Geesthacht/Lübeck. Geesthacht. Der Bund macht mit dem Ausbau des Netzes ernst. Erstmals taucht jetzt die Verbindung nach Krümmel im Netzentwicklungsplan auf.
Seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima (2011) wird in Deutschland die Energiewende vorangetrieben. Dabei spielt Schleswig-Holstein eine gesonderte Rolle. Mehr als 50 Prozent der erneuerbaren Energie kommt mittlerweile aus dem nördlichsten Bundesland. Nur wie kommt der hier erzeugte Strom nach Süd- und Westdeutschland, wo die Industrie die Energie benötigt? Dafür müssen neue Höchstpannungsleitungen von 380 Kilovolt (kv) gebaut werden.
„Das ist ein nagelneues Vorhaben“
Der Netzentwicklungsplan (NEP) der Bundesnetzagentur (BNetzA) und der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, EnBW und TenneT (ÜNB) zeigt den grundsätzlichen Ausbaubedarf des Stromnetzes an. Im neusten Entwurf des NEP für 2030 taucht erstmals die Trasse Lübeck-Krümmel auf. „Das ist ein nagelneues Vorhaben“, sagt John Karl Herrmann vom Netzbetreiber Tennet auf Nachfrage. Am Standort Lübeck herrsche eine hohe Netzbelastung. Dort würde viel Windenergie ins Netz eingespeist. „Deutschland hat ein hohes Sicherheitsniveau bei den Stromleitungen. Es muss immer sichergestellt sein, dass trotz eines Ausfalls die Stromversorgung sichergestellt ist“, erklärt Herrmann. Diese Sicherheit wäre ohne Ausbau auf lange Sicht für Lübeck nicht mehr gewährleistet. Zwar wird ein Großteil der Energie über die sogenannte Ostküstentrasse (Lübeck – Kreis Segeberg) transportiert, aber neuste Erhebungen ergeben, dass diese Trasse nicht ausreichen wird. „Deshalb brauchen wir die Trasse nach Krümmel“, sagt Herrmann.
Konkreter Trassenverlauf noch unklar
In dem NEP werden verschiedene Szenarien durchgespielt. „Dabei wird überlegt, wie viel Windenergie ins Netz im Jahr 2030 eingeschleust werden könnte, wie die aktuellen Leitungen aussehen und wie hoch der Verbrauch ist“, erklärt Herrmann das Zustandekommen des NEP. Aktuell gibt es keine Planung, wo die 80-Kilometer lange Trasse verlaufen soll. „Wir wissen bisher nur, dass die Leitung von Lübeck nach Krümmel führen soll, aber durch welche Orte sie laufen wird, kann man jetzt noch nicht sagen“, sagt Herrmann.
Sobald das Projekt konkreter wird, wird der Netzbetreiber die Bürger informieren. „Ein enges Einbinden der Bevölkerung ist wichtig“, so Herrmann. Der Kreis Herzogtum Lauenburg war bisher der einzige im Land, in dem keine neuen Stromtrassen geplant waren.
Bürger können sich bis Ende Februar beteiligen
Bis Ende Februar können Bürger eine Stellungnahme zum NEP per E-Mail (konsultation@netzentwicklungsplan.de), per Post (Netzentwicklungsplan Strom, Postfach 10 05 72, 10565 Berlin) oder auf der Homepage www.netzentwicklungsplan.de) abgeben. Danach überarbeiten die ÜNB die eingegangenen Stellungnahmen und übergeben diese dann an die BNetzA, die alles überprüft. Mit der Bestätigung des NEP rechnet Tennet bis Ende des Jahres. 2030 soll die neue Leitung stehen. „Wir rechnen mit einem Beginn des Projektes nicht vor den 2020ern“, sagt Herrmann. Von Krümmel soll der Strom dann weiter nach Hamburg transportiert werden.
So läuft die Trassenfindung
In vier Punkten wird überlegt, wo eine neue Stromtrasse entlang führen könnte. Im ersten Schritt werden sogenannte Grobkorridore mit einer Breite von 15 Kilometern festgelegt. Darin werden dann detaillierte Vorschläge für die Trasse erarbeitet. Bürger können Ideen einreichen. Als Grundlage für weitere Planungen dienen dann sogenannte Raumwiderstandsanalysen. Hierbei werden berücksichtigt: Mensch und Gesundheit (bestehender und geplanter Wohnungsbau und Erholungsgebiete), Pflanzen und Tiere (Erhaltung von Biotopen und Schutz von gefährdeten Tierarten), Landschaft (Schutz von Waldflächen) sowie Kultur- und Sachgüter (Schutz von Baudenkmälern, archäologischen Fundstätten).