassen über der Elbe hängen sieht, hat nichts mit den Augen. Die Stromleitung verläuft von Krümmel zum 140 Kilometer entfernten Umspannwerk in Wahle zwischen Braunschweig und Peine, nun soll eine zweite hinzukommen. Die Freileitung ist ein wesentlicher Transportkanal in Nord-Süd-Richtung. „Die bestehende Leitung reicht für die Anforderungen eines modernen Stromnetzes und der Energiewende nicht mehr aus, sie ist bereits jetzt ohne AKW in ihren Kapazitäten äußerst ausgelastet“, teilt der Übertragungsnetzbetreiber, das Unternehmen Tennet, mit.
Energiewende-Projekt Krümmel-Wahle wurde im Netzentwicklungsplan bestätigt
Das Energiewende-Projekt Krümmel-Wahle wurde im Netzentwicklungsplan der Bundesagentur als P113 und im Bundesbedarfsplan als Vorhaben Nr. 58 bestätigt. Tennet hat somit einen gesetzlichen Auftrag. Es soll parallel zur bestehenden Freileitung eine weitere, leistungsfähigere gebaut werden. Auch dazugehörige Umspannwerke werden verstärkt oder neu gebaut.
Treiber der Entwicklung sind die Klimaschutzziele. „Mit der dezentralen Energiegewinnung durch Erneuerbare Energien ergeben sich auch Veränderungen an die Anforderungen des Stromnetzes. In der Vergangenheit fand die Energieversorgung nah an den verbrauchstarken Standorten statt. Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energie wird die Distanz zwischen Erzeugung und Verbrauch des Stroms größer. Damit muss der Strom über weitere Strecken transportiert werden“, erklärt Tennet-Sprecher Peter Helms.
„Neben dieser Veränderung steigt der Strombedarf, was den Bedarf für größere Transportkapazitäten erhöht. Dies kann dazu führen, dass neben der Neubau-Leitung die Bestandsleitung realistischerweise weiter genutzt werden muss.“
Alte Freileitung bleibt möglicherweise dauerhaft in Betrieb
Deshalb bleibt die alte Freileitung zunächst ebenfalls in Betrieb – und vielleicht sogar dauerhaft wegen des steigenden Energietransportbedarfs. Die Entscheidung hierüber wird die Bundesnetzagentur wohl noch in diesem Jahr treffen.
Das Tennet-Projektteam startet für die 380-Kilovolt-Netzverstärkung bereits mit Voruntersuchungen zu Umweltbelangen und Raumwiderständen, ebenso mit Kartierungsarbeiten entlang der gesamten Bestandsleitung samt Umgebung. Im nördlichen Abschnitt ist geplant, das Planfeststellungsverfahren im Jahr 2025 einzuleiten. Der Bau könnte 2028 beginnen, die Gesamtinbetriebnahme der neuen Leitung ist für 2031 geplant.
Die Auftragsvergabe an eine externe Baufirma wird zum Ende des Planfeststellungsverfahrens erfolgen. Die durchschnittliche Masthöhe der Stahlkonstruktionen beträgt rund 55 Meter. Zum Vergleich: Die höchsten Maste im Tennet-Netz und in Europa finden sich bei der Querung der Elbe bei Hollern-Twielenfleth in der Nähe von Stade und erreichen eine Höhe von 227 Meter.
Ab Mitte des Jahres sind Infoveranstaltungen geplant
Zum Planungsauftakt benötigt Tennet zunächst eine Datengrundlage. Sobald aussagefähige Planungsgrundlagen zur Verfügung stehen, will das Unternehmen diese mit den Menschen in der Region diskutieren. Dazu sind Gespräche mit den Verantwortlichen sowie Bürgerinformationsveranstaltungen ab Mitte 2022 geplant.
„Bei unseren Dialogangeboten gehen wir verschiedene Wege. Soweit es die pandemische Lage zulässt, führen wir Infomärkte durch. Hier laden wir dazu ein, sich vor Ort mit uns über die möglichen Planungen auszutauschen. Hinweise aus der Region nehmen wir da gerne entgegen. Keiner kennt die Region so gut, wie die Menschen, die hier leben. Deren Input kann erfahrungsgemäß sehr wertvoll sein“, erläutert Peter Helms. Außerdem soll es digitale Angebote geben, zudem Angebote wie einen runden Tisch.